1915-07-18-DE-002
Deutsch :: de
Home: www.armenocide.net
Link: http://www.armenocide.net/armenocide/ArmGenDE.nsf/$$AllDocs/1915-07-18-DE-002
Quelle: DE/PA-AA/R 20189
Zentraljournal: 1915-A.S. -3787
Erste Internetveröffentlichung: 2017 Juni
Edition: Die deutsche Orient-Politik 1915.06-1916.12
Praesentatsdatum: 07/19/1915 p.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: Nr. 377
Zustand: A
Letzte Änderung: 11/19/2017


Der Gesandte in Sofia (Michahelles) an das Auswärtige Amt

Telegraphischer Bericht


Sofia, den 18. Juli 1915

Fürst Hohenlohe berichtet über seine Unterredungen mit dem König wie folgt:

Ich wurde gestern gleich nach Ankunft vom König von Bulgarien in offizieller Audienz empfangen, wozu auch Oberst von Lossow befohlen war. Der König äusserte seine Ueberzeugung dass der Sieg der Entente das Ende seiner Dynastie und der Selbständigkeit Bulgariens bedeuten würde. Deshalb habe er trotz der verlockenden Anerbieten und scharfer Drohungen der Entente Neutralität gewahrt und werde es auch fernerhin tun.

Aus Constantinopel habe er beunruhigende Nachrichten über die Munitionsfrage. Er seinerseits tue, was er könne, um Munition durchzubringen, da es auch für ihn Lebensfrage sei, dass die Meerengen gehalten würden. Die bulgarischen Bemühungen in der Munitionsfrage scheiterten an der hartnäckigen Weigerung Rumäniens, die Durchfahrt zu gestatten.

Auf meine Frage, ob er aktiv gegen Serbien vorgehen wolle, antwortete er verneinend. Die serbische Armee habe sich in den Monaten der Ruhe erholt und sei mit allem Nötigen ausgerüstet. Eine Kriegserklärung an Serbien würde eine Kriegserklärung der Entente an Bulgarien bewirken. Hierdurch würde eine Bewegung der starken und einflussreichen russophilen Partei im Lande veranlasst werden, die ihm den Thron kosten könnte. Wahrscheinlich würde ihn Griechenland im Rücken angreifen und bei Rumäniens Unzuverlässigkeit müsse er auch von dort einen Angriff erwarten. Da die englisch-französische Flotte Dedeagatsch blockieren könnte, würde Bulgarien vollständig von der Welt abgeschnitten sein.

Auch falls wir eine Armee gegen Serbien schickten, könne er Kooperation nicht sicher in Aussicht stellen. Meine Anregung, einen Offizier in’s Grosse Hauptquartier behufs Besprechung der Modalitäten einer eventuellen Cooperation zu senden, lehnt er nicht ab, verwies mich an Minister-Präsidenten.

Letzterer erklärte sich in heutiger Besprechung mit diesem Gedanken einverstanden. König und Minister-Präsident können sich nicht entschliessen, die beiden Prinzen zu unserer Armee zu entsenden, weil darin eine Bulgarien kompromittierende Stellungnahme läge. Bei heute bevorstehendem Landausflug werde ich suchen, die Zustimmung des Königs zur Sendung Generalstabsoffiziers unter Hinweis auf die Auesserung des Minister-Präsidenten zu erreichen.

Abreise heute nach Cospoli.

Hohenlohe.


[Michahelles]



Copyright © 1995-2024 Wolfgang & Sigrid Gust (Ed.): www.armenocide.net A Documentation of the Armenian Genocide in World War I. All rights reserved