1914-12-28-DE-001
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Quelle: DE/PA-AA/R 1915
Zentraljournal: 1914-A.S.-3071
Erste Internetveröffentlichung: 2012 April
Edition: Die deutsche Orient-Politik 1911.01-1915.05
Praesentatsdatum: 12/28/1914 p.m.
Zustand: A
Letzte Änderung: 06/17/2017


Die österreich-ungarische Botschaft in Berlin an das deutsche Auswärtige Amt

Notiz


Notiz

In Angelegenheit des deutsch-türkischen Geheimvertrages hat Graf Berchtold dem k.u.k. Botschafter in Constantinopel nachstehende Weisung zugehen lassen:

„Die Aufnahme des Passusses betr. die Balkan-Coalition hätte für die Monarchie, welche Nachbar dreier Balkanstaaten ist und beinahe an Bulgarien grenzt, eine viel größere Tragweite als für Deutschland, da sie von Wirren auf dem Balkan viel leichter und directer in Mitleidenschaft gezogen wird.

Es erscheint mir sehr wünschenswert, wenn die Pforte doch zum Fallenlassen dieses Passus’ gebracht werden könnte. Vielleicht könnte man den Gesichtspunkt vertreten, dass der Vertrag sich dem Dreibundvertrag anpassen soll, daher nur Grossmächte darin berücksichtigt werden; auch sei zu bedenken, dass Italien den gedachten Passus für sich nicht acceptieren würde.

Die darin enthaltene Verpflichtung ist für Deutschland wohl nur einseitig, da der Angriff einer Balkan-Coalition auf Deutschland kaum möglich erscheint; anderseits wäre bei einem Angriff auf die Türkei Deutschlands Hilfe praktisch gar nicht in Anschlag zu bringen, nachdem Deutschland z.B. Serbien und Rumänien im Kriegesfalle nicht leicht erreichen könnte. Einen praktischen Wert würde die in Rede stehende Verpflichtung also nur für das Bündnis Oesterreich-Ungarns mit der Türkei besitzen, da nur hier tatsächlich eine Reciprocität vorläge. Vielleicht könnte man also der Pforte plausibel machen, dass es unter Umständen gar nicht in ihrem Interesse liegen würde, in einen solchen Konflict zugunsten der Monarchie einzugreifen.

Welche Gefahr eine Grossmacht wie die Monarchie und Deutschland durch ein engumschriebenes Bündnis mit einem Balkanstaat (Rumänien) auf sich nimmt, haben Ereignisse des Balkankrieges bereits gezeigt. Ich nehme an, dass diese unsere Bedenken von deutscher Seite gewürdigt werden dürften."



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