1915-04-06-DE-001
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Quelle: DE/PA-AA/R 20181
Zentraljournal: 1915-A.S.-1491
Erste Internetveröffentlichung: 2012 April
Edition: Die deutsche Orient-Politik 1911.01-1915.05
Telegramm-Abgang: 04/06/1915 02:50 PM
Telegramm-Ankunft: 04/06/1915 04:28 PM
Praesentatsdatum: 04/06/1915 p.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: Nr. 259
Zustand: A
Letzte Änderung: 06/17/2017


Der AA-Vertreter im Großen Hauptquartier (Treutler) an das Auswärtige Amt

Telegraphischer Bericht



No. 259.

Gr. Hauptquartier, den 6. April 1915.

Herr von Falkenhayn bittet mich, folgendes Telegramm an Euere Exzellenz abzusenden.

General Konrad telegraphiert mir, daß seiner Ansicht nach sich die Lage im Hinblick auf Italien verschärft habe, weil Italien anscheinend nicht nur die Isonzo-Grenze sondern auch die Brenner-Grenze zu fordern beabsichtige, weil ferner Italien soeben unter Berufung auf Zusatzartikel VIII Einwendungen gegen Österreichs feindliches Vorgehen gegen Serbien erhoben habe, und weil endlich Italien sein Verhalten bei den Verhandlungen nach den ihm aus Rußland zugehenden Nachrichten über die Lage an Karpathenfront einzurichten scheint.

General Conrad knüpft hieran erneut das Ersuchen um weitere Unterstützung durch deutsche Truppen. Ich habe ihm geantwortet, daß ich an die Forderung der Brennergrenze höchstens als Druckmittel in dem Sinne glauben könne, um die Abgrenzung des abzutretenden Gebiets von Welsch-Tirol möglichst günstig für Italien zu gestalten. Die Einwendungen auf Grund des Zusatz-Artikels VIII wären gewiß nicht freundlich, aber nachdem Österreich seinerzeit, ohne Italien zu benachrichtigen, gegen Serbien vorgegangen sei, als Druckmittel verständlich, um die Angelegenheit überhaupt zum Abschluß zu bringen. Ebenso verständlich schiene mir, daß Italien sich hinsichtlich der Nachricht aus den Karpathen nicht nur auf österreichische, sondern auch auf russische Quelle stütze.

Die Entsendung weiterer deutscher Kräfte nach den Karpathen mußte, da unsere Umformationen noch nicht beendet sind und soeben sehr starke französische Angriffe aus der Front Verdun-Nancy eingesetzt haben, abgelehnt werden.

Euerer Exzellenz möchte ich aber angesichts dieser Zeichen zunehmender Nervosität in Österreich zur Erwägung anheimstellen, ob sich nicht der energische Versuch empfiehlt, Deutschland doch noch als Mittler an den Verhandlungen zwischen Wien und Rom zu beteiligen. Aus den Mitteilungen des Generals Conrad, die er nur aus Wien erhalten haben kann, scheint mir klar hervorzugehen, daß man sich nicht mehr in einem Zustande befindet, der gedeihliche Geschäftsabschlüsse zuläßt.

Ich sollte meinen, daß Italien immer noch zu haben sein müßte, wenn man ihm Deutsch-Welsch-Tirol und das Isonzogebiet, Albanien und Tunis sowie neben einer reichlichen Anleihe völlige Gleichberechtigung im zu erneuernden Dreibund rückhaltlos verbürgte. Österreich aber kann, wenn wir weitere direkte militärische Unterstützung davon abhängig machen, nicht umhin, unsere Vermittelung anzunehmen.“


[Treutler]



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