1915-03-06-DE-006
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Quelle: DE/PA-AA/R 20179
Zentraljournal: 1915-A.S.-914
Erste Internetveröffentlichung: 2012 April
Edition: Die deutsche Orient-Politik 1911.01-1915.05
Telegramm-Abgang: 03/06/1915 02:05 PM
Telegramm-Ankunft: 03/06/1915 11:30 PM
Praesentatsdatum: 03/07/1915 a.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: Nr. 547
Zustand: A
Letzte Änderung: 06/17/2017


Der Botschafter in Konstantinopel (Wangenheim) an das Auswärtige Amt

Telegraphischer Bericht



Nr. 547.

Pera, den 6. März 1915
Geheim.

[Enver Pascha mitteilt mir streng vertraulich:

Unmittelbar nach Eintritt der Türkei in den Krieg hatte sich unter der Protektion der Regierung von England, Frankreich und Griechenland ein Geheimkomitee gebildet zum Zwecke des Sturzes der Jungtürken und der Herbeiführung eines Friedensschlusses mit einer neu zu bildenden Ententefreundlichen türkischen Regierung. Die Seelen der Verschwörung waren Prinz Sabahedin und Scherif Pascha (Paris). Hier gehörten dem Komitee an: Vertreter der beiden Genannten, einige Anhänger der früheren Ententepolitik und griechische Vertrauensmänner des Gesandten Panas. Einer der Vertrauten Sabahedins hatte der Pforte die Pläne der Verschwörer verraten, worauf die Regierung ihrerseits den Verräter benutzte, um ständig über die Machenschaften des Komitees unterrichtet zu sein. Schließlich beauftragte Enver den kommandierenden General des 1. Armeekorps Mehemed Ali, sich durch den Vertrauensmann Sabahedins als angeblicher Gegner Envers ins Komitee einführen zu lassen. Es wurde dadurch festgestellt, daß die Beschlüsse des Conventikels mit einem besonderen Chiffre chiffriert dem griechischen Gesandten zur Weitergabe an Venizelos übermittelt wurden, welcher seinerseits Sabahedin und Scherif sowie die Kabinette von Paris und London auf dem Laufenden erhielt. Neuerdings ist dem Komitee ein Betrag von 30000 Pfund von Athen aus, wo gegenwärtig Sabahedin weilt, zur Verfügung gestellt worden. Nachdem die Verschwörer sich überzeugt hatten, daß die Jungtürken ohne Armee nicht zu stürzen waren und daß an letztere nicht heranzukommen war, wurde die Taktik geändert und beschlossen, den Frieden durch Einschüchterung der türkischen Bevölkerung und gleichzeitige Anknüpfung von Verhandlungen mit dem Sultan und geeigneten Personen der Regierungspartei zu erreichen. So erklären sich das Bombardement der Dardanellen, die Drohungen Griechenlands, das Telegramm Sabahedins an den Sultan, der bevorstehende Besuch eines Vertrauensmannes Englands und die französischen Annäherungsversuche über Sofia und Bukarest. Eine der Haupttriebfedern der Aktion ist zweifellos Venizelos. Da die Pforte jedes einzelne der an ihn gerichteten Telegramme genau kennt, ja teilweise selbst verfaßt hat, so besitzt sie die Mittel Venizelos jederzeit zu entlarven. Sie will ihn aber vorläufig noch weiter gewähren lassen.]


[Wangenheim]
[Jagow am 7.3. an Gesandtschaft Athen (Nr. 174)]

Geheim. Der Kaiserliche Botschafter in Constantinopel telegraphiert:

„ […]“

<Ew.pp. sind ermächtigt den wesentlichen Inhalt der Meldung vorsichtig und streng vertraulich beim König zu verwerten mit der ausdrücklichen Bitte vorläufig nach aussen keinen Gebrauch davon zu machen. Freiherr von Wangenheim wird beauftragt Ew.pp. direkt zu telegraphieren ob die Pforte der Benutzung des Materials zustimmt und was sonst etwa gegen Venizelos in Constantinopel vorliegt.>


[Jagow an Botschafter Pera (Nr. 434)]

Antwort auf Tel. No. 547. Geheim.Venizelos wird nach seiner inzwischen erfolgten Demission alle Hebel in Bewegung setzen um den König und dessen Neutralitätspolitik unmöglich zu machen. Unseres Erachtens sollte die Pforte dem König durch Freigabe des Materials gegen Venizelos zu Hilfe kommen.

Wir haben Ew.pp. Tel No. 547 mit folgender Weisung nach Athen weitergegeben: „<…>“. Ew. pp. wollen mit tunlichster Beschleunigung entsprechende Feststellung treffen und hierher sowie Graf Mirbach drahten.



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