1916-03-15-DE-001
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Quelle: DE/PA-AA/R14090
Erste Internetveröffentlichung: 2003 April
Edition: Genozid 1915/16
Zustand: A
Letzte Änderung: 03/23/2012


Der Unterstaatssekretär des Auswärtigen Amts (Zimmermann) an den Gouverneur von Lothringen (Oven)

Schreiben



Berlin, den 15. März 1916
Geheim.

1Durch Vermittelung des Reichstagsabgeordneten Erzberger habe ich vertraulich davon Kenntnis erhalten, daß und aus welchen Erwägungen das Kaiserliche Gouvernement in Metz dem Herrn Bischof dortselbst kürzlich den Verzicht auf die Veranstaltung einer Kirchenkollekte für die notleidenden Armenier nahegelegt hat. Auch das Auswärtige Amt ist der Meinung, daß von einer solchen Kollekte im gegenwärtigen Augenblick Abstand genommen wird. Denn nach den militärischen Rückschlägen, die die Türkei in den letzten Wochen im Kaukasus erlitten hat, muß umso sorgsamer alles vermieden werden, was unsere türkischen Verbündeten politisch verstimmen könnte. Es kommt hinzu, daß nach einer hier vorliegenden amtlichen Meldung die Armenier erst kürzlich anläßlich der Einnahme von Bitlis durch die Russen unter der dortigen Landbevölkerung ein Blutbad angerichtet haben, dem mehrere tausend Mohamedaner zum Opfer gefallen zu sein scheinen.

Von den besonderen Gründen abgesehen, die hiernach die Ausführung der Absicht des Herrn Bischofs von Metz im gegenwärtigen Zeitpunkt und in der geplanten Form nicht unbedenklich erscheinen lassen, glaubt jedoch das Auswärtige Amt, die Vornahme von Sammlungen für die Armenier nicht unbedingt ablehnen zu sollen. Solche Sammlungen würden vielmehr, wenn sie zu gelegener Zeit, in bescheidenem Rahmen und unter Vermeidung jeden Aufsehens, möglichst auch ohne Verlautbarung im kirchlichem Amtsblatt vorgenommen werden, vom politischen Standpunkt sogar nützlich wirken können. Denn sie dürften uns eine willkommene Handhabe bieten, um nach Friedensschluß den Verleumdungen unserer Gegner entgegenzutreten, wonach die Türken zu ihrem rücksichtslosen Vorgehen gegen die Armenier deutscherseits angestiftet sein sollen.

Da die Angelegenheit hier Anfang d.J. im vorstehenden Sinne mit dem Abg. Erzberger besprochen worden war, habe ich nicht verfehlen wollen, E.E. von der grundsätzlichen Stellung des A.A. zu unterrichten. Eine ganz vertr. Verständigung des Herrn Gouverneurs von Metz darf ich E.E. erg. anheimstellen.


Z[immermann]

1 Unter Wiederbeifügung der Anlage des gefl. Schreibens vom 7. d.M. abschriftlich dem (tit) Erzberger hier zur gefl. ganz vertr. Ktn. erg. übersandt. U.St.



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