1916-03-01-DE-002
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Quelle: DE/PA-AA/R 20052
Zentraljournal: 1916-A.S.-785
Erste Internetveröffentlichung: 2017 Juni
Edition: Die deutsche Orient-Politik 1915.06-1916.12
Telegramm-Abgang: 03/01/1916 11:13 AM
Telegramm-Ankunft: 03/01/1916 12:12 PM
Praesentatsdatum: 03/01/1916 p.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: Nr. 124
Zustand: A
Letzte Änderung: 11/19/2017


Der AA-Vertreter im Großen Hauptquartier (Treutler) an den Staatssekretär des Auswärtigen Amts (Jagow)

Telegraphischer Bericht


Gr. Hauptquartier, den 1. März 1916

Für Exzellenz von Jagow.

Das Erwartete in den Beziehungen zwischen Bulgarien und Österreich-Ungarn ist eingetreten. Als K.u.K. Truppen am 27. v.M. in den von den Bulgaren besetzten Ort Kazanik einrücken wollten, wurden sie unter Androhung der Anwendung von Waffengewalt daran gehindert und zum Abzug gezwungen. General von Conrad teilt mir mit, daß er daraufhin die sofortige Einstellung aller Lieferungen von Kriegsmaterial an Bulgarien veranlaßt habe. Ich habe ihn auf die unabsehbaren Folgen eines solchen Verfahrens hingewiesen und ihn darauf aufmerksam gemacht, daß seine Anschauung, die Bulgaren hätten in Orten außerhalb der vertraglichen Grenze, auch wenn sie sie mit ihrem Blute erobert hätten, gar nichts zu suchen, irrtümlich sei. Ich fürchte aber nach wie vor, daß alle diese Ermahnungen keinen durchschlagenden Erfolg haben werden, solange nicht zwischen der K.u.K. sowie der bulgarischen Regierung unter Mithilfe der unsrigen, klare Abgrenzungen der beiderseitigen Ansprüche geschaffen werden.

Nummer 11538 P.

v Falkenhayn.


[Treutler]
[Antwort Jagow (Nr. 212)]

Auf Telegramm Nr. 124.

Für General von Falkenhayn.

Eine Abgrenzung der bulgarischen Ansprüche war durch den Vertrag Bulgariens mit uns und Österreich genau festgesetzt und zwar in weitestem Umfange der von Bulgarien geäußerten Wünsche. Wenn trotzdem Bulgarien jetzt hinterher eine Erweiterung dieser Grenze über den Vertrag hinaus erstrebt, so kann es dies natürlich nicht einseitig durchsetzen, sondern nur im Verhandlungswege, wobei wir zwischen Wien und Sofia zu vermitteln suchen. Radoslawow scheint in Wien aber gegen meinen Rat die Frage gerade an denjenigen Punkten (Albanien) angeschnitten zu haben, auf die Österreich den größten Wert legt. Andere Punkte (Morawatal) die aussichtvoller und berechtigter erschienen, hat er offenbar kaum berührt.

Die beiderseitigen Heeresleitungen (bulgarische wie österreichische) dürften ohne Berücksichtigung dieser politischen Verhandlungen vorgegangen sein. Radoslawow klagt in dem Euerer Exzellenz mitgeteilten Telegramm über „Nebenregierung des Militärs, welche Einvernehmen störe“. Er schiebt Schuld auf General Conrad, mißbilligt aber auch rigorose Gegenaktion bulgarischen Militärs. Wenn es schon Euerer Exzellenz schwer wird, auf General von Conrad mäßigend einzuwirken, so finde ich in Baron Burian einen nicht weniger schwierigen Partner. Vor allem aber dürfte es letzterem keineswegs leicht sein, in dieser militärischen Frage von Truppendislokationen die K.u.K. Heeresleitung zum Einlenken zu bewegen. Wie ich vertraulich höre, bestanden in letzter Zeit bereits Reibungen zwischen Conrad und Burian wegen dieser Frage. Eine Vermittelung zwischen den Heeresleitungen durch Feldmarschall von Mackensen, wie Burian sie vorschlägt, erscheint mir am zweckmäßigsten.

Ich fahre fort, Baron Burian auf Gefahren hinzuweisen und habe auch Prinz Hohenlohe gebeten, bei seinem Schwiegervater in diesem Sinne zu wirken. Die diplomatische Vermittlung wird aber machtlos, wenn die Heeresleitungen nicht militärische Zwischenfälle vermeiden.



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