1914-10-24-DE-003
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Quelle: DE/PA-AA/R 20171
Zentraljournal: 1914-A-28421
Erste Internetveröffentlichung: 2012 April
Edition: Die deutsche Orient-Politik 1911.01-1915.05
Praesentatsdatum: 10/27/1914 p.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: M.J. Nr. 2074 P.
Zustand: A
Letzte Änderung: 06/17/2017


Der Generalstabschef (Falkenhayn) an das Auswärtige Amt

Schreiben



M.J. Nr. 2074 P.

Gr. H. Qu., den 24. Oktober 1914

Abschrift.

Euerer Exzellenz beehre ich mich anliegend Abschrift eines Schreibens des Herrn Staatsekretärs des Innern zu übersenden mit der Bitte, die Österreichisch-Ungarische Oberste Heeresleitung auf den überaus hohen Wert einer ungehinderten Donauschiffahrt für die deutsche Zufuhr hinzuweisen. Sollte eine Sperrung der Donau unbedingt erforderlich sein, so bitte ich alles zu versuchen, daß ein ungehinderter Eisenbahnverkehr für deutsche Güter zwischen Österreich-Ungarn und Rumänien hergestellt wird.


[v. Falkenhayn]

An den Königlichen Generalleutnant, kommandiert zum österreichisch-ungarischen Heere Herrn Freiherrn v. Freytag-Loringhoven Exzellenz.

Dem Auswärtigen Amt hier mit dem Ersuchen Herrn Staatsminister Delbrück zu informieren. Großes Hauptquartier.


Jagow.


Anlage

Der Staatssekretär des Innern

IV A 13533.


Berlin, den 19. Oktober 1914.

Durch die Behinderung der Donauschiffahrt auf serbischem Gebiete werden die Interessen des Deutschen Reichs, zumal unter den gegenwärtigen Kriegsverhältnissen, schwer betroffen.

Die Donau bildet den einzigen Verkehrsweg, auf dem große Massen von Lebensmitteln, insbesondere Getreide, vom neutralen Ausland (Rumänien) her eingeführt werden können.

Es ist gelungen, in Rumänien sehr erhebliche Mengen von Weizen, Gerste und Mais aufzukaufen (im Ganzen etwa 200000 Tonnen). Die Beförderung der eingekauften Mengen macht jedoch ungeahnte und fast unüberwindliche Schwierigkeiten. Die Durchführung auf dem gewöhnlichen Wasserwege durch das Schwarze Meer ist ausgeschlossen. Man hat daher vorläufig versucht, das Getreide auf dem Eisenbahnwege zu verfrachten und auf diese Weise nach Deutschland zu schaffen. Leider ist ein regelmäßiger Bahnverkehr, wie er im Frieden zu ermöglichen wäre, nicht aufrecht zu erhalten, weil das geeignete Wagenmaterial fehlt und die Wagen der einzelnen Beteiligten Staaten (Rumäniens, Österreich-Ungarns und Deutschlands) nicht in größerem Umfang nach den benachbarten Staatsgebieten durchgelassen werden. Es wurde versucht, diesem Mangel dadurch abzuhelfen, daß man 300 deutsche Wagen täglich nach Österreich hineinsandte, wofür sich Österreich verpflichtete, seinerseits 300 Wagen täglich nach Rumänien gehen zu lassen. Leider hat sich hierbei ergeben, daß auf den rumänischen Grenzstationen eine Durchführung der österreichisch-ungarischen Wagen nicht möglich und daß infolge der Ansammlung der nicht weiterexpedierten Wagen und der Schwierigkeiten der Umladung von rumänischen Wagen auf österreichische eine Stockung des gesamten Güterverkehrs eingetreten ist.

Helfen könnte hier nur die Befreiung der Donauschiffahrt von der Gefährdung durch die Serben. Die gegenwärtige Lage ist für Deutschland ganz besonders besorgniserregend, weil das von uns gekaufte und bezahlte, und zur ausreichenden Versorgung unseres Volkes dringend benötigte Getreide nicht in unseren Besitz gelangen kann und auf diese Weise - abgesehen von dem Fehlen dieser Nahrungsmittelmengen - erhebliche Geldverluste drohen können. Sachverständige halten sogar die Zufuhr von russischem Getreide auf dem Donauwege nicht für ausgeschlossen. Die Zufuhr von Wolle, von Benzin, Schmierölen usw. kann ebenfalls nur auf der Donau in größerem Maße erfolgen.

Die große wirtschaftliche Bedeutung des Donauweges für das Deutsche Reich legt die Erwägung nahe, ob es nicht angängig sein möchte. Österreich-Ungarn zu vermögen, sein Möglichstes zu tun, um diese wichtigste Zufuhrstraße vom Feinde zu säubern, so lange die Schiffahrt in diesem Jahre noch offen ist. Die militärischen Operationen können von hieraus natürlich nicht beurteilt werden; auch kann nicht übersehen werden, inwieweit die hier laut gewordene Ansicht zutrifft, daß es nur noch geringer Anstrengungen bedürfte, um die Donauschiffahrt freizuhalten. Die Frage ist aber für die Sicherung unserer Volksernährung von so ausschlaggebender Bedeutung, daß ich nicht unterlassen zu dürfen geglaubt habe, sie Eurer Exzellenz geneigter Kenntnis zu unterbreiten.


Delbrück



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