1915-08-26-DE-002
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Quelle: DE/PA-AA/BoKon/96/Bl. 199-205
Botschaftsjournal: 10-12/1915/7185
Erste Internetveröffentlichung: 2010 April
Edition: Deportationsbestimmungen
Zustand: A
Letzte Änderung: 03/23/2012


Franz Apell-Dörr an den deutschen Botschafter in außerordentlicher Mission in Konstantinopel (Hohenlohe Langenburg)

Privatschreiben



Lausanne, 26. August 1915
Ew. Durchlaucht

1) gestattet sich der ganz gehorsamst Unterzeichnete die von einem meiner Freunde in Erfurt, wo ich früher wohnte, gefertigte Aufnahme eines Gesangbuches ehrfurchtsvoll zu überreichen in der Annahme, dass dies Bild für Höchstdieselben ein gewisses Interesse haben dürfte.

Das mit Silber beschlagene Buch wurde 1896 in Wandersleben, einem preußischen Dorf zwischen Erfurt und Gotha bei Reparatur der dortigen Kirche in einer Gruft gefunden und wird, so viel mir bekannt, in der Kirche verwahrt. Die Buchstaben der Inschrift sind zu deuten:

Anna Agnes geb. Gräfin von Hohenlohe und Langenburg, Gräfin zu Gleichen, Spiegelberg und Pyrmont, Frau zu Conna, Philipp Ernst Graf zu Gleichen, Spiegelberg und Pyrmont, Herr zu Conna. Größe 16 x 9,5 cm.

Ich zweifle nicht, dass dies Familiendenkmal auf Ew. Durchlaucht Ersuchen herausgegeben wird.

2) Diese Gelegenheit benutze ich noch um der Kaiserlichen Botschaft meinen verbindlichsten Dank für die tatkräftige Hilfe und die wertvollen Ratschläge auszusprechen, die meiner dort bei unserer verheirateten Tochter Frau Dr. med. Tschilinguirian seit 2 Monaten zum Besuch weilenden Frau zuteil geworden sind.

Herr Geheimrat Mordtmann hat sich ihrer sehr angenommen, aber leider läßt sich die durch Exilierung hervorgerufene bedauerliche Lage meines Schwiegersohnes von hier aus nur schwer beurteilen. Ebenso gering ist auch der Einfluss, den ich von hier aus auf Besserung seiner Lage erzielen konnte, sodass ich die untertänigste Bitte auszusprechen mir erlaube, es möge die Kaiserliche Botschaft sich weiter der Angelegenheit annehmen, den beiden Damen wegen der Familie in ihrer Sorge um das Leben meines unschuldig verschickten Schwiegersohnes beistehen und ihnen nach Möglichkeit freundlichst helfen.

Der Kaiserliche Gesandte in Bern, Herr Freiherr von Romberg, den ich unlängst in gleicher Sache zu sprechen die Ehre hatte, hat mir in liebenswürdigster Weise seine Unterstützung zugesagt. Möchten doch alle Bemühungen von gewünschtem Erfolg begleitet sein.

In höchster Verehrung verharre ich

Eurer Durchlaucht untertänigster
Franz Apell-Dörr
Leutnant d.L. a.D
Inhaber des S. Ernest Hausordens II. Cl. und der Herzog-Ernst-Medaille.

[Botschaft an Frau Apell-Dörr 15.9.]


Seine Durchlaucht der Fürst zu Hohenlohe-Langenburg beauftragt mich Ihnen für die mit Ihrem Schreiben vom 26. v.Mts. übersandte Aufnahme des alten Gesangbuches aus der Kirche von Wandersleben seinen verbindlichsten Dank auszusprechen.

Was die Angelegenheit Ihres Schwiegersohnes, des Dr. med. Tschilinguirian anbetrifft, so dürfte Ihnen wohl schon durch Frau Apell bekannt geworden sein, daß Genannter Ende August auf dem Wege von Kianghri nach Angora von Mörderhand gefallen ist. Die Kaiserliche Botschaft bedauert lebhaft diesen traurigen Ausgang und hat in Verbindung mit dem Kaiserlichen Generalkonsulat Vorsorge getroffen, damit Frau Apell mit ihrer Tochter und ihren Enkelkindern ungefährdet nach Deutschland zurückkehren kann. Ich möchte noch hinzufügen, daß nach Auskunft der Hohen Pforte vier von den Mördern, deren Opfer Ihr Schwiegersohn geworden ist, festgenommen sind und die Verfolgung der übrigen fortgesetzt wird.


M[ordtmann]


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