1915-11-05-DE-001
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Quelle: DE/PA-AA/BoKon 97/Bl. 210
Botschaftsjournal: 10-12/1915/9659
Erste Internetveröffentlichung: 2010 April
Edition: Deportationsbestimmungen
Zustand: A
Letzte Änderung: 03/28/2012


Der Vizekonsul in Rodosto (Ziemke) an die Botschaft Konstantinopel (Neurath)

Bericht


Rodosto, le 5. November 1915

No. 166

Im Anschluss an den Bericht vom 21. v.M. No. 135 und an anderweitige Vorgänge.

Dem K.u.K. Konsularagenten Agop Agopovich wurde gestern Abend von dem hiesigen Mutessarifat eröffnet, dass auf Grund eines aus Konstantinopel eingetroffenen Befehls er selbst, sein Bruder, sowie sein Vater innerhalb dreier Tage die Türkei, ohne Konstantinopel zu berühren, zu verlassen hätten. Es wurde ihnen dabei versichert, dass sie die weiblichen Familienmitglieder hier belassen könnten sowie dass die Ausweisung nur zeitweilig, zunächst für sechs Monate, sein sollte.

Auf meine Intervention hin hat der Mutessarif die Frist auf eine Woche verlängert. Er erklärte dabei, dass bei den gegenwärtigen Verhältnissen Armenier, auch wenn sie eine fremde Staatsangehörigkeit besässen, zur Zeit nicht hier geduldet werden könnten. Mitbestimmend scheint dabei gewesen zu sein, dass die Türken durch die Ernennung dieses Armeniers zum K.u.K. Konsularagenten äusserst verstimmt waren und sich entschlossen haben, durch radikale Mittel zu verhindern, dass die fremden Mächte jemals wieder Konsuln aus den Kreisen der hier ansässigen Armenier und Levantiner wählen.

Agopovich protestiert gegen die Ausweisung und bittet um den Schutz der K.u.K. Botschaft. Sollte letztere die Ausweisung nicht verhindern können, so bittet er, ihn wenigstens eine weitere Frist zur Regelung seiner Angelegenheiten zu gewähren und zu erwirken, dass sein Vater sich zu diesem Zweck für einige Tage nach Konstantinopel begeben kann, um seine Angelegenheiten einem vertrauenswürdigen Anwalt zu übergeben. Nach seinen Angaben besitzt er hier Waren in Werte von ca. 25000 Ltq. und hat Forderungen in gleicher Höhe gegen die von den ausgewiesenen Armeniern hier zurückgelassenen Güter.

Der Konsularagent bittet ferner um Anweisung, wem er die Archive der K.u.K. Konsularagentie übergeben soll.

Euer Hochwohlgeboren Ermessen darf ich gehorsamst anheimstellen, obige Bitten des K.u.K. Konsularagenten zur Kenntnis der Österreichischen Botschaft bringen zu wollen.


Dr. Ziemke



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