1915-08-13-DE-004
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Quelle: DE/PA-AA/R 20003
Zentraljournal: 1915-A-24349
Erste Internetveröffentlichung: 2017 Juni
Edition: Die deutsche Orient-Politik 1915.06-1916.12
Telegramm-Abgang: 08/13/1915 10:30 AM
Telegramm-Ankunft: 08/14/1915 06:50 PM
Praesentatsdatum: 08/18/1915 p.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: Nr. 3; 9
Zustand: A
Letzte Änderung: 11/19/2017


Der Marineattaché in Athen (Grancy) an den Admiralstab der Marine

Telegraphischer Bericht


Athen, den 13. August 1915

Für Stabamt Berlin.

Situationsbericht – Aufnahme den 13. August:

Starke Mehrheit für Venizelos gesichert. Sie macht dessen oder eines seiner Strohmänner Wahl als Ministerpräsidenten wahrscheinlich. Taktik der Krone scheint noch nicht festzustehen, Kenner erwarten baldige Auflösung der neuen Kammer und Neuwahlen, aus denen die jetzige Regierungspartei mit Majorität hervorgehen soll. Stimmung im Volke gegen Bulgarien, England, Italien, Inselbevölkerung wegen zahlreicher Flüchtlinge aus Kleinasien auch gegen die Türkei, für Frankreich und Serbien. Im ganzen Lande starke Sympathie für Deutschland, die das alte eingewurzelte Misstrauen gegen Österreich etwas in den Hintergrund treten lässt.

Im Fall des Eingreifens Bulgariens gegen Serbien erwarten König und Gesandtschaft Komplikationen für Griechenland, wenn Serbien Bündnisfall geltend machen kann, d.h. wenn Bulgarien allein oder gleichzeitig mit Zentralmächten Serbien angreift. Nach meinen Feststellungen in Sofia ist dieser Fall unwahrscheinlich, Bulgarien wird bei deutsch-österreichischem Vormarsch in Serbien vielmehr serbisch-Mazedonien unter Vorwänden beschreiten und Kriegserklärung vermeiden bis Verbindung mit Zentralmächten hergestellt. Die ihm in dieser Form gebotene Möglichkeit, neutral zu bleiben, würde Griechenland sicherlich ausnutzen. Bei der Gegenseitigkeit des Hasses zwischen Bulgarien und Griechenland ist jedoch gewaltsames Austragen auf die Dauer doch zu erwarten. Sollten sich Streitigkeiten schon während des Weltkrieges nicht vermeiden lassen, so scheint mir Deutschlands Interesse ein weiteres Eintreten für Griechenland gegen Bulgarien auszuschliessen. Das jetzige Bestreben Griechenlands durch Herstellung einer direkten Landverbindung mit den Zentralmächten den wirtschaftlichen Druck der Entente zu mildern, sollte dagegen unsere volle Unterstützung finden.

Auch Griechenland erwartet von Deutschland Durchführung der Unternehmung gegen Egypten, deren Bedeutung als eine der wichtigsten Kriegsziele auch allen massgebenden deutschen Kreisen zum Bewusstsein gebracht werden müsste.


[Grancy, Mirbach]



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