1915-04-26-DE-002
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Quelle: DE/PA-AA/R 19979
Zentraljournal: 1915-A-14910
Erste Internetveröffentlichung: 2012 April
Edition: Die deutsche Orient-Politik 1911.01-1915.05
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: Nr. 257
Zustand: A
Letzte Änderung: 06/17/2017


Der Botschafter in Konstantinopel (Wangenheim) an den Reichskanzler (Bethmann Hollweg)

Bericht



Nr. 257.

Pera, den 26. April 1915

1 Anlage.

In Übersetzung Seiner Exzellenz dem Reichskanzler Herrn von Bethmann Hollweg gehorsamst vorgelegt.


Wangenheim
Anlage

Leiteartikel aus dem „Mokattam“ (englische offizioese Zeitung in Cairo) vom 12. Februar 1915.

Die deutsche Enver-Expedition und ihre Folgen fuer die ottomanische Armee.


Seit dem ersten Gefecht zwischen den Buchaneer Kamel-Reitern und einer feindlichen Abteilung in der Naehe von Bir el Nuss sind ungefaehr drei Monate verflossen. Die Ereignisse, die sich in diesem Zeitraume abgespielt haben, sind im Folgenden zusammengestellt, bis zum Ende der ersten Phase der deutschen Enver-Expedition.

Am 20. November vorigen Jahres streiften Captain Chup von den Buchaneer Kamelreitern und Oberstleutnant Mohamed Effendi Anis vom Coast Gard Camel Corps zwischen Bir el Nus und Catija mit je 20 ihrer Leute. Gegen 7 Uhr morgens wollte Captain Chup sich mit der Coast Gard Patrouille vereinigen, die sich bei einem etwa eine halbe Meile entfernten Punkte befand. Als er an die betreffende Stelle kam, sah er zahlreiche Spuren, und nachdem er ungefaehr eine Stunde weit in oestliche Richtung vorgegangen war, erblickte er vor sich etwa 20 Hegin-Reiter, welche mit weissen Tuechern winkten. Da er sie fuer die eigene Kamel-Reiter-Patrouille hielt, liess er sie nahe herankommen. Auf eine Entfernung von 30 Yards eroeffneten sie jedoch ploetzlich das Feuer auf unsere Leute. Erst jetzt befahl Captain Chup das Feuer zu erwidern, durch das der Gegner fast voellig aufgerieben wurde. Eine zweite feindliche Abteilung ereilte dasselbe Schicksal. Da Captain Chup die Sache nunmehr fuer erledigt hielt, marschierte er auf Catija zu.

Ploetzlich jedoch sah er sich angesichts zweier feindlichen Trupps Berittenen, die ihn der Eine von rechts, der Andere von links zu umzingeln suchten. Infogedessen ging er mit seinen Leuten, vom Feind verfolgt und beschossen, zurueck.

Captain Chup kehrte somit mit dem Rest seiner Truppen zu den britischen Linien zurueck, nachdem er dem Feinde erheblichen Nachteil zugefuegt hatte. Die Verluste der Buchaneer Kamelreiter betrugen einen Offizier und 12 Reiter tot und 3 Reiter verwundet; Oberleutnant Mohamed Effendi Anis von den Coast Gards war gefallen. Ueber den Verbleib seiner Leute ist Nichts bekannt. Die Verluste des Feindes ueberstiegen bei Weitem die Verluste der Buchaneers.

Nach diesen Ereignissen waren alle Nachrichten ueber die Bewegungen des Feindes im oestlichen Teil der Sinai-Halbinsel bis zum 26. Januar unterbrochen. An diesem Tage geriet eine britische Patrouille oestlich von Kantara mit dem Feinde ins Gefecht. Der Feind beschoss sie aus grosser Entfernung mit Gebirgsgeschuetzen, die Patrouille antwortete durch Maschinengewehr- und Kleinkaliber-Feuer. Auf unserer Seite fielen ein Offizier und 4 Mann. Der Verlust des Feindes war augenscheinlich sehr gross.

Da der Feind sich unserer Patrouille nicht weiter naeherte, so war sie nach laengerem Verweilen gezwungen, sich in unser Lager zurueckzuziehen.

Kleinere feindliche Abteilungen zeigten sich um dieselbe Zeit an drei anderen Oertlichkeiten, oestlich des Kanals, ohne sich jedoch in ein Gefecht einzulassen. Eines unserer Wasserflugzeuge warf in der Naehe von Bir Murhadat auf das tuerkische Heer eine Bombe ab, die betraechtliche Verluste verursachte. Es wurde darauf festgestellt, dass der Feind Catija besetzt hatte und Beobachtungsposten bei Bir el Dawidar einrichtete; ausserdem besetzte er die Wasserstelle Harab und Bir Macaras und einen Platz oestlich von Tor.

Am Morgen des 28. Januar brach eine feindliche Abteilung zur Rekogniszierung von Bir el Dawidar auf und griff, zwecks Erkundung der britischen Streitkräfte, einen Punkt oestlich von Kantara an; sie wurde jedoch zurueckgeworfen und liess 4 Tote, darunter einen Infanterie-Offizier, zurueck. Die britischen Verluste betrugen einen Offizier und 2 indische Soldaten tot und 4 Gurkhas verwundet.

Waehrend eines Gefechts zwischen einer kleinen feindlichen Abteilung und einem britischen Posten am oestlichen Kanalufer bei der Station Khoubri, in der Naehe von Suez, fanden unsere Leute nach dem Rueckzug des Feindes einen indischen Verwundeten, der angab, dass er auf der Pilgerfahrt nach Mekka und Medina von den Tuerken ergriffen worden und nach Maad gebracht worden sei, wo sie ihm ein Mausergewehr nebst Munition gegeben und ihn gezwungen haetten, gegen seine eigenen Brueder zu fechten. Er war in diesem Gefecht verwundet worden und nun hocherfreut, in die Haende der Seinigen zu fallen. Aus den Ergebnissen der Erkundungen der britischen Flugzeuge am 29. Januar stellte es sich heraus, dass der Feind sich aus seinen vorgeschobenen Stellungen zurueckgezogen hatte.

Zur selben Zeit ergaben sich mehrere tuerkische Ueberlaeufer den britischen Truppen und am 1. Februar lief ein Mann aus Jerusalem in Tor zu uns ueber.

Eine 50 Mann starke Truppe war von Nachle nach Tor vorgegangen. Sie fuehrte Verpflegsbedarf fuer 6 Tage mit sich (fuer jeden Mann pro Tag 3 Stuecke Buksmat und etwa eine Flasche voll Wasser und einige Oliven; die Offiziere jedoch waren ausgezeichnet verpflegt). Infolgedessen waren die Leute gezwungen, ihre Verpflegung um hohen Preis von den Beduinen zu kaufen, sodass sie manchmal fuer ein Ratl Mehl 10 Piaster bezahlen mussten. Als sie in die Naehe von Tor kamen, befahl ein deutscher Offizier einem Soldaten, den Telegraphendraht zu durchschneiden. Auf die Antwort, dass es ihm wegen der Hoehe des Drahtes unmoeglich sei, zog der Offizier seinen Saebel und schlug ihm die linke Hand ab. In der drauffolgenden Nacht entfloh dieser Soldat mit dreien seiner Kameraden zu uns.

Am 2. Februar entspann sich ein Gefecht zwischen britischen Truppen und dem Feinde auf dem oestlichen Kanalufer, gegenueber von Ismailieh. Da heftiger Sandsturm herrschte, der grosse Wolken von Sand aufpeitschte, so gingen die Unsrigen unbemerkt vom Feinde zurueck; doch auch der Feind vermochte nicht naeher an unsere Linien heranzukommen. Er verschwendete jedoch ausserordentlich viel Geschuetz- und Gewehr-Munition. Sein Feuer war aber schlecht gezielt und gaenzlich wirkungslos. Gegen 3 Uhr nachmittags zog sich der Gegner zurueck. An diesem Tage wurden 5 osmanische Soldaten und 1 Offizier gefangen. An diesem Tage blieb der Suezkanal fuer die Schiffahrt in beiden Richtungen geoeffnet, ebenso blieb der Eisenbahnverkehr ungestoert.

Waehrend dieser ganzen Tage ging eine betraechtliche Anzahl von ottomanischen Soldaten in das britische Lager ueber. Sie erklaerten, dass sie des Waffendienstes ueberdruessig seien und sich freuten, dem Heere entronnen zu sein. Einige dieser Fluechtlinge gehoerten zu einer Abteilung Irregulaerer unter dem Kommando von Mumtaz Bey, dem frueheren Adjutanten Enver Paschas. Diese Abteilung war aus Beduinen und Bauern aus Sued-Palaestina zusammengesetzt.

Diese Fluechtlinge, die Zivilkleidung trugen, beklagten sich ueber die duerftige Verpflegung und die schlechte Behandlung seitens der Offiziere und besonders des erwaehnten Mumtaz Bey. Sie versicherten, dass zahlreiche Soldaten an Flucht daechten und nur auf eine passende Gelegenheit dazu warteten.

In der Nacht vom 2. zum 3. Februar versuchte der Feind den Kanal in der Naehe der Station Toussoun zu forcieren. Die britischen Truppen liessen ihn ungehindert sein Brueckenmaterial heranschaffen und griffen ihn erst an, als er im Begriffe war, die Bruecke zu schlagen. Sie warfen ihn zurueck, sodass er in regelloser Flucht davon lief und alles herbeigeschaffte Material im Stiche liess. Eine Anzahl feindlicher Soldaten ertrank im Kanal.

Am Morgen des 3. Februar bei Tagesanbruch griff der Feind am Ostufer des Kanals gegenueber von Kantara an. Die britischen Truppen warfen ihn zurueck und fuegten ihm einen Verlust von nicht weniger als 16 Toten und Verwundeten zu. 40 Gefangene liess er in unseren Haenden. Die britischen Verluste betrugen nur 3 Verwundete. Der gesamte Angriff des Feindes auf dem Ostufer des Kanals dauerte von der Nacht zum 3. Februar bis Mitternacht des 4.

Die feindliche Infanterie griff Toussoun um ungefaehr 3 Uhr 20 morgens an. Eine andere feindliche Abteilung versuchte waehrenddessen, unter dem Schutze von Maxim-Gewehren, den Kanal auf Ponton-Bruecken und Floessen zu ueberschreiten. Als der Morgen graute, zeigte es sich, dass der feindliche Angriff hauptsaechlich gegen Toussoun gerichtet war. Seine Artillerie beschoss die Bahnhoefe von Toussoun und Serapëum. Die britische Artillerie und die Geschuetze eines Kriegsschiffes beantworteten das Feuer. Nach einiger Zeit, gegen 3 1/2 Uhr nachmittags, ging der feindliche Angriff in der Richtung auf Serapëum zurueck. Waehrend des Kampfes nahmen die britischen Truppen 8 Offiziere und 282 Mann gefangen: sie fanden vor ihren Stellungen eine grosse Zahl von feindlichen Gefallenen. Das Kriegsschiff „Hardinge“ wurde zweimal von einer Granate getroffen, wodurch zehn Mann seiner Besatzung verwundet wurden. Die britischen Verluste betrugen ausserdem 2 Offiziere und 13 Mann tot und 85 Verwundete: hiervon waren 1 Offizier und 2 Mann tot und 1 Mann verwundet von der egyptischen Artillerie, die sich ganz besonders auszeichnete. Am Morgen zeigte sich der Feind an der Faehre von Ismailieh am Ostufer des Kanals. Er hatte sich in Schuetzengraeben auf 700 - 800 yards vor den britischen Stellungen eingegraben. Zwei Kompagnien beschossen die Unsrigen mit Unterbrechung den ganzen Tag hindurch, ohne dass uns irgend welcher Schaden zugefuegt wurde.

In der Gegend von Kantara wurden die britischen Vortruppen zwischen 5 und 6 Uhr morgens angegriffen. Der Feind wurde zurueckgeworfen und verlor 21 Tote, 25 Verwundete und 26 unverwundete Gefangene.

Nach einer kurzen Pause machte der Feind einen Teilangriff etwas weiter suedlich. Unsere Truppen hinderten jedoch sein Vorgehen, sodass der Angriff auf 1200 yards vor unseren Stellungen zum Stehen kam. Hier liess er 8 weitere Tote auf dem Kampf-Platze zurueck. Die britischen Verluste betrugen einen leicht verwundeten Offizier, 4 Mann tot und 24 indische Soldaten verwundet.

Die feindlichen Streitkraefte waren nach niedrigster Schaetzung 12000 Mann stark, sie verfuegten ueber 6 Batterien. Die Haltung der englischen, indischen und egyptischen Soldaten verdiente hoechstes Lob.

Aus dem Voraufgegangenen geht hervor, dass der tuerkische Angriff auf Egypten die Feinde nur als Gefangene in die egyptische Hauptstadt gefuehrt hat.

Nach dem 4. Februar fand kein nennenswerter Zusammenstoss mehr statt, doch trafen britische Streifkorps auf dem oestlichen Ufer an diesem Tage 200 feindliche Soldaten, die sie gefangen nahmen. Ferner erbeuteten die britischen Truppen 3 Maxim-Geschuetze und eine Kolonne von 90 Kamelen mit Verpflegungsvorraeten.

Es ist festgestellt, dass der Feind am 2. und 3. Februar mehr als 400 Gefallene und 600 Gefangene sowie eine grosse Zahl von Verwundeten verlor; von den Letzteren nahm er die groesste Zahl bei seinem Rueckzuge mit sich. Rechnet man 5 Verwundete auf jeden Gefallenen, so betrug der Gesamtverlust wenigstens 2400 ausser den Gefangenen und etwa 3200 Mann mit den Gefangenen . Unter den Gefallenen war auch ein deutscher Offizier.

Die Zahl der Ueberlaeufer aus dem ottomanischen Herr vermehrte sich spaeter noch, und zwar beschraenkte sie sich nicht bloss auf die Araber, sondern auch anatolische Soldaten lieferten sich den britischen Truppen aus. Niedergeschlagenheit und Schmerz ueber das Zusammenbrechen ihres Angriffes vom 2. Februar hatte sich ihrer bemaechtigt. Einige von ihnen sagten aus, dass sie zu ihren Regimentern zurueckkehren wollten; als sie jedoch die deutschen und tuerkischen Offiziere auf die Fliehenden haetten feuern sehen, haetten sie es vorgezogen, zu den britischen Truppen, Gnade flehend, ueberzugehen. Kein feindlicher Soldat ist waehrend der Schlacht auf das Westufer des Kanals gelangt, ausser 4 Soldaten, die vom Schlachtfelde geflohen waren und sich spaeter in der Provinz Charkieh der Regierung auslieferten.

Zwei Unteroffiziere des 75. ottomanischen Regiments, die bei Toussoun gefangen wurden, sagten aus: „Unser Regiment - das 75. - marschierte von Bir Seba nach Hafir al Audscha. Nachdem wir das Wadi el Arisch gekreuzt hatten, zogen wir durch die Wueste bis zu einem Punkte namens Kataib el Chel, etwa 4 Stunden vom Kanal entfernt. Wir hatten mit uns eine Reihe von Floessen, die auf Wagen gelegt waren, die von Ochsen und Bueffeln gezogen wurden. In Kataib el Chel wurden wir in eine Anzahl von Kolonnen geteilt. Jede dieser Kolonnen erhielt den Befehl, einen bestimmten Punkt des Kanals anzugreifen. Die Kolonne, zu der wir gehoerten, bestand aus einem halben Bataillon, etwa 500 - 600 Mann. Sie hatte den Auftrag, die Station Toussoun anzugreifen. Wir marschierten bis an den Kanal. Kaum waren wir jedoch angekommen, so wurden wir durch ein heftiges, wohlgezieltes Feuer empfangen, das uns schwere Verluste zufuegte. Als uns dann der Feind im Ruecken noch umging, wurde die Niederlage vollkommen und wir fielen in Gefangenschaft. Unser Fuehrer, Major Aref Bey, wurde verwundet vom Kampfplatz getragen. Unsere Fuehrer wurden zur Uebergabe gezwungen.“

Ein Leutnant vom 74. Regiment sagte Folgendes aus:

„Die Truppe, in der ich Offizier war, begann den Vormarsch auf die befohlene Stelle am Dienstag den 2. Februar, um 6 Uhr abends. Die ganze Nacht durch wurde marschiert. Gegen Sonnenaufgang begann das Gefecht, ich war Offizier bei der 2. Sturmkolonne. Als die 1. Kolonne zum Stillstand gebracht und am weiteren Vorruecken verhindert war, versuchten wir ihr Huelfe zu bringen, doch jedesmal wenn wir uns dem Kanal naehern wollten, verstaerkte sich das Gewehrfeuer. Gleichwohl gelang es uns, ein Ponton ins Wasser zu bringen und eine halbe Kompagnie einzuschiffen. Unsere Verluste waren dabei sehr stark, denn das Ponton wurde auf allen Seiten durchloechert und ging mit seiner ganzen Mannschaft unter; dabei wurde ich verwundet. Ich stieg ans Ufer mit zwei Schiffern und einem Soldaten. Dies waren die einzigen, die von einer halben Kompagnie uebrig waren. Darauf fiel der Soldat und ein Schiffer, und ich und der andere Schiffer entgingen allein dem Tode. Wir ergaben uns dann einer indischen Abteilung.“ Bei dem Leichnam des deutschen Majors, der waehrend des Gefechtes bei Serapëum gefallen ist, wurde eine weisse Fahne gefunden, die sorgfaeltig in einen Stoffbeutel eingehuellt war. Es stellte sich heraus, dass die Verluste des Feindes waehrend des Sturmes auf den Suezkanal schwerer waren, als wir selbst anfangs annahmen. Eine genaue Angabe der Gefallenen war nicht moeglich wegen der grossen Ausdehnung des Schlachtfeldes, das sich ueber die ganze Linie des Kanals erstreckte. Die britischen Patrouillen fanden mehr als 500 Tote, darunter 6, die ertrunken waren; die Toten wurden bestattet. Die Zahl der Gefangenen betraegt 652, darunter 100 Verwundete, ausserdem gehen noch immer Leute einzeln und in Gruppen zu uns ueber.

Die ottomanische Armee ist in vollem Rueckzuge nach Osten begriffen, sodass zur Zeit kein Feind mehr auf eine Entfernung von 20 Meilen vom Kanal steht. Auch auf groessere Entfernungen hin sind nur noch kleinere Trupps des geschlagenen Heeres auf der Sinai-Halbinsel. Das ist der Erfolg der Verzweiflung, die sich der feindlichen Truppen nach ihrer Niederlage vom 2. und 3. Februar bemaechtigt hat und des Wassermangels im westlichen Teil der Sinai-Wueste. Es ist jetzt noch nicht zu uebersehen, ob diese Truppen die moralische Kraft besitzen werden, um ihren Angriff auf den Kanal zu erneuern oder nicht.

In einer ihrer Veroeffentlichungen aus dem vergangenen Monat hat die Regierung erklaert, dass die Tuerken nur als Kriegsgefangene dieses Land betreten wuerden. Heute sieht unser Volk die Wahrheit dieses Ausspruches ein, denn am Abend des 3. Februar trafen in der Hauptstadt bereits 40 Gefangene ein, und am Morgen des naechsten Tages folgten ihnen weitere 256, darunter 9 Offiziere. Spaeter kamen die Gefangenen zu Hunderten in Cairo an. Die Leichtverwundeten wurden in den gewoehnlichen Lazarettzuegen untergebracht, die Schwerverwundeten fanden in den Lazarettzuegen des roten Kreuzes Aufnahme; sie werden genau so behandelt wie die britischen Verwundeten. Die Regierung wendet diesen Verwundeten die groesste Sorgfalt zu. Viele von ihnen wurden befragt, ob sie mit der Behandlung und Verpflegung zufrieden seien. Sie antworteten, sie glaubten zu traeumen, so sehr muessten sie die Sorgfalt loben, die man auf sie aufwendete. Einer erklaerte, wenn sich unsere Regierung nur ein Viertel so viel Muehe um uns gaebe, so wuerde das ottomanische Heer die beste und gluecklichste Armee der Welt sein, denn die Ansprueche und Beduerfnisse unserer Soldaten sind gering im Vergleich zu denjenigen anderer Armeen. Ein gefangener Offizier aus Damaskus sagte, als er gefragt wurde, was ihn denn in dieses Land gebracht haette: „Gott verfluche diejenigen, die uns hierhergebracht und unser Land verwuestet und uns von unseren Familien gerissen und uns dem Elend preisgegeben haben. Sie haben uns zu Tausenden in den Tod geschickt.“

Seine Majestaet der Sultan hat geruht, die britischen, indischen und osmanischen Verwundeten zu besuchen. Er unterhielt sich mit den Arabern auf arabisch und mit den Tuerken auf tuerkisch und befragte sie nach ihrem Befinden und nach ihrer Heimat. Als er sie mit freundlichen Worten troestete, dankten sie ihm Alle und drueckten ihm ihre Freude ueber die gute Behandlung aus. Einer von ihnen erklaerte: „Wir haben in unserem Leben nichts Aehnliches gesehen und nie zu hoffen gewagt, so viel Gnade von einem Sultan zu erleben.“

Besonders ausgezeichnet hat sich die egyptische Artillerie, deren vorzuegliche Haltung im Gefecht immer der egyptischen Armee eine Erinnerung an ihren Ruhm, ihre Treue und Standhaftigkeit sein wird.

Das ist die Geschichte der deutschen Enver-Expedition gegen Egypten.“

Man mag sie mit den laecherlichen Berichten verbreiten [vergleichen], welche die dem Namen nach ottomanische, in Wirklichkeit deutsche Telegrafen-Agentur in die Welt gesetzt hat. Diese Berichte sollen nur dazu dienen, die einfaeltigen Tuerken zu taeuschen und den Leuten Sand in die Augen zu streuen, damit sie nicht die Groesse ihrer Niederlage und ihrer Verluste erkennen, jedoch die zahlreichen Beweise, die sie mit Augen gesehen und mit Haenden gegriffen haben, werden die offizielle Berichterstattung Luegen strafen.

Die ottomanische Telegrafen-Agentur hat erklaert: „Unsere siegreichen Soldaten haben den Suez-Kanal ueberschritten, nachdem sie ein britisches Kriegschiff verbrannt, ein zweites beschaedigt und ein drittes versenkt und ein viertes zur Flucht gezwungen haben. Bei alledem haben wir nur 4 Mann verloren, waehrend die Verluste des Feindes unzaehlig sind.“ Und dabei weiss jeder Mensch, dass die Regierung dieses Landes und die Macht, die dieses Land beschuetzt, den ottomanischen Voelkern nicht uebel will, denn sie weiss, das die Tuerkei nur durch die Intrigen der Deutschen geleitet wird, die die Machthaber in Konstantinopel bestochen haben. Sie haben die Ottomanen und die Araber in den Krieg gehetzt.“

Die Fuehrer der ottomanischen Armee moegen darauf Acht geben, dass sie die zwischen zivilisierten Voelkern geltenden Kriegsgesetze beobachten und moegen bedenken, dass die Deutschen sich mit unausloeslicher Schande besudelt haben. Deshalb moegen die ottomanischen Heerfuehrer auf der Hut sein, ihr Kommando nicht den Deutschen auszuliefern, sondern so handeln, wie es die Soldatenehre befiehlt.



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