1914-07-23-DE-002
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Quelle: DE/PA-AA/R 1913
Zentraljournal: 1914-A.S.-1367
Erste Internetveröffentlichung: 2012 April
Edition: Die deutsche Orient-Politik 1911.01-1915.05
Telegramm-Abgang: 07/23/1914 05:30 PM
Telegramm-Ankunft: 07/23/1914 08:20 PM
Praesentatsdatum: 07/24/1914 a.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: Nr. 364
Zustand: A
Letzte Änderung: 06/17/2017


Der Botschafter in Konstantinopel (Wangenheim) an das Auswärtige Amt

Telegraphischer Bericht



Nr. 364
Therapia, den 23. Juli 1914.

Markgraf Pallavicini war von seiner Regierung beauftragt worden, den Großwesir vor dem Abschluß eines Bündnisses mit Griechenland zu warnen. Ein solches Bündnis werde die Türkei mit Rücksicht auf die bevorstehende Änderung des Verhältnisses Österreichs zu Bulgarien in eine schiefe Lage bringen. Der Großwesir erklärte meinem österreichischen Kollegen aufs Bestimmteste, daß er mit Herrn Venizelos kein Bündnis verabreden werde und daß Österreich im Kriegsfalle mit derselben Sicherheit auf die Türkei wie auf Bulgarien rechnen könne. Auch Rumänien werde sich nach der ersten energischen Handlung wieder dem Dreibund zuwenden. Schließlich wiederholte Großwesir den mir gestern von Enver Pascha geäußerten Wunsch, es möge der Türkei der förmliche Eintritt in den Dreibund ermöglicht werden. Markgraf Pallavicini, der inzwischen die Frage mit mir besprochen hatte, entgegnete, daß ein Bündnis mit der Türkei dem Dreibund vorläufig noch zu große Lasten auferlege. Der Dreibund könne die Türkei nicht gegen jedermann verteidigen. Großwesir bemerkte hierzu, daß Türkei von dem Dreibund ausschließlich Schutz gegen Rußland, nicht aber gegen Frankreich und England verlange.

[Wangenheim]
[Bemerkungen [kursiv und in eckigen Klammern] und Unterstreichungen von Wilhelm II an eine von Jagow gekürzte Fassung dieses Telegramms]

Der Großwesir hat meinem österreichischen Kollegen erklärt, daß er angesichts der jetzigen Lage mit Herrn Venizelos kein Bündnis verabreden werde und daß Österreich im Kriegsfalle auf die Türkei wie auf Bulgarien rechnen könne. Auch Rumänien werde sich nach der ersten russischen Handlung wieder dem Dreibund zuwenden [hoffentlich]. Schließlich wiederholte Großwesir den mir gestern von Enver Pascha geäußerten Wunsch, es möge der Türkei der förmliche Eintritt in den Dreibund ermöglicht werden. Markgraf Pallavicini, der inzwischen die Frage mit mir besprochen hatte, entgegnete, daß ein Bündnis mit der Türkei dem Dreibund vorläufig noch zu große Lasten auferlege [Quatsch, es soll sie doch erst mal angliedern, das andere findet sich!]. Der Dreibund könne die Türkei nicht gegen jedermann verteidigen.

Alleruntertänigst Jagow

[Schlußkommentar Wilhelm II:„Sie bietet sich ja direkt an!!! Eine Ablehnung oder Brüsquirung wäre gleichbedeutend mit Uebergang derselben zu Russo-Gallien [Rußland-Frankreich], und unser Einfluss ist ein für allemal dahin. Wangenheim soll den Türken sich in Bezug auf Anschluss an 3bund [Dreibund] unbedingt klar entgegenkommend äußern und ihre Wünsche entgegennehmen und melden! Wir dürfen sie unter gar keinen Umständen abweisen!“]



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