1915-09-16-DE-005
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Quelle: DE/PA-AA/R 20191
Zentraljournal: 1915-A.S.-4881
Erste Internetveröffentlichung: 2017 Juni
Edition: Die deutsche Orient-Politik 1915.06-1916.12
Telegramm-Abgang: 09/16/1915 11:20 PM
Telegramm-Ankunft: 09/17/1915 08:30 PM
Praesentatsdatum: 09/18/1915 a.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: Nr. 1233
Zustand: A
Letzte Änderung: 11/19/2017


Der Gesandte in Athen (Mirbach) an das Auswärtige Amt

Telegraphischer Bericht


Athen, den 16. September 1915

Antwort auf Telegramm Nr. 678 {A.S. 4586}.

Unsere Antwort auf die durch Herrn Theotoki übermittelten Königlichen Wünsche ist von Seiner Majestät nicht nur mit den zu erwartenden Einwendungen sondern unverholen ungnädig aufgenommen worden.

Die ungerechtfertigte, zum mindesten übertriebene Gereiztheit Sr. Majestät war auch nicht wesentlich besser, nachdem ich mich eine Stunde lang bemüht hatte, auseinanderzusetzen, daß selbst wenn ich die Berechtigung gewisser Vorbehalte hinsichtlich der Form einräumen könnte, ich doch nicht zuzugeben vermöchte, daß der sachliche Inhalt unserer Antwort eine so bittere Kritik und schroff ablehnende Haltung rechtfertigte.

Der König äußerte u.a. wiederholt, daß die Sprache des Auswärtigen Amts ihm nicht im Einklang erscheine mit den Gesinnungen Seiner Majestät des Kaisers und Königs gegenüber seiner Person, so daß ich mehrmals darauf hinweisen mußte, daß die allerhöchste Zustimmung Sr. Majestät zu der von uns abgegebenen Erklärung ausdrücklich festgestellt ist.

Im einzelnen machte der König ad 2 die nicht unberechtigte Hervorhebung, daß die namentliche Ausführung von Chios, Samos und Mytilene allein unvollständig sei; es müßten wohl entweder alle in Betracht kommenden Inseln einzeln genannt oder eine Sammelbezeichnung gestiftet werden.

Ad 3 und 4 äußerte Seine Majestät, daß die entsprechenden Versprechungen ihm im März, z.Zt. der Venizelos-Krise, „als uns die Neutralität Griechenlands offenbar wertvoller war, wie jetzt“, bereits in unconditioneller Form gegeben worden seien, ohne daß der Nachsatz die Zusage des Vordersatzes aufhoben hätte.

Bezüglich Punkt 6 meldete ich gesondert unter Telegramm 1233.

Seine Majestät stieß sich sodann an der Forderung wohlwollender Neutralität, welche für ihn …[Gruppe unverständlich]… schärferes Auftreten gegenüber der Entente und damit eventl. Ruin seines Landes in sich schließe.

Charakteristisch für die Stimmung, in welche sich der König künstlich hineinversetzt und geredet hat, ist die Äußerung, die er zwar nicht mir gegenüber, aber dritten Personen getan hat: es würde für ihn wirklich einfacher …[Gruppe unverständlich]… und bequemer sein, mit Venizelos Ententepolitik zu machen, Doiran und Gewgeli kurzerhand zu besetzen und es auf einen Waffengang mit Bulgarien ankommen zu lassen, bei dem Rumänien ja wohl auf seiner Seite mittun würde.

Die verschiedenen Bemerkungen Seiner Majestät sind nun im einzelnen bestimmt nicht wörtlich zu nehmen und höchsten seine Stimmung läßt dem …[Gruppe verstümmelt]… durch Temperament genügend und zwanglos erklären. Immerhin würde es nicht angängig sein, die außergewöhnlich scharfen Äußerungen des Königs die zum Teil schon beinahe wie eine Absage an uns klingen, als gewöhnlichen Bluff zu bewerten und so abzutun. Wenn unsererseits entscheidendes Gewicht oder wenigstens Wert darauf gelegt wird, den König in seine bisherige Stimmung zurück zu versetzen, würde ich einlenkende, bezw. beschwichtigende Schritte Seiner Majestät gegenüber für dringend angebracht halten.


[Mirbach]



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