1914-08-13-DE-003
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Quelle: DE/PA-AA/R 19884
Zentraljournal: 1914-A.S.-1726
Erste Internetveröffentlichung: 2012 April
Edition: Die deutsche Orient-Politik 1911.01-1915.05
Telegramm-Abgang: 08/13/1914 02:35 PM
Telegramm-Ankunft: 08/13/1914 06:48 PM
Praesentatsdatum: 08/13/1914 p.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: Nr. 490
Zustand: A
Letzte Änderung: 06/17/2017


Der Botschafter in Konstantinopel (Wangenheim) an das Auswärtige Amt

Telegraphischer Bericht



Nr. 490.

Therapia, den 13. August 1914

Soeben telegraphierte ich dem Kaiserlichen Gesandten in Sofia folgendes: Ich habe nunmehr den einwandfreien Beweis in Händen, daß der hiesige bulgarische Gesandte den türkischen Ministern Talaat Bey und Djemal, mit denen er über Bündnis verhandeln sollte, angeboten hat, die Verhandlungen solange hinauszuziehen, bis auf den großen Kriegsschauplätzen eine Entscheidung gefallen sei. Türkischerseits ist dagegen zu baldigem Handeln gedrängt worden. Für mich besteht gar kein Zweifel mehr, daß Bulgarien, wenn auch kein Doppel-, so doch jedenfalls ein hinterhältiges Spiel treibt. Die Abwesenheit des Königs von Sofia, die Berufung auf angebliche feindliche Absichten der Türkei, die tatsächlich in Thrazien nur das mobilisierte 2. Korps in Adrianopel und eine Kavalleriebrigade ebendaselbst aufgestellt, das lange Ausbleiben der versprochenen Instruktionen an Toscheff, der mir scheu aus dem Wege geht, die Verschiedenheit der schließlichen Instruktionen von denjenigen, welche die dortige Regierung in Aussicht gestellt hat, müssen hier das größte Mißtrauen erwecken. Bulgarien vorschützt seine Besorgnisse nur um Zeit zu gewinnen. Mit langsamer bulgarischer Mobilmachung ist uns nicht gedient.

Streng vertraulich: Enver Pascha möchte gestützt auf unsere und die türkischen Schiffe schließlich auch ohne Bulgarien irgend etwas gegen Rußland unternehmen. Er wird aber dann zum Schutz der Türkei die bulgarische Grenze besetzt halten, außerdem durch eine Entente mit Griechenland sichern müssen. Um Bulgarien Beweis seines guten Willens zu geben, versprach er mir soeben, zunächst die Kavalleriebrigade von Adrianopel nach hier zurückzuziehen. Er wird ferner auf Einmarsch in Thrazien verzichten, besteht aber darauf, daß Bulgarien, wenn auch zunächst nur mit einer Kompagnie die serbische Grenze überschreitet und die Feindseligkeiten eröffnet. Sobalb dies geschehen, wird er das 2. Korps von Adrianopel zurücknehmen und von hier aus mit der Flotte, eventuell auch mit Teilen der Landarmee auf Schiffen gegen Osten vorgehen. Bulgarien muß unbedingt schleunigst Farbe bekennen. Dafür, daß die von Marschall Liman kommandierte Armee nicht in Bulgarien einfallen wird, garantieren die Person des Heerführers und ich.


[Wangenheim]



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