1915-06-28-DE-004
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Quelle: DE/PA-AA/R 19989
Zentraljournal: 1915-A-19394
Erste Internetveröffentlichung: 2017 Juni
Edition: Die deutsche Orient-Politik 1915.06-1916.12
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: K. Nr. 54/J. Nr. 965
Zustand: A
Letzte Änderung: 11/19/2017


Der Konsul in Jaffa (Brode) an den Reichskanzler (Bethmann Hollweg)

Bericht


Jaffa, den 28. Juni 1915

Am 22. d.M. nachmittags gegen 5 Uhr traf ein französischer Kreuzer, der sich schon öfters vor Jaffa gezeigt hat und nach seiner Bauart für den „D’Estrées“ gehalten wird, auf der hiesigen Reede ein, gefolgt von 6 Segelbooten, die er in der Gegend von Cäsarea aufgebracht hatte. Fünf der Boote kamen aus Haifa und hatten Nahrungsmittel (Zwieback, Gerste und Mehl) für Gaza geladen. Das sechste und größte hatte eine Orangenladung von Jaffa nach Beirut an Bord und sechs beurlaubte Soldaten als Passagiere. Die Soldaten und die Besatzung der sechs Boote, insgesamt etwa 30 arabische Bootsleute, wurden gefangen genommen und an Bord des D’Estrées gebracht, während die erbeuteten Boote von französischen Matrosen bedient wurden.

Der Kreuzer legte sich, wie er dies schon früher einige Male in ostentativer Weise getan hatte, auf der Rede vor Anker, umgeben von den gleichfalls zu Anker gehenden sechs erbeuteten Booten. Am nächsten Morgen fuhr das Geschwader in Richtung Egypten ab, blieb aber in Sehweite und kehrte am Abend zurück, um wieder vor Anker zu gehen.

Am 24. Morgens 8 Uhr versenkte der Kreuzer das größte der Segelboote durch vier aus nächster Entfernung abgegebene Kanonenschüsse und fuhr dann mit den übrigen 5 Booten in Richtung auf Cypern ab.

Am 23. bei Tagesanbruch erschien von Norden her ein die englische Flagge führender Hilfskreuzer, der gleichfalls sich schon öfters vor Jaffa gezeigt hatte und liess, wie in früheren Fällen, einen Hydroplan steigen. Das Flugzeug wollte offenbar die neue Bahnlinie Nablus-Lydda und die Truppenstellungen bei Ramleh und Bir Salem erkunden. Am letzteren Platz wurde es mit Schrapnells beschossen; man hörte deutlich die Kanonenschüsse und konnte auch die Wölkchen der zerplatzenden Geschosse am Himmel erkennen. Bei Lydda warf der Flieger eine Bombe ab, die, ohne Schaden anzurichten, bei einigen der Heuschreckenjagd obliegenden Arbeitern niederfiel.

Im Süden von Jaffa wurde der Hydroplan wieder von seinem Schiffe aufgenommen, das dann in nördlicher Richtung abfuhr.

Abschrift dieses Berichts übersende ich der Kaiserlichen Botschaft und dem Generalkonsulat in Jerusalem.


Dr. Brode.



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