1915-07-14-DE-001
Deutsch :: de
Home: www.armenocide.net
Link: http://www.armenocide.net/armenocide/ArmGenDE.nsf/$$AllDocs/1915-07-14-DE-001
Quelle: DE/PA-AA/R 19996
Zentraljournal: 1915-A-21466
Erste Internetveröffentlichung: 2017 Juni
Edition: Die deutsche Orient-Politik 1915.06-1916.12
Telegramm-Abgang: 07/15/1915 01:50 AM
Telegramm-Ankunft: 07/15/1915 03:48 AM
Praesentatsdatum: 07/15/1915 a.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: Nr. 1603
Zustand: A
Letzte Änderung: 11/19/2017


Der Botschafter in Konstantinopel (Wangenheim) an das Auswärtige Amt

Telegraphischer Bericht


Pera, den 14. Juli 1915

Geheim.

Marschall Liman von Sanders hat in der letzten Zeit wiederholt deutsche Offiziere, mit denen er unzufrieden war, aus den Dardanellen zurückgeschickt. Am meisten Aufsehen hat eine derartige Maßregelung des Generals Weber gemacht. Weber, der von seinen türkischen und deutschen Untergebenen auf das höchste verehrt und geschätzt war und sich als Kommandant der Sedulbahr Truppen große Verdienste erworben hatte, war mit General Liman von Sanders in Meinungsverschiedenheiten geraten. Der Marschall bestand darauf, die Alliierten unter allen Umständen ins Meer zu werfen, was Weber angesichts der bisherigen Verluste und mangels ausreichender Munition für unausführbar hielt. Die Ereignisse haben zweifellos Weber Recht gegeben. Am bedenklichsten ist, daß Weber nunmehr durch einen türkischen Offizier ersetzt worden ist, was von den Türken so ausgelegt wird, als ob ihre Ausbildung bereits einen Grad erreicht hat, welcher die Verwendung deutscher Offiziere unnötig macht. Das Ansehen der Mission hat darunter gelitten, und dem immer stärker hervortretenden türkischen Nationalismus ist Vorschub geleistet worden. Dieser Chauvinismus ist die Gefahr für unsere jetzigen und späteren Aufgaben in der Türkei. Auch Enver wird mehr und mehr von ihm ergriffen und billigt daher die Abberufung Webers. Heute ist nun beim hiesigen Oberkommando eine Mitteilung Liman von Sanders eingetroffen, wonach dieser es ablehnt, den Oberstleutnant Schwabe, der sich auf Befehl Envers als Führer einer Division nach den Dardanellen begeben hatte, dort zu behalten. Schwabe sei nicht der gestellten Aufgabe gewachsen, weil er längere Zeit außer Dienst gewesen sei. Das Hauptquartier bittet mich auf Liman von Sanders einzuwirken, damit er seinen Befehl zurücknimmt. Ich muß dieses ablehnen, um nicht in neue Konflikte mit dem Marschall zu geraten. Auf Frhr. von der Goltz kann ich …[Gruppen fehlen]… , da derselbe selbst das Oberkommando an den Dardanellen anstrebt. Auch eine Einwirkung von unserem Hauptquartier aus würde bei dem bekannten Charakter Liman von Sanders nur unheilvoll wirken und alle möglichen Rankünen hinterlassen. Der einzige Ausweg ist, daß Oberst von Lossow so schleunig wie möglich hierher gesandt wird. Inzwischen wird durch Herrn von Neurath in seiner Eigenschaft als stellvertretender Militärattaché Marschall Liman von Sanders ein vorsichtiger Wink gegeben werden.


[Wangenheim.]



Copyright © 1995-2024 Wolfgang & Sigrid Gust (Ed.): www.armenocide.net A Documentation of the Armenian Genocide in World War I. All rights reserved