1915-11-13-DE-003
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Quelle: DE/PA-AA/R 20026
Zentraljournal: 1915-A.S.-5675
Erste Internetveröffentlichung: 2017 Juni
Edition: Die deutsche Orient-Politik 1915.06-1916.12
Telegramm-Abgang: 11/14/1915 12:45 PM
Telegramm-Ankunft: 11/14/1915 03:05 PM
Praesentatsdatum: 11/15/1915 a.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: Nr. 2652
Zustand: A
Letzte Änderung: 11/19/2017


Der Geschäftsträger in Konstantinopel (Neurath) an das Auswärtige Amt

Telegraphischer Bericht


Pera, den 13. November 1915

Geheim.

Für General von Falkenhayn Großes Hauptquartier.

Verschiedene Vorkommnisse beweisen mir, daß die Bulgaren nicht dasjenige Maß an Vertrauen zu uns haben, das für eine gemeinsame Kriegführung nötig ist. Wir glauben unsererseits alles getan zu haben, um berechtigte Wünsche der Bulgaren zu erfüllen und werden auch fernerhin bestrebt sein, etwaige Mißverständnisse, wie sie z.B. aus dem falschen Auftreten von Arif Tahsin Bey’s in Sofia entstehen konnten, sofort zu beseitigen. Meine Absicht, durch die mazedonischen Beziehungen dieses früheren Bandenchefs einige sichere Leute zur Zerstörung feindlicher Munitionsmagazine pp. in Salonik zu gewinnen, scheinen in Bulgarien dahin verstanden worden zu sein, als ob auch Griechenland in Gegensatz zu Bulgarien gebracht werden solle. Ich habe Arif Tahsin Bey aus Sofia abberufen.

Andere militärische Anerbietungen unsererseits an Bulgarien, die dem gemeinsamen Kriegszweck dienen sollen, sind ebenfalls falsch aufgefaßt worden. Man will uns gegenüber nicht zu Dank verpflichtet sein.

Für die Aufrichtigkeit unserer Gefühle für Bulgarien glaube ich einen erneuten Beweis gegeben zu haben, als ich der von Euerer Exzellenz befürworteten Abgabe von Artilleriemunition an die bulgarische Armee zugestimmt habe.

Auch Griechenland gegenüber bemühte ich mich die glücklich erreichten guten Beziehungen zu festigen und die Politik des Königs gegen Venizelos zu stützen. Sollten von unserer Seite in dieser Beziehung noch mehr Entgegenkommen und Zugeständnisse erwünscht sein, so bin ich gern bereit, mich für solche einzusetzen.

Euerer Exzellenz wäre ich dankbar, wenn Sie mich darin unterstützen wollten, das vielleicht noch gegen uns vorhandene Mißtrauen Bulgariens und Griechenlands zu beseitigen, damit alle unsere Kräfte nur auf das gemeinsame große Ziel gerichtet werden können.

Enver stellvertretender Oberbefehlshaber.

Zusatz des Militärattachés:

Das vorstehende Telegramm ist von unserer Seite aus inspiriert. General Bronsart von Schellendorff hat es Enver vorgelegt. Es sollte die Möglichkeit bieten, daß Euere Exzellenz durch ein Antworttelegramm Enver zum Farbe bekennen veranlassen können im Bezug auf die türkische zukünftige Politik gegenüber Bulgarien und Griechenland.

Lossow.

Zusatz der Botschaft:

Es dürfte sich empfehlen, die an Enver zu erteilende Antwort des Generals von Falkenhayn unter Berücksichtigung meines Telegramms 2641 abzufassen. Eine Mitteilung an Hakki Pascha ist nicht angezeigt.


[Neurath]
[Anmerkung Jagow ]

Bei dieser Sachlage scheint es wenig opportun, Enver „zum Farbe bekennen“ zu veranlassen. Möchte empfehlen, daß General von Falkenhayn in seiner Antwort Enver’s verständige Auffassung und bisherige Bemühungen lobend anerkennt und von seiner Bereitwilligkeit zu weiteren Zugeständnissen Kenntnis nimmt. Er sei mit Freuden bereit, Enver bei der Beseitigung etwa noch vorhandenen bulgarischen oder griechischen Mißtrauens zu unterstützen. Hinsichtlich Bulgariens sehe Enver wohl etwas zu schwarz. Griechenland gegenüber scheine für den Augenblick besonders wichtig, alles zu vermeiden, was von den Gegnern als Griechenverfolgung ausgelegt werden könnte. Sollte sich später weiteres Entgegenkommen als zweckmäßig erweisen werde General von Falkenhayn auf Enver’s Anerbieten gern zurückkommen.



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