1916-04-07-DE-003
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Quelle: DE/PA-AA/BoKon/100 Bl. 55-63
Botschaftsjournal: 10-12/1916/4455
Erste Internetveröffentlichung: 2003 April
Edition: Genozid 1915/16
Telegramm-Abgang: 04/07/1916 07:00 PM
Telegramm-Ankunft: 04/08/1916 11:00 AM
Zustand: D
Letzte Änderung: 03/30/2012


Der Konsul in Aleppo (Rößler) an die Botschaft Konstantinopel

Telegraphischer Bericht



[4054]

Aleppo, den 7. April 1916

No. 60

Da vorauszusehen daß Armenier aus Aleppo fast sämtlich verschickt werden, bitte schon jetzt Ausnahmen für Schüler und Schülerinnen deutscher Schulen erwirken obwohl die Schulen keine Internate besitzen.


[Roessler]
[Notiz Neurath 11.4.]

Ich habe diese Sache schon mit Talaat besprochen, wie aus dem Tel. nach Aleppo v. 8/4 hervorgeht. Die Angelegenheit dürfte damit vorläufig erledigt sein.

[Konsulat Aleppo an Botschaft Konstantinopel (No. 61) 7.4.]


[4015]

Antwort auf Tel. Nr. 57.

Ich halte die Mitteilungen Ministers des Innern an Abgeordneten von Marasch für Vorspiegelungen. Verschickungen auch in Aleppo ansässiger Armenier sind vielmehr dieser Tage schärfer als zuvor. Sollte der Minister ernstlich Einhalt tun wollen so wäre Absetzung des Kommissars Abdul Agha Nuri Bey hierzu das beste Mittel.

Deutscher Franziskaner bat mich wenn möglich zu Gunsten hiesiger katholischer Armenier intervenieren. Vertreibung auch dieser hat begonnen.


[Roessler]

[Botschaft Konstantinopel an Konsulat Aleppo (No. 62) 8.4.]

Auf Tel. Nr. 60 u. 61.

Minister des Innern wiederholte heute Versicherung daß Verschickung der in Aleppo ansäßigen Armenier nicht beabsichtigt u. daß er strenge Weisung in diesem Sinne habe ergehen lassen. Ebenso seien katholische Armenier von der Verschickung ausgenommen. Falls gegenteilige Anordnungen seitens der Lokalbehörden getroffen werden bitte er um Mitteilung, wenn möglich unter Anführung von Einzelfällen.


[Konsulat Aleppo an Botschaft Konstantinopel (No. 64) 10.4.]

[4074]

Antwort auf Telegr. No. 62.

Die Art wie die Befehle des Ministers von der Ortsbehörde (Wali und Verschickungskommissar) umgangen werden ist in meinen Berichten vom 26. Januar und vom 28. Januar Nr. 236 und Nr. 247 dargelegt. Schon vor dem Krieg waren in Aleppo wenigstens 6000 Armenier ansässig; die dieser Tage nicht aber auf Grund jener Methode nur 56 Familien als hier ansässig gelten. Das ist ein Hohn auf die tatsächlichen Verhältnisse. Befehle wären daher dringend nötig daß zum Nachweis der Ansässigkeit auch Steuerzahlung die wenigstens ein oder zwei Jahre hier erfolgt ist, Zeugnis angesehener Persönlichkeiten und ähnlicher Beweise als gültig angesehen würden.

Die Verschickung ist in vollem Gange. Gestern sind z.B. 200 bis 300 Menschen verschickt worden, darunter Soldatenfamilien. Für die letzteren war Unterbringung in naheliegenden Dörfern befohlen. Alle wurden aber nach Deir Zor in Marsch gesetzt. Sie durften nichts mitnehmen müssen also verhungern.

Sogar einzelne Frauen und Mädchen werden auf der Straße aufgegriffen und dieser Zustand wird von Regierungsorganen zu Willkürakten benutzt. Es ist die reine Menschenjagd und die Armenier befürchten daß ihre Frauen und Töchter allmählich ohne Ausnahme entehrt werden.

Ich darf annehmen daß wie Katholiken auch Protestanten ausgenommen sein werden.

Nachtrag: Wali hat gestern Major v. Mikusch erklärt er habe strenge Befehle Armenier auszuweisen.


[Konsulat Aleppo an Botschaft Konstantinopel (No. 67) 12.4.]

[4136]

Armenier Schukri Partanian seit 1913 Schüler der deutschen Schule wird heute vermisst. Seine Eltern in Aleppo ansässige Bäckersleute sind heute verschickt worden.


[Botschaft Konstantinopel an Konsulat Aleppo (Nr. 64) 15.4.]

[zu 4074; 4136]

Auf Tel. Nr. 64 u. 67.

Habe Minister des Innern heute erneut auf Vorgänge in Aleppo u. anscheinende Nichtbefolgung seiner Befehle aufmerksam gemacht. Talaat Bey stellte darauf wiederholte Anweisung an Vali in Aussicht, nur die auf Grund der letzten Armenierausweisungen in Aleppo angesiedelten Familien zu verschicken u. Katholiken sowie Protestanten auszunehmen.


[Konsulat Aleppo an Botschaft Konstantinopel (No. 72) 17.4.]

[4316]

Im Anschluß an Telegramm Nummer 64

In den letzten Tagen sind lateinisch-katholische Familien verschickt worden darunter die folgenden die nachweislich des Pfarrgemeinderegister länger als 10 Jahre in Aleppo ansässig:

Alexandro Hecter, Susannkhabaz [Susan Khataz], Copraki, Artin Muesati [Mussati], Deghermerdi [Deghermengji].


[Konsulat Aleppo an Botschaft Konstantinopel (No.74) 19.4.]

[4455]

Armenische Nachrichten durch Eilboten melden:

Die bisher in Marasch zurückbehaltenen neuntausend Armenier werden verschickt. Transport beginnt 20t. April morgens. Zuerst von allen die Familien Lakian, 80 Köpfe. Alle jungen Männer dieser Familie bereits vor fünf Tagen fortgeführt.

Anheimstelle Benachrichtigung Deputierten Marasch.

Von deutscher Mission keine Nachricht. Daher unbekannt ob ihr Personal ausgenommen.


[Notiz Botschaft Konstantinopel 20.4.]

Mitteilg. an Talaat mit Aide mémoire.


[Botschaft Konstantinopel an die Hohe Pforte 22.4.]

Aide Mémoire.


Comme il résulte d’un télégramme du Consul d’Allemagne à Alep, plusieurs familles appartenant à la communauté catholique latine et domiciliées à Alep depuis plus de dix ans viennent d’être expulssées par les autorités locales, entre autres les familles Alexandre Hecter, Susan Khataz, Copraki, Artin Mussati, Deghermengji.

Ce procédé est en contradiction avec les assurances formelles données ces jours-ci par S. E. Talaat bej à l’Ambassade d’Allemagne et suivant lesquelles les catholiques d’Alep seraient exemptés des mesures d’expatriation.

Par conséquence, l’Ambassade d’Allemagne aime à espérer que les ordres nécessaires seraient données afin qu’il soit permit aux familles catholiques d’Alep de continuer à y rester, et à celles qui ont été déjà expulsées, de rentrer dans leurs domiciles.


[Eigene Übersetzung]

Aide Mémoire.


Wie aus einem Telegramm des Konsuls in Aleppo hervorgeht, wurden mehrere Familien, die seit mehr als zehn Jahren der lateinisch-katholischen Gemeinde in Aleppo angehören, von den Lokalbehörden ausgewiesen, darunter die Familien Alexandre Hecter, Susan Khabaz, Copraki, Artin Mussati, Deghermendji.

Dieses Vorgehen steht im Widerspruch zu den formellen Versicherungen, die Seine Exzellenz Talaat Bey der deutschen Botschaft in diesen Tagen gegeben hat und nach denen die Katholiken von Aleppo von den Ausweisungsmaßnahmen ausgenommen würden.

Die Botschaft Deutschlands hofft deshalb, daß die notwendigen Befehle gegeben werden, die es den katholischen Familien von Aleppo erlauben, dort zu bleiben und jenen, die ausgewiesen wurden, in ihre Heimat zurückzukehren.

[Konsulat Aleppo an Botschaft Konstantinopel (No.74) 19.4.]

[4455]

Armenische Nachrichten durch Eilboten melden:

Die bisher in Marasch zurückbehaltenen neuntausend Armenier werden verschickt. Transport beginnt 20t. April morgens. Zuerst von allen die Familien Lakian, 80 Köpfe. Alle jungen Männer dieser Familie bereits vor fünf Tagen fortgeführt.

Anheimstelle Benachrichtigung Deputierten Marasch.

Von deutscher Mission keine Nachricht. Daher unbekannt ob ihr Personal ausgenommen.



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