Die hier erscheinende Zeitung „Balkanska Tribuna“ die bis zum Eintritt Bulgariens in den Krieg als das Sprachrohr der hiesigen russischen Gesandtschaft galt, stellt in ihrer gestrigen Nummer über den Abschied des Herrn Sassonow folgende, für die in den hiesigen russophilen Kreisen herrschende Stimmung bezeichnende Betrachtungen an:
„Der Rücktritt des russischen Ministers des Äußeren, einer der an dem Ausbruch des europäischen Krieges schuldtragenden Persönlichkeiten, hat einen starken Eindruck gemacht. Sollte sich die kürzliche Meldung, wonach Sassonow an starker Nervenzerrüttung leide, die seine Sprache und sein Sehvermögen beeinträchtige, nicht bestätigen, dann muß angenommen werden, das er das Kabinett aus wichtigen politischen Gründen verläßt, die den Blicken des breiten Publikums noch entzogen sind.
Sassonow war einer der schärfsten Kriegshetzer in Rußland und seine Ersetzung durch Stürmer, der als Gesinnungsgenosse der Reaktionäre, d.h. einer Verständigung mit Deutschland gilt, ist ein bezeichnendes Symptom in der russischen Politik, insbesondere nach dem bedeutungsvollen Kronrate im Hauptquartier.
Der Mißerfolg der Offensive hat aller Wahrscheinlichkeit noch in den russischen Regierungskreisen die Friedenstendenzen verstärkt und zum Sturze Sassonows beigetragen.
In Bulgarien, das in der Person Sassonows einen seiner unversöhnlichsten Feinde hatte, wird man sein Verschwinden von der politischen Bühne Rußlands nicht sonderlich bedauern.
Je weniger Feinde, um so besser.“