Mit Beziehung auf den Erlaß vom 23. Dezember v.J. III a 22223 [Dok. 1915-11-22-DE-005].
Nebst einer Anlage in Abschrift der Kaiserlichen Botschaft in Konstantinopel zur Kenntnis und mit der Bitte, die Angelegenheit zu prüfen und gegebenenfalls das Vorgehen der türkischen Liquidationskommission in Caesarea an geeigneter Stelle zu Sprache zu bringen.
Es geht aus diesem Brief hervor, dass durch das Vorgehen der Türken weiterhin unsere Interessen auf das allerschwerste geschädigt werden.
Wir bitten das Auswärtige Amt ganz ergebenst, jetzt bereits die zur Wahrung unserer Interessen erforderlichen Schritte bei der türkischen Regierung vornehmen zu wollen und behalten uns die ziffernmäßige Geltendmachung unseres Schadens für einen späteren Zeitpunkt vor.
[Unterschriften]
Unter höfl. Bezugnahme auf unsere wiederholten Unterhaltungen in Angelegenheit der Realisierung der Vermögensbestände armenischer Geschäftsleute durch die türkischen Behörden gestattet ich mir, nachstehend einen besonders prägnanten Fall zu Ihrer Kenntnis zu bringen.
Die Firma Th. Mendikian Fils, die unserer Filiale Stambul einen Betrag von ca. Ltq. 1300.- schuldet, besass in Adana und Cesarea Warenbestände, die hauptsächlich in Manufakturwaren bestanden, und die vor dem Kriege einen Wert von etwa Ltq. 22000.- hatten. Diese Waren sind nun von der Kommission zur Liquidierung der Vermögen der Deportierten (Emwal Metrouké Kommissionnu) beschlagnahmt worden, obgleich das Stammhaus dieser Firma hier in Constantinopel ist und keiner ihrer Inhaber deportiert worden ist.
Ueber den inzwischen vorgenommenen Verkauf der Waren in Cesarea erfahre ich nun folgendes:
Die Liquidationskommission hat einen Teil der Manufakturwaren, der zur Zeit einen Wert von mindestens Ltq. 10000.- hat, an ein dort ad hoc gebildetes Syndikat von Mohamedanern, welches zum grössten Teil aus Mitgliedern der vorgenannten Kommission besteht, zum Preise von Ltq. 1300.- verkauft. Eine Stunde später wurden dieselben Waren an Guermirli Ali Effendi & Djoumet Zadé für Ltq. 5900.- weiterverkauft.
Ein Kommentar zu diesem Vorgehen ist überflüssig. Immerhin bitte ich Sie, sehr geehrter Herr von Neurath, diesen Fall einer geneigten Beachtung besonders würdigen zu wollen, da hier die Interessen unserer Bank im Spiele sind, denn die Firma Mendikian war uns gegenüber zu der Erklärung gezwungen, dass sie infolge des Vorgehens der Regierungsorgane, durch das sie um ihren Besitz gebracht worden ist, nicht in der Lage ist, ihren Verpflichtungen uns gegenüber nachzukommen.
Mit der Bitte, vorstehende Angaben mit Rücksicht auf die Namensnennungen als vertraulich behandeln zu wollen, verbleibe ich mit besten Empfehlungen
Wie aus einem mir zugänglich gewordenem Schreiben der Liquidationskommission in Adana an die dortige Zweigniederlassung der Ottomanbank hervorgeht, ist die Vilajetregierung in Adana vom türkischen Minister des Innern mit Telegramm vom 14./27. Januar d.J. angewiesen worden, das in den von der Ausweisung betroffenen Ortschaften vorhandene bewegliche und unbeweglichen Vermögen der Armenier, auch wenn diese an dem betreffenden Orte weder geboren noch ansässig sind, auf Verlangen ihrer Gläubiger dem Liquidationsgesetze gemäß zu behandeln.
Da das erwähnte Schreiben der Liquidationskommission sich auf den Fall Mendikian bezieht, würde es sich bei Erörterung der grundsätzlichen Frage mit der Pforte nicht umgehen lassen, auf diesen Fall Bezug zu nehmen. Wegen der Gefahr, die dies unter den gegenwärtigen Verhältnissen für die Person des Mendikian mit sich brächte, hat der Leiter der hiesigen Zweigniederlassung der deutschen Orientbank den Wunsch ausgesprochen, daß von einer amtlichen Verfolgung der Angelegenheit abgesehen werde. Ich habe geglaubt, diesem Wunsche um so eher entsprechen zu sollen, als Vorstellungen der K.B. nach den bisherigen Erfahrungen in ähnlichen Fällen voraussichtlich erfolglos geblieben wären und mir weitere Fälle von Schädigungen deutscher Interessen durch die verfügte Maßnahme nicht bekannt geworden sind.