1909-04-21-DE-004
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Quelle: DE/PA-AA/R 13183
Zentraljournal: 1909-A-7018
Erste Internetveröffentlichung: 2009 April
Edition: Adana 1909
Telegramm-Abgang: 04/21/1919 11:20 AM
Telegramm-Ankunft: 04/21/1909
Praesentatsdatum: 04/21/1919 p.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: Nr. 13
Zustand: A
Letzte Änderung: 03/23/2012


Der Kaiser und König (Wilhelm II.) an den Reichskanzler (Bülow)

Erlaß



Nr. 13

In dem gestrigen Telegramm, die Entsendung der Kreuzer betreffend, wird seitens Euerer Durchlaucht die Entsendung S. M. S. „Hamburg" nach Mersina gewünscht, da von dort andauernd Alarmnachrichten nach Berlin kämen. Im gleichzeitig seitens Auswärtigen Amts vorgelegten Telegramm Freiherrn von Marschalls meldet letzterer, dass Ferid Pascha durch kluge Energie Smyrna und Syrien in Ordnung habe, die Unruhen in Mersina lokale Bedeutung blos hätten und für Fremde keine Besorgnisse seien! „Lorelei" ist schon da und hat bisher nicht gemeldet. Also weiss ich nun nicht wozu „Hamburg" nach Mersina soll? Was man mit den paar kleinen Kreuzern im Mittelmeer eigentlich machen will? Die im Inlande befindlichen Deutschen schützen sie nicht, eingreifen dürfen sie in türkischen Städte - wo sie bisher nicht hindürfen - auch nicht, da die Situation lediglich innertürkische private Angelegenheit ist - und neben den eventuellen Flotten der Mittelmeermächte imponieren sie natürlich den Türken erst recht nicht. Mir scheint, man muss jetzt „Alarmnachrichten" mit grosser Reserve auf nehmen; hier an Ort und Stelle, auch seitens des gut informierten Königs, glaubt man nur drei Viertel des Erzählten. Die von Euerer Durchlaucht mitgeteilte Begründung Admirals von Tirpitz gegen eine Nachforderung von Geldern zum Ersatz der detachierten Kreuzer aus der Flotte, „dass das Ausland sich darüber aufregen oder es falsch kommentieren könnte“ ist mir völlig unverständlich und auch nicht stichhaltig. Eine vom Obersten Kriegsherrn zur Aufrechterhaltung der [mobilmachungs]mässigen Stärke der Schlachtflotte, welche durch Detachierungen geschwächt ist, ergangene Anweisung, wird mit Rücksicht auf den Effekt im Ausland abgelehnt! Das ist für mich kein Grund! Und entspricht das auch wohl kaum der Würde des Deutschen Reichs und seiner bewaffneten Macht! Zwei kleine Kreuzer müssen remplaciert werden, da die Flotte gezwungen würde, sie zu detachieren, aus Mangel an Auslandskreuzern; diese in allen Staaten ganz begreifliche nötige Massregel wird als „das Ausland aufregend“ dargestellt. Erstens ist das nicht der Fall und zweitens wäre mir das vollkommen einerlei! Wenn sich das Ausland jetzt aufregt, dann ist es über den Balkan und die Türken, nicht aber über den Ersatz von 2 kleinen Kreuzern in der deutschen Flotte. Admiral von Tirpitz hat Mir daher sofort eine ernsthaftere Begründung zu telegraphieren, warum er Meinen Befehl, die Flotte zu kompletieren für die vorgenommenen Detachierungen nicht ausführen will. Es bedingt diese Behandlung der Angelegenheit die Gefahr, dass man sich im Reichstage so an das Anzapfen der Flotte in besonderen Fällen gewöhnt, dass man den Mangel der Auslandskreuzer nicht deckt oder merken will, und was heute für Kreuzer billig, ist morgen für Linienschiffe gelten kann.

Das könnte ich niemals gestatten und der Konflikt wäre da. Also hüten wir uns solche bedenklichen Vorgänge zu schaffen. Der Grundsatz muss unbedingt aufrecht erhalten werden, was von der Flotte detachiert wird zum auswärtigen Dienst, aus Mangel an Auslandkreuzern muss sofort ersetzt werden. Zudem möchte ich bemerken, zu dem Hinweis auf die baldige Ablösung der 2 kleinen Kreuzer durch „Schulschiffe", dass eine Ordre von mir vorliegt, wonach „Schulschiffe" nicht im politischen Dienst im allgemeinen verwandt werden dürfen! Dies Telegramm an Reichs-Marineamt mitteilen.


[Wilhelm I. R.]



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