1915-08-27-DE-003
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Quelle: DE/PA-AA/R14087
Zentraljournal: 1915-A-28189
Erste Internetveröffentlichung: 2003 April
Edition: Genozid 1915/16
Praesentatsdatum: 09/28/1915 p.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: Bericht Nr. 39/J. Nr. 407
Zustand: A
Letzte Änderung: 03/23/2012


Der Konsul in Trapezunt (Bergfeld) an den Reichskanzler (Bethmann Hollweg)

Telegraphischer Bericht



Bericht Nr. 39 / J. Nr. 407
Trapezunt, den 27. August 1915.

Im Anschluß an Bericht vom 25.7. 1

Bei der allgemeinen Deportation der Armenier aus Trapezunt blieben einzelne von ihnen mit der mündlichen oder schriftlichen Genehmigung des Wali hier. Es handelt sich um die Beamten der Ottoman-Bank, der Tabakregie, zwei Frauen von Beamten und einige allein stehende Frauen. Diese werden nun nachts abgeschoben und anscheinend unmittelbar vor der Stadt ermordet. Der Wali von Trapezunt ist wohl Mitglied des jungtürkischen Komitees, aber er bemühte sich seine Unabhängigkeit zu wahren, und er war bestrebt, die Maßnahmen gegen die Armenier nach Möglichkeit abzuschwächen. Auf seinen Einfluß dürfte die inzwischen erfolgte Abberufung des hiesigen Inspektors und Führers des Komitees Nai Bey zurückzuführen sein. Leider findet er bei seinen Beamten und den Polizeiorganen keinerlei Unterstützung. Sie bereichern sich mit geringen Ausnahmen bei der Räumung der armenischen Häuser auf das schamloseste. So hat der Wali gegen die Verbrecher an armenischem Leben und Eigentum nicht aufkommen können. Andererseits müßte es seiner Natur widersprechen, machtloser Zuschauer der von ihm gemißbilligten Übeltaten zu bleiben. Hierauf dürfte es zurückzuführen sein, daß er das Feld geräumt und sich unter einem unbedeutenden Vorwand auf etwa drei Wochen ins Innere begeben hat.

Die geschilderten Vorkommnisse sind nicht nur im Hinblick auf das deutsche und das türkische Ansehen, sowie aus allgemein menschlichen Gründen bedauerlich, sie bieten auch die Gefahr, daß die Komiteeleute an einer derartigen mühelosen Bereicherung Gefallen finden und im gegebenen Moment gegen die griechische Bevölkerung in derselben Weise vorgehen, falls jetzt keine Bestrafung erfolgt. Diese ist nur durch die Errichtung eines Kriegsgerichts in Trapezunt zur Untersuchung und Aburteilung der Angelegenheit möglich. Indessen wird die Stellung der Richter nicht leicht sein. Sie werden nicht nur Versuchen einer Bestechung aus der armenischen Beute ausgesetzt sein, sondern laufen auch Gefahr, durch ein Vorgehen gegen die Komiteeleute ihre Zukunft zu kompromittieren.

Ich habe der Kaiserlichen Botschaft in Konstantinopel telegraphisch Bericht erstattet und Abschrift dieses Berichts eingereicht.


[Bergfeld]

1A 23905.



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