1916-06-28-DE-004
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Quelle: DE/PA-AA/R 20080
Zentraljournal: 1916-A.S.-2083
Erste Internetveröffentlichung: 2017 Juni
Edition: Die deutsche Orient-Politik 1915.06-1916.12
Telegramm-Abgang: 06/29/1916 12:45 PM
Telegramm-Ankunft: 06/29/1916 01:46 PM
Praesentatsdatum: 06/29/1916 p.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: Nr. 627
Zustand: A
Letzte Änderung: 11/19/2017


Der Militärattaché in Athen (Falkenhausen) an den Generalstab des Feldheeres

Telegraphischer Bericht


Sofia, den 29. Juni 1916

Très Urgent!

Telegramm Nr. 627 des Militär-Attachés Athen vom 28. Juni:

„Très urgent! Für Militär-Attaché zur Weitergabe an General von Falkenhayn:

Äußerlich war infolge letzter Schritte der Entente keine große Erregung bemerkbar; innerlich besteht in großen Kreisen aber doch eine mit Scham gepaarte verbissene Wut und man beginnt bereits die Vorbereitung für den Wahlkampf. Die Ansichten über die Zukunft haben sich auch schon ziemlich geklärt. Aus langen Gesprächen mit Metaxa ist hierüber zu berichten:

1.) Die allgemeine Demobilmachung wird durchgeführt. Es ist kaum zu erwarten, daß die Entente, die selbst Demobilmachung gefordert hat, ihr ernsthafte Hindernisse bereiten wird.

2.) Wahlen: Wenn die Wahlen unbeeinflußt stattfinden können, würde venizelistische Partei geschlagen werden. Sie wird mit allen Mitteln versuchen, die Wahlen zu beeinflussen und zwar:

a) durch Gewalt in den okkupierten Gebieten, ein allerdings zweischneidiges Mittel, da es zu Zusammenstößen mit dem Volke führen kann, und Gericht Wahlen bei Beeinflussung für ungültig erklärt.

b) Beeinflussung der Presse und Propaganda mit Aufwand von sehr erheblichen Geldmitteln.

Gerüchte, daß Königspartei den Wahlkampf nicht aufnehmen will, ist böswillige Erfindung der Venizelos-Partei, die an ihr eigenes Beispiel denkt. Königspartei, an ihrer Spitze Gunaris, ist vielmehr fest entschlossen, Kampf bis aufs äußerste durchzusetzen. Hierbei ist zu bedenken, daß Venizelospartei sehr reiche und weitgehendste pekuniäre Unterstützung bei Entente findet, während Ministerpräsident einer Unterstützung bedarf.

(Da die Vorbereitung für Wahlkampf schon im Gang, halte ich schnelle Unterstützung der Königspartei für unbedingt notwendig; schätzungsweise wird zur Organisierung der Wahl eine Unterstützung von mindestens zwei, besser drei Millionen erforderlich sein, und zwar müssen wir die Arbeit sofort beginnen, um Gegnern keinen Vorsprung einzuräumen).

Wichtig für Königspartei ist entlassene Reserve, die voraussichtlich gegen Krieg stimmen wird.

Weiter sehr wichtiger Punkt, daß mohamedanisch-griechische Untertanen, ganz besonders i[h]r Oberhaupt (?) sich nicht der Wahl enthalten, sondern von Konstantinopel den bestimmten Befehl bekommen, für Gunaris zu stimmen.

Für König können Wahlen außerdem günstig beeinflußt werden:

a) durch Tod Venizelos (der doch vielleicht nicht ausgeschlossen ist),

b) durch Angriff der Zentralmächte und ihrer Verbündeten auf Saloniki.

Allerdings hat Metaxa jetzt Ansicht, daß Angriffstruppen überwiegend Deutsche sein sollen.

Metaxa schloß:

„Sieg Venizelos bedeutet nicht nur Aufgabe der Neutralität Griechenlands, sondern auch Verlust des Throns für König.

König gab jetzt nach, weil kein anderer Weg möglich in der Hoffnung durch Nachgiebigkeit Gegenwart zu retten und Zeit zu gewinnen, weil sonst Venizelos von Entente einfach als Diktator eingesetzt worden wäre. Venizelos hatte für diesen Fall Absicht jetzige Kammer für ungültig zu erklären und frühere Kammer wieder einzuberufen, in welcher er Majorität hatte; und da Demobilisierung noch nicht durchgeführt, konnte Venizelos dann sofort losschlagen.

Der König hat also für jetzt Lage gerettet, indem er den Kampf auf die Wahlen verschob.“

Eine weitergehende Unterstützung der Königs-Partei scheint mir nach der ganzen Lage und besonders im Hinblick auf Kammer unbedingt erforderlich, da die Wahlen wohl endgültig über die fernere Haltung Griechenlands entscheiden werden.

Bitte Mitteilung an Admiralstab.


Militär-Attaché Athen.



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