1915-07-21-DE-001
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Quelle: DE/PA-AA/BoKon/169
Erste Internetveröffentlichung: 2003 April
Edition: Genozid 1915/16
Zustand: A
Letzte Änderung: 03/23/2012


Aufzeichnung des Generalkonsuls in der Botschaft Konstantinopel (Mordtmann)





Pera, den 21. Juli 1915

Frl. Thora Wedel-Jarlsberg (Norwegerin) und Frl. Eva Elvers, die bis vor kurzem in Erzerum und dann in Erzindjan in türkischen Spitälern (zuletzt in dem von Dr. Colley geleiteten Rotenkreuzlazaret in Erzindjan) als Pflegerinnen beschäftigt gewesen, waren heute bei mir. Beide kennen Land und Leute in Türkisch-Armenien und speziell Kurdistan durch ihre langjährige Tätigkeit bei den Missionen des Hilfsbundes etc. aus eigener Anschauung.

Ihre Auffassung von den armenischen Angelegenheiten war die, daß die Armenier sich das Unglück, das über sie gekommen sei selber zuzuschreiben hätten; die Hauptschuld trügen die beiden Vereine Dachnakzutiun u. Hintschak, die die armenische Bevölkerung seit Jahren systematisch bearbeitet u. terrorisiert hätten. Die türkische Regierung habe vollständig Recht gehabt gegen diese unsichern Elemente einzuschreiten.

Aber ebenso unverhohlen äußerten beide Damen ihre Abscheu und Entrüstung über die Niedermetzelung der wehrlosen und unschuldigen Bevölkerung namentlich Frauen und Kinder in der Umgebung von Erzerum und im Vilajet Siwas.

Die Schilderung der Einzelheiten stimmt vollständig mit dem überein, was uns der Major Dr. Pietschmann erzählt hat, der fast gleichzeitig mit den Damen die Reise von Erzerum hierher gemacht hat, und, wenn sie unter dem Eindruck der Greuel, die sie mit eigenen Augen gesehen, diese ihre Gefühle offen geäußert haben und versuchten einzelne dem Tode geweihte Kinder zu retten, so ist dies vom menschlichen Standpunkte mindestens begreiflich und entschuldbar.

Wie bekannt führte diese unvorsichtige Haltung dazu daß der Mutessarrif von Erzindjan sie zur Abreise von Erzindjan, zunächst nach Siwas veranlaßte.

Was Herrn Dr. Colley anbetrifft, so stellte er sich auf den streng korrekten Standpunkt der Nichtintervention; wenn die Darstellung der genannten Damen richtig ist, so ist er darin zu weit gegangen, insofern er zuletzt nicht gehindert hat, daß sie auf Befehl des Mutessarrifs die Reise ohne genügenden Schutz antreten mußten und es ihnen nicht einmal gestattet wurde die Ankunft des Dr. Pietschmann, der den folgenden Tag in Erzindschan eintraf, abzuwarten, um mit diesem zusammen zu reisen.

Beide Damen hatten die Absicht gehabt von Erzindschan nach Harput (Mesere) zu reisen, wo sie ihre sämtlichen Sachen s.Z. zurückgelassen hatten.

In Kaissarié waren sie mit HGf. [Herrn Graf] v. Schulenburg zusammengetroffen.



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