1915-04-19-DE-005
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Quelle: DE/PA-AA/R 20182
Zentraljournal: 1915-A.S.-1724
Erste Internetveröffentlichung: 2012 April
Edition: Die deutsche Orient-Politik 1911.01-1915.05
Telegramm-Abgang: 04/19/1915 06:55 PM
Telegramm-Ankunft: 04/19/1915 11:30 PM
Praesentatsdatum: 04/20/1915 a.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: Nr. 427
Zustand: A
Letzte Änderung: 06/17/2017


Der Gesandte in Athen (Mirbach) an das Auswärtige Amt

Telegraphischer Bericht



Nr. 427.

Athen, den 19. April 1915.

Im Anschluß an Telegramme Nr. 410 und Nr. 411.

Nachdem dank der hier landesüblichen beispiellosen Indiskretion die Basis, auf welcher die gegenwärtigen Besprechungen Griechenlands mit der Entente stattfinden, nahezu in allen Einzelheiten in die Presse durchgesickert war, konnte ich heute ohne die sichere Quelle irgendwie preiszugeben, Zographos auf die neugeschaffene Situation anreden.

Ich sagte ihm gleich, daß ich nicht einzusehen vermöchte, warum der mühevolle Umweg über die Venizelos-Krise gewählt worden sei, um heute den Faden eben derselben Venizelos-Politik wieder zu spinnen. Ich persönlich hätte es jedenfalls für nahezu undenkbar gehalten, daß ich die warnenden Argumente gegen das byzantinische Abenteuer, die ich vor wenigen Wochen Venizelos entwickelt hätte, heute seinem Nachfolger verbotenus [wörtlich] wiederholen würde. Zographos machte schwache Versuche, einen wesentlichen Unterschied zwischen der damaligen und der heutigen Situation zu konstruieren: Venizelos habe blindlings, ohne jede Nachprüfung, der Entente folgen wollen. Heut würde Griechenland nur gegen greifbare Garantien mit der Triple-Entente gehen. Er wiederhole mir seine vor drei Tagen gegebene Versicherung: Erst wenn die Alliierten mit 4 - 500000 Mann schlagfertiger Truppen zur Forcierung der Meerenge und Einnahme Konstantinopels bereit wären, und griechischer Generalstab über den vermutlichen Ausgang der Operationen ein günstiges Urteil abgegeben habe, würde Griechenland aus der Neutralität treten.

Wenn die Befreiung Konstantinopels den Alliierten allein überlassen bliebe, so bedeute dies mit unfehlbarer Sicherheit den Sturz der griechischen Dynastie.

Ich bemerkte dem Minister, daß er sich auf alle Fälle in ein kompliziertes und auf die Dauer schwer durchzuführendes Manöver eingelassen habe. Er habe der Entente einen Finger gereicht und sie würde dafür Sorge tragen, daß diese Fühlungnahme nicht wieder verloren gehe.

Zographos wollte dies nicht Wort haben und beharrte auf der Formel, daß keinerlei neue Orientierung stattfände, sondern lediglich Vorbereitungen auf Eventualitäten, die sich möglicherweise - und sogar wahrscheinlich - niemals verwirklichen würden.

Aus mehreren Wendungen, die der Minister im Verlauf des Gesprächs gebrauchte, konnte ich entnehmen, daß die griechischen Vertreter in Rom und Bukarest offenbar das unmittelbar bevorstehende Zusammengehen Italiens bezw. Rumäniens mit der Entente melden, und daß man sich daraufhin auch hier auf rechtzeitigen Anschluß einrichten möchte.


[Mirbach]

[Jagow am 20.4. an 1. Sofia (Nr. 323), 2. Bukarest (Nr. 509), 3. Pera (Nr. 782)]


Vertraulich. Der Ks. Geschäftsträger in Athen telegraphiert:

„Nach Pressemeldungen, die mir von zuverlässiger Seite bestätigt wurden, hat griechische Regierung Besprechungen mit Entente über Kooperation gegen Türkei wiederaufgenommen. Ich habe Zographos auf die neugeschaffene Situation angeredet und gesagt, daß ich nicht … [weiter wie oben mit geringen Änderungen]



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