1916-06-25-DE-003
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Quelle: DE/PA-AA/R 20084
Zentraljournal: 1916-A-18550
Erste Internetveröffentlichung: 2017 Juni
Edition: Die deutsche Orient-Politik 1915.06-1916.12
Praesentatsdatum: 07/14/1916 p.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: J. Nr. 600
Zustand: A
Letzte Änderung: 11/19/2017


Der Konsul in Damaskus (Loytved Hardegg) an den Reichskanzler (Bethmann Hollweg)

Bericht


Damaskus, den 25. Juni 1916

Mitte Juli soll das erste Expeditionskorps unter Führung des Obersten Freiherrn von Kress gegen den Kanal vorgehen. Der Oberkommandierende der vierten Armee Dschemal Pascha hat zu diesem Zweck vor einigen Tagen das Hauptquartier von hier nach Jerusalem verlegt.

Das Expeditionskorps besteht aus einer türkischen Division und aus den seit dem 30. März dieses Jahres hier durchgezogenen deutschen und österreichisch-ungarischen technischen Truppen von rund zweitausendfünfhundert Mann. Zu diesen gehören als deutsche Formation: eine Fliegerabteilung mit 13 Flugzeugen, 2 Batterien 15 cm. und 1 Batterie 10,5 Haubitze, 1 Batterie 21 cm. Mörser und 1 Batterie Ballonabwehrkanone; als österreichisch-ungarische Formation: 2 Batterien 21 cm. Mörser.

Es ist natürlich dass die sogenannte „Pascha Formation“ mit diesen geringen Kräften kein grosses Unternehmen ausführen kann und dass die von dieser Formation früher erhofften Erwartungen, dass der Kanal dauern gesperrt oder sogar Egypten erobert werde nicht in Erfüllung gehen werden. In meinem Bericht vom 13. Oktober vorigen Jahres Jr. No. 872 gab ich bereits dem Gedanken Ausdruck, dass die Angriffe der Gegner im Irak und Kaukasus voraussichtlich zu viel türkische Truppen binden werden, um eine Armee von 100000 Mann - wie damals vorgesehen - für die egyptische Expedition freizugeben. Man darf daher von dem bevorstehenden Unternehmen nicht zuviel und als Höchstleistung nur die vorübergehende Sperrung des Kanals erwarten.

Seit der ersten grossen Expedition im Januar 1915 haben die Engländer ihre Stellung am Kanal wesentlich verstärkt. Sie haben sich nicht begnügt, wie damals unter General Maxwell, die Westseite des Kanals zu befestigen, sondern bis auf 25 km. östlich vom Kanal befestigte Stellungen mit rückwärtigen Eisenbahnverbindungen eingenommen. Ferner wird die bevorstehende Expedition zu einer klimatisch bedeutend weniger günstigen Zeit als im Frühjahr 1915 unternommen. Gegenwärtig beträgt die Hitze 50° im Schatten. Anderseits sind die technischen Voraussetzungen jetzt wesentlich besser als im Vorjahr. Inzwischen ist ein Schienenweg von 245 km. von Messudije bis 10 km über Hafir el Audsche hinaus von Meissner Pascha gebaut worden. Von dem Endpunkt der Eisenbahn bis zum Kanal beträgt die Entfernung nur noch 220 km. Ferner ging bei der Frühjahrsexpedition die Hauptfahrstrasse von Jerusalem nach Süden nur bis Hebron (etwa 350 km. vom Kanal). Inzwischen ist sie über Bir es Seba nach Habra I (100 km. vom Kanal) gebaut worden. Abgesehen davon wurden andere wichtige militärische Zufahrtstrassen hergestellt (Damaskus-Kunetra-Nazaret-Afule-Sille-Nablus und Es Salt-Amman). Ausserdem stehen diesmal 20000 Kamele das heisst 10000 Kamele mehr als bei der ersten Expedition zur Verfügung. Auch die Wasserversorgung ist durch Neuanlagen von Bassins, Leitungen und Neubohrungen günstiger geworden, obwohl die Wasserfrage noch immer nicht in gewünschtem Masse geregelt werden konnte.

Welches auch der militärische Erfolg der neuen Expedition sein mag, auf jeden Fall erfüllt sie ihre Aufgabe den Feind am Kanal zu beunruhigen und zu zwingen grössere Truppenmassen dort zu halten.

So gering auch äusserlich die militärischen Erfolge erscheinen mögen, ist zur Vorbereitung der egyptischen Expedition Ausserordentliches unter der vortrefflichen Leitung des Obersten Freiherrn von Kress geleistet worden. Hier ist der grösste Gegner nicht der Feind, sondern die Natur. Die Deutschen habe unter den glühenden Strahlen der Sonne im Wüstensand in täglicher Entsagung die grössten Schwierigkeiten überwunden ohne dabei die Hoffnung haben zu dürfen durch glänzende militärische Taten ihre Mühen gekrönt zu sehen. Wegen der Undankbarkeit der schweren Aufgabe im Sinai verdienen Oberst von Kress und alle beteiligten Deutschen den besonderen Dank des deutschen Volkes.

Bericht gleichen Inhalts ist an die Botschaft gegangen.


Löytved Hardegg



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