1915-10-17-DE-007
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Quelle: DE/PA-AA/R 20090
Zentraljournal: 1915-A-30183
Erste Internetveröffentlichung: 2017 Juni
Edition: Die deutsche Orient-Politik 1915.06-1916.12
Telegramm-Abgang: 10/17/1915 01:30 AM
Telegramm-Ankunft: 10/18/1915 04:37 PM
Praesentatsdatum: 10/18/1915 p.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: Nr. 1347
Zustand: A
Letzte Änderung: 11/19/2017


Der Gesandte in Athen (Mirbach) an das Auswärtige Amt

Telegraphischer Bericht


Athen, den 17. Oktober 1915

Heute bin ich Seiner Majestät gegenüber nochmals darauf zurückgekommen, wie nützlich es in der ganzen Welt wirken würde, wenn Griechenland sich entschliessen wollte, einen förmlichen öffentlichen Protest gegen die Landungen in Salonik zu erlassen. Der König bestritt dies auch nicht ausdrücklich, meinte aber einigermaßen zögernd, ein solcher Schritt sei für ihn sehr schwer und geradezu unmöglich, nachdem sich die Entente beeilt habe, gleich vorzubeugen und hier zu erklären, sie würde jeden weiteren Protest Griechenlands als Provokation betrachten müssen.

Das Gespräch wandte sich dann der Frage zu, doch wenigstens durch Zurückhaltung rollenden Materials den Abtransport der Ententetruppen möglichst zu verlangsamen. Demgegenüber behauptete Seine Majestät, dass griechisches rollendes Material überhaupt nicht in Frage käme, da alle Transporte mittels serbischer Wagen erfolgten.

Der Kommentar, den ich gemäß Telegramm Nr. 779 Seiner Majestät bezüglich des von uns hier eingelegten Protestes geben konnte, kam sehr gelegen. Denn Seine Majestät war eben im Begriff, gleich wie vor einigen Tagen sein Ministerpräsident, an der Hand Theotokis’scher Depeschen wieder einmal Vorwürfe zu erheben, wir seien viel zu hart und streng Griechenland gegenüber und berücksichtigten angeblich dessen mehr als kritische Lage nicht.

Das Schreckgespenst der Aushungerung durch England, das in diesem Zusammenhang sonst stets citiert zu werden pflegt, ist jetzt etwas in den Hintergrund getreten, seitdem Erfolg versprechende Unterhandlungen mit Bulgarien bezüglich Verproviantierung mit bulgarischem Getreide eingeleitet sind.

Im übrigen aber tritt hier heilloser Respect vor etwaigen Coercitivmassnahmen der Entente in mindestens ebenso starkem Masse zu Tage, wie zu Venizelos Zeiten. Seine Majestät möchte Herrn Zaimis allein als den in dieser Beziehung überängstlichen hinstellen, sind aber dabei selbst, ohne es Wort [wahr] haben zu wollen, von ähnlichen Anwandlungen keineswegs frei.


[Mirbach]



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