1915-01-23-DE-002
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Quelle: DE/PA-AA/R 22404
Zentraljournal: 1915-A.H.-504
Erste Internetveröffentlichung: 2012 April
Edition: Die deutsche Orient-Politik 1911.01-1915.05
Telegramm-Abgang: 01/23/1915 07:45 PM
Telegramm-Ankunft: 01/24/1915 01:00 AM
Praesentatsdatum: 01/24/1915 a.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: Nr. 222
Zustand: A
Letzte Änderung: 06/17/2017


Der Unterstaatssekretär im Auswärtigen Amt (Zimmermann) an das Große Hauptquartier (Jagow)

Telegrphischer Bericht



Nr. 222.

Berlin, den 23. Januar 1915

Der K. Botschafter Pera telegraphiert unter Nr. 199:

„General Bronsart von Schellendorff, gestern vom Kaukasus zurückgekehrt, sagte mir, er habe hier einen ganz ungerechtfertigten Pessimismus bezüglich der Lage an der russ. Grenze vorgefunden. Die türkische Offensive sei allerdings mißlungen, die Türken wären aber nicht weiter zurückgegangen als bis zu ihrer früheren Stellung. Die Verluste auf beiden Seiten seien gleich schwer. Eine Invasion türk. Gebiets sei nicht zu befürchten, Erzerum nicht bedroht. Der türk. Plan sei daran gescheitert, daß die 3 türkischen Armeekorps getrennt vorgegangen seien. Für eine derartig komplizirte Operation habe die Ausbildung der Truppen nicht ausgereicht. Bei den Korps, wo keine deutschen Offiziere gewesen seien, habe unter dem Einfluß der Kälte und der mangelhaften Verpflegung sehr bald Disziplinlosigkeit Platz gegriffen. Ganze Truppen hätten sich abgetrennt und in den Wäldern nach Schutz vor der Kälte gesucht. So habe sich das 9. Armeekorps verkrümelt, finde sich aber jetzt allmählich wieder ein. Nachdem die untauglichen Elemente ausgeschieden seien, bestände die jetzige Armee nur noch aus tüchtigen und widerstandsfähigen Elementen. Die Haltung der deutschen Offiziere sei ausnahmslos vortrefflich gewesen. Auch Enver habe große persönliche Tapferkeit an den Tag gelegt, wenn auch seine Feldherrnkunst versagt habe. Er, Bronsart, sei mit den Maßnahmen Envers in vielen Punkten nicht einverstanden gewesen und habe letzteren daher gebeten gehabt, ihn seiner Stellung als Generalstabschef zu entheben. Enver sei indessen darauf nicht eingegangen. Die russischen Truppen, meist polnische Juden, hätten sich miserabel geschlagen und tausende von Gefangenen verloren.“

4 Stellen informiert, Auszug geht nach Wien Bukarest und Sofia


[Zimmermann]



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