Ew. Exzellenz beehre ich mich, bezugnehmend auf die gestrige Unterredung, den folgenden Antrag des Vorstandes der Deutschen Orient-Mission zu überreichen:
Der Vorstand der Deutschen Orient-Mission bittet Ew. Exzellenz, von der Hohen Pforte die Erlaubnis erwirken zu wollen, daß Dr. Andreas Vischer mit Frau die Reiseerlaubnis erhält, um auf seinen Posten in Urfa zurückkehren zu können.
Dr. Vischer ist seit 12 Jahren Chefarzt unseres Hospitals in Urfa. Das mit einer Poliklinik verbundene deutsche Hospital in Urfa hat seit 20 Jahren Zehntausenden Leidender, - Muhammedaner und Christen - , wie jederzeit von der Türkischen Regierung anerkannt wurde, die größten Dienste geleistet und alle Armen ohne Unterschied der Religion, Konfession oder Rasse unentgeltlich gepflegt, auch durchreisenden Deutschen oft in ernsten Fällen Hilfe bringen können. Besonders auch sind Beamte und Angestellte der Bagdadbahn, die auf das Hospital in Urfa für das Gebiet zwischen Euphrat und Tigris angewiesen waren, in unserem Hospital verpflegt worden.
Während des Krieges war Dr. Vischer durch seine Dienstpflicht in der Schweiz (er ist Baseler) gebunden, ist aber jetzt frei, zurückzukehren. Er wurde in Urfa durch seinen armenischen Assistenzarzt und den hervorragend tüchtigen seit zwei Jahrzehnten an der Klinik tätigen Diakon Jacob Künzler, der die Landessprachen beherrscht und große ärztliche Erfahrung hat, vertreten. Während des Krieges war die Stadt mit einer Einwohnerzahl von 50 bis 60000 auf unser Hospital und unsere Klinik angewiesen, da außerdem nur noch ein eingeborner Stadtarzt vorhanden war. Die gesamte Bevölkerung war für unsere Arbeit überaus dankbar. Während der Flecktyphus-Epidemie, unter der auch mehrere Mitglieder unserer kleinen deutschen Kolonie zu leiden hatten, mußte Diakon Künzler täglich 70 Besuche in der Stadt machen. Außer unseren regelmäßigen Patienten waren 25 Betten in unserem Hospital der Türkischen Regierung zur Verfügung gestellt.
Mitte Mai erhielten wir die telegraphische Nachricht, daß unser Hospital geschlossen und die Apotheke versiegelt sei.
Aus brieflichen Nachrichten ergab sich, daß der Mutessariff durch den Konkurrenzneid des jüdischen Stadtarztes, unter dem Vorwande, daß Diakon Künzler kein diplomierter Arzt sei, Schließung und Versiegelung angeordnet hatte. Unser diplomierter Assistenzarzt, ein von uns erzogener junger Armenier (Waisenkind), der auf unsere Kosten sein ärztliches Studium vollendet hatte und schon seit mehreren Jahren in Urfa an unserem Hospital arbeitete, war im Herbst vorigen Jahres, nach dem großen Massaker, dem fast die ganze armenische Bevölkerung der Stadt, Männer, Frauen und Kinder, zum Opfer fiel, verhaftet und veranlaßt worden, den Islam anzunehmen, um sein Leben zu retten. Seitdem ist seine Arbeitskraft, obwohl er von uns seinen Gehalt bezieht, dem Hospital entzogen.
Sowohl der Bevölkerung wegen, als auch unserer Deutschen Kolonie wegen ist es unbedingt nötig, daß Hospital und Apotheke wieder eröffnet werden. Wir beantragen daher, daß Dr. Vischer die Erlaubnis zur Rückkehr auf seinen Posten nach Urfa erhält, und daß die Lokalbehörden veranlaßt werden, Hospital, Klinik und Apotheke wieder zu eröffnen.
Abschrift lasse ich der Kaiserlichen Botschaft zur gefälligen Kenntnis mit dem Ersuchen ergebenst zugehen, soweit erforderlich, den Tatbestand festzustellen und sich in geeignet scheinender Weise im Sinne des gestellten Antrags verwenden zu wollen.
Einem Bericht über das Ergebnis der zu untersuchenden Schritte werde ich ergebenst entgegensehen.
depuis plusieurs années l’association Allemande „Deutsche Orient-Mission“ entretient à Urfa un hôpital qui a rendu de grands services à toute la population, sans distinction de confession et de nationalité et surtout au personnel du Chemin de fer de Bagdad l’attendu qu’il n’existe pas d’autre hôpital dans ces parages.
Le docteur Vischer, qui dirigeait cette institution, ayant quitté Urfa au commencement de la guerre, et son remplaçant ayant été suspendu de ses fonctions à la suite des événements qui ont eu lieu à Urfa au mois de Septembre écoulé, l’hôpital avec la pharmacie y attachée a été fermé dernièrement.
Dans ces conditions et sur les instances de la Deutsche Orient-Mission, le docteur Vischer s’est décidé à retourner à son poste, pour pouvoir procéder à la réouverture de l’hôpital. Ce Monsieur, de nationalité suisse et sous protection allemande, est en possession d’un diplôme de la faculté de médecine Ottomane et, par conséquence, autorisé à exercer la médecine en Turquie; il se trouve actuellement à Bâle (Suisse) et sera accompagné de sa femme.
L’Ambassade d’Allemagne a l’honneur de prier le Ministère Il. des Affaires Étrangères de vouloir bien communiquer la présente au département compétent afin que la permission nécessaire soit accordée à M. le docteur Vischer et à son épouse pour se rendre à Urfa.
Thérapia le 26 juillet 1916.
(Stempel)
II M. 1500/123208
Inhalt: Reise des Dr. Vischer aus Basel nach Urfa
Das Gesuch der Deutschen Orient Mission ist , mit Aide Mémoire vom 26. d.Mts begleitet, bei der Hohen Pforte anhängig gemacht worden. Erfahrungsgemäß dürfte die Entscheidung darauf erst nach einiger Zeit erfolgen; über das Ergebnis behalte ich mir telegraphische Berichterstattung vor.
10.8. Nazim Bey beauftragt
am 31/8 von GR. Müller exzitiert. Mitteilung cod. an GR.M.
zuletzt ist am 14/27.8. schriftlich in Urfa angefragt.
[Botschaft an Konsulat Aleppo 15.9. (Nr. 134)]
Falls Dr. Vischers Namen im Zusammenhang mit der armenischen Bewegung in der Öffentlichkeit genannt worden sei, wäre Rückkehr nicht ratsam.
Im Tel. No. 173 ist von Dr. Vischer die Rede.
[Botschaft an Auswärtiges Amt 19.10 (Nr. 1097)]
Die Pforte hat die osmanische Gesandtschaft in Bern angewiesen den Reisepaß des Dr. Vischer zu visieren.