1915-09-11-DE-004
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Quelle: DE/PA-AA/R 20191
Zentraljournal: 1915-A.S.-4743
Erste Internetveröffentlichung: 2017 Juni
Edition: Die deutsche Orient-Politik 1915.06-1916.12
Telegramm-Abgang: 09/12/1915 02:00 AM
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: Nr. 678
Zustand: A
Letzte Änderung: 11/19/2017


Der Staatsekretär des Auswärtigen Amts (Jagow) an die Gesandtschaft Athen

Telegraphischer Erlaß


Berlin, den 11. September 1915

Abschrift.

Geheim.

Im Anschluß an Tel. Nr. 677.

Antwort auf Wunsch des Königs.

1. Die Zugehörigkeit zu Griechenland der ihm durch den Londoner Vertrag zugesprochenen Inseln Chios, Samos und Mytilene betrachtet die Kaiserliche Regierung auch weiterhin als bestehend.

2. Das griechische Element hat die Kaiserliche Regierung schon bisher dauernd zu schützen gesucht und wird dies auch weiterhin tun, soweit es ihr nach Maßgabe ihres diplomatischen Einflusses in Konstantinopel möglich ist.

3. Zu einer finanziellen Unterstützung Griechenlands ist die Kaiserliche Regierung bereit, soweit dies mit Rücksicht auf die eigene Finanzkraft Deutschlands und die finanziellen Bedürfnisse seiner Bundesgenossen möglich erscheint.

4. Die Kaiserliche Regierung ist stets auf die Erhaltung der territorialen Integrität Griechenlands gerichtet gewesen. Sie wird auch weiterhin dafür eintreten. Eine diesbezügliche formelle Garantie vermag sie aber nicht zu geben, da dies gegebenenfalls eine kriegerische Intervention erforderlich machen würde, wie sie nur durch Bündnisverträge ausbedungen wird.

5. Hinsichtlich des Hinterlandes von Salonik hat sich die Bulgarische Regierung uns gegenüber verpflichtet, Doiran und Gewgeli während eines etwa jetzt bevorstehenden Krieges nicht zu besetzen und der Annexion an Griechenland bei Friedensschluß zuzustimmen, wenn die Griechische Regierung sich ihrerseits verpflichtet, die beiden Gebiete gleichfalls nicht zu besetzen und während des Krieges neutral zu bleiben. Die betreffenden Erklärungen müssen geheim gehalten werden. Weitere Zusicherungen vermag die Kaiserliche Regierung nicht zu geben.

6. Die Kaiserliche Regierung hat bereits erklärt, daß sie für eine Annexion albanischen Gebietes an Griechenland eintreten werde, und erneuert ihre Zusage.

7. Die Kaiserliche Regierung wird sich bemühen, von der Kaiserlich Ottomanischen Regierung die Zusicherung einer Zession des Dodekanes zu erreichen. Die etwaige diesbezügliche Zusicherung wird geheim zu halten sein.

Obige Zusicherungen haben nur Gültigkeit für den Fall, daß Griechenland während des jetzigen Krieges gegenüber Deutschland und seinen Verbündeten eine wohlwollende Neutralität bewahrt. Diese erfolgen mit ausdrücklicher Zustimmung S.M. des Kaisers. Ew. pp. wollen dieselben S.M. dem König persönlich machen und sind ermächtigt, wenn König dies wünscht, ihm die Erklärung schriftlich zu geben, doch wäre darüber zu setzen: „Vertraulich. Für S.M. den König von Griechenland persönlich bestimmt.“

Wenn König Einwände gegen die vielfach bedingte Form der Zusicherungen machen sollte, wollen EW. pp. hervorheben, daß die gewünschte schriftliche Form außergewöhnlich ist und daher vorsichtig und genau gefaßt sein muß, und daß wir nicht mehr zuzusichern pflegen als wir halten zu können glauben.

Wegen Dodekanes ist noch keine Antwort der Türkei erfolgt. Griechischen Gesandten in Constantinopel von Verhandlungen zu verständigen, wäre unzweckmäßig.

Wir vertrauen darauf daß unsere Erklärungen nicht veröffentlicht werden sondern geheim bleiben.


[Jagow]



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