1914-10-01-DE-001
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Quelle: DE/PA-AA/R 22403
Zentraljournal: 1914-A.H.-1356
Erste Internetveröffentlichung: 2012 April
Edition: Die deutsche Orient-Politik 1911.01-1915.05
Telegramm-Abgang: 10/01/1914 02:20 AM
Telegramm-Ankunft: 10/01/1914 12:05 PM
Praesentatsdatum: 10/01/1914 p.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: Nr. 613
Zustand: A
Letzte Änderung: 06/17/2017


Der Unterstaatssekretär im Auswärtigen Amt (Zimmermann) an das Große Hauptquartier (Jagow)

Telegraphischer Bericht



Nr. 613.

Berlin, den 1. Oktober 1914.

Der türkische Botschafter fragte mich heute im Auftrage seiner Regierung, ob Türkei in Deutschland eine Anleihe von 5 Millionen Pfund erhalten könne. Sie bedürfe des Geldes dringend zur Aufrechterhaltung der Mobilmachung, zur Zahlung Gehälter u.s.w.

Ich erwiderte, das Geld stehe zur Verfügung, sobald Pforte aktiv zu unseren Gunsten eingegriffen habe. Mahmud Mukhtar Pascha bat dringend, ein geringfügiges an Geld, etwa 1/2 Millionen Pfund noch vor dem aktiven Eingreifen der Türkei zu bewilligen und im übrigen die Banken schon jetzt zur Eröffnung von Verhandlungen zu ermächtigen. Ein derartiger Freundschaftsbeweis würde in der gesamten mohamedanischen Welt tiefen moralischen Eindruck machen, die Anhänger einer aktiven türkischen Politik den Rücken stärken und Behauptung Gegner widerlegen, wonach Deutschland angeblich nicht im Stande sei, der Pforte die finanziellen Mittel zur Kriegsführung zu liefern. Ich habe dem Botschafter, ohne mich zu binden, Prüfung seines Antrages zugesagt und eindrücklich die Argumente wiederholt, die für ein sofortiges Losschlagen der Türkei sprechen. Mahmud Muhktar Pascha äusserte als seine Privatansicht, Admiral Souchon sollte ohne weiteren Zeitverlust die russische Flotte im Schwarzen Meer angreifen und hierdurch die zögernden Elemente mit sich fortreissen.

Herr von Gwinner und Herr Helfferich befürworten die Unterstützung der Türkei mit Geld. Ich möchte empfehlen, dem türkischen Wunsch entgegenzukommen, dabei aber Verhandlungen der Pforte mit der deutschen Finanz möglichst auszuschliessen, da dabei der uns feindliche Djavid Bey als Finanzminister eine uns unerwünschte Rolle spielen könnte. Die Anleihe sollte m.E. der Pforte direkt vom Reiche zur Verfügung gestellt werden und zwar unter denselben Bedingungen, zu denen das Reich Geld erhält, d.h. gegen einen Zinssatz von 5 bis 6 %. Ein Vorschuss von einer Viertel-Million Pfund wäre sofort zahlbar, um die Aufrechterhaltung der Mobilisierung zu ermöglichen, die erste Rate von 3/4 Millionen nach dem Losschlagen der Türkei, die zweite Rate von 1/2 Million bei Beginn des zweiten Kriegsmonats, die dritte Rate u.s.w. in gleicher Höhe bei Beginn des dritten Kriegsmonats u.s.w.

Das Risiko, dass die Türkei unser Geld einheimst und nachher doch nicht losschlägt, würde bei dieser Regelung auf den verhältnismässig geringen Betrag von rund 4 Millionen Mark beschränkt bleiben. Andererseits wäre die Gefahr beseitigt, dass die Pforte durch Geldmangel zur teilweisen Demobilisierung ihrer Truppen gezwungen wird. Für den Fall des Einverständnisses wäre schleunige Weisung des Herrn Reichskanzlers an das Reichsschatzamt und telegraphische Benachrichtigung des Auswärtigen Amts erwünscht.


[Zimmermann]
[Bethmann Hollweg an Zimmermann (Nr. 65)]

Auf Tel. 613.

Mit Gewährung Anleihe durch das Reich an Türkei unter Ausschluss Finanz und unter vorgeschlagenen Modalitäten einverstanden. Bitte Anleihebedingungen mit Reichsschatzamt vereinbaren.

Für Staatssekretär des Reichsschatzamtes:

„Ew. pp. wollen dem Auswärtigen Amt zwecks Überweisung an die Türkische Regierung Betrag von 1/4 Million Pfund sofort zur Verfügung stellen als Vorschuss auf eine der Türkei vom Reich zu gewährende Anleihe von 5 Million Pfund türkisch. Bitte Anleihebedingungen im Einvernehmen mit Auswärtigem Amt Ratenzahlungen nach dessen Vorschlägen festsetzen.“



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