1914-09-11-DE-002
Deutsch :: de
Home: www.armenocide.net
Link: http://www.armenocide.net/armenocide/ArmGenDE.nsf/$$AllDocs/1914-09-11-DE-002
Quelle: DE/PA-AA/R 22402
Zentraljournal: 1914-A.H.-854
Erste Internetveröffentlichung: 2012 April
Edition: Die deutsche Orient-Politik 1911.01-1915.05
Praesentatsdatum: 09/13/1914 p.m.
Zustand: A
Letzte Änderung: 06/17/2017


Das Reichsmarineamt (Hopman) an den Staatssekretär des Auswärtigen Amts (Jagow)

Schreiben


Berlin, den 11. September 1914

Abschrift

Ueberlassung von 4 belgischen 28 cm S. K. mit Munition an die Türkei.

Heute hat im Auftrage seiner Regierung der türkische Militär-Attaché um Ueberlassung der 4 bei Krupp befindlichen von uns beschlagnahmten belgischen 28 cm S.K. mit Munition ohne Bezahlung an die Türkei zwecks weiterer Ausdehnung der Dardanellen-Verteidigung gebeten.

Ich habe dem Attaché versprochen, die Ueberlassung prinzipiell bei Euerer Exzellenz zu befürworten , habe aber gleichzeitig in längeren eindringlichen Ausführungen ihm gesagt, daß sie nur in dem Fall und vor allem auch nur dann mit der gebotenen Schnelligkeit erfolgen könnte, wenn die Türkei nun endlich aus ihrer abwartenden Haltung herausträte und endlich Taten zeigte. Im Sinne der hier gesammelten und Euerer Exzellenz überreichten Informationen über eine egyptische Expedition habe ich dem Attaché nochmals auf den großen Nutzen hingewiesen, den eine solche von Erfolg begleitete Unternehmung nicht nur für uns sondern in erster Linie für die Türkei haben würde. Jetzt sei die letzte Chance, Egypten der englischen Herrschaft zu entreißen. Das Prestige des Sultans würde ungeheuer leiden, wenn die günstige Gelegenheit jetzt nicht ausgenützt werden würde. Deutschland sei jetzt schon so sehr in der Türkei engagiert, daß auch unser Prestige und das große Kriegsziel es unbedingt forderten, daß wir auch in Zukunft die Türkei energisch unterstützten. Wir glaubten schon heute nicht mehr an die Möglichkeit, die Dardanellen zu forcieren, wir hätten im übrigen zum mindesten wegen unserer Schiffe ebenfalls ein dringliches Interesse daran, eine solche Forcierung zu verhindern, was vorläufig ja durch den in den nächsten Tagen eintreffenden Minentransport gesichert sein würde. Der Attaché möge aber bedenken, daß die heut von ihm geäußerte Bitte wohl nicht die letzte dieser Art wäre, welche er hier vortragen würde. Wir würden natürlich auch in Zukunft mit allen Mitteln der Türkei helfen, aber eine Vorbedingung dafür sei doch nunmehr klar gegeben: erst muß zum Dank für alles das, was schon geschehen ist, die Türkei Taten zeigen. Das Armeekorps in Damaskus könne sehr gut für eine egyptische Expedition ausgerüstet werden, und die Araber müßten anstatt auf Aden auf Egypten losgelassen werden.

Der Attaché nahm diese Ausführungen mit Verständnis auf und versprach, an Enver Pascha unverzüglich in diesem Sinne zu telegraphieren. Zur Erklärung des abwartenden Verhaltens der Türkei führte er weniger Schwierigkeiten im Kabinett oder Kleinmütigkeit unter den leitenden Personen in Konstantinopel an, als die Langsamkeit der türkischen Mobilmachung, die natürlich in Damaskus z.B. noch bei weitem größer sei als in den Korps näher an Konstantinopel. Er sei während des Balkankriegs im türkischen Hauptquartier gewesen und führe alle Niederlagen der türkischen Armee darauf zurück, daß die Türkei losgeschlagen habe, ehe sie wirklich fertig war.

Dieser Fehler dürfte sich jetzt auf keinen Fall wiederholen. Er bäte doch sehr, keinen Zweifel daran zu hegen, daß die Türkei losschlagen würde, sobald sie fertig wäre. Augenblicklich seien bereits 750 000 Mann auf die Beine gestellt.

Bezüglich der künftigen Haltung Rumäniens hätte Enver Pascha zwar gewisse Befürchtungen, doch man habe ihm soeben im Auswärtigen Amt gesagt, daß immerhin noch Hoffnung bestände, daß Rumänien keine feindliche Haltung einnehmen und die Kanonen durchlassen würde.

In der Anlage sind einige Daten über die Kanonen, ihre Munition und den Zeitpunkt ihrer möglichen Aufstellung niedergelegt.

Ich schlage vor, die Türken hinzuhalten, bis sie selbst etwas getan haben. Inzwischen werde ich (nach Rücksprache mit W.) die Kanonen ausbahnen und Munition anfertigen lassen.


[G. 11/9.]

V. Staatss. d.R.M.A. Großes Hauptquartier, den 13. September 1914

U.u.R.

dem Herrn Staatssekretär des Ausw. Amts zur gefälligen Kenntnisnahme ergebenst übersandt.


[Hopman]



Copyright © 1995-2024 Wolfgang & Sigrid Gust (Ed.): www.armenocide.net A Documentation of the Armenian Genocide in World War I. All rights reserved