1916-08-30-DE-002
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Quelle: DE/PA-AA/R 20095
Zentraljournal: 1916-A-23279
Erste Internetveröffentlichung: 2017 Juni
Edition: Die deutsche Orient-Politik 1915.06-1916.12
Telegramm-Abgang: 08/30/1916 01:15 AM
Telegramm-Ankunft: 08/30/1916 10:51 AM
Praesentatsdatum: 08/30/1916 p.m.
Zustand: A
Letzte Änderung: 11/19/2017


Der Konsul in Kronstadt (Lerchen) an das Auswärtige Amt

Telegraphischer Bericht


Koloszwar, den 30. August 1916

Nachdem Abends 26. Einberufung Kronrats in Bukarest für folgenden Tag bekannt, erschien mir Lage sehr kritisch. Behörden, wie Obergespan optimistisch, glaubten nicht an Krisis. Fürchteten Panik Bevölkerung, unterließen m.E. rechtzeitig Bevölkerung Ernst der Lage aufmerksam zu machen. Da für 27ten größere Mengen Flüchtlinge erwartet, einrichtete ich Paßdienst Bahnhof für besondere Flüchtlings-Visa nach Deutschland. Leider war Anzahl nur beschränkt, Hauptmasse, zirka achttausend, abends erwartet, kam nicht mehr bis Predeal und jetzt jedenfalls interniert, darunter verschiedene Leiter Z.E.G. und andere bekannte reichsdeutsche Persönlichkeiten. Mit Eröffnung Feindseligkeiten seitens Rumäniens in Predeal und dem weiteren Vordringen war Situation kritisch. Trotzdem aufraffte Zivilverwaltung nicht zu definitiven Entschluß. Bevölkerung war während der Nacht 26. auf 27. völlig in Unkenntnis wahrer Lage. Erst fieberhafter Abtransport Akten, Utensilien seitens der Behörden während der Nacht machte Bevölkerung wahre Situation klar. Ich hatte Reichsdeutsche vertraulich warnen …[Gruppe fehlt]… und ist m.E. keiner zurückgeblieben. Erst Montag Morgen wurde Bevölkerung offiziell aufgeklärt und nun begann ein kolossaler Exodus. Unter Donner Geschütze und hörbarem Gewehrfeuer vom Predealpasse zog langer Zug Männer, Frauen und Kinder mit Hab und Gut zirka 20000 zum Bahnhof; Züge nur spärlich abgefahren. Ob alle fort entzieht sich meiner Kenntnis. Obergespan abreiste Montag Morgen, Behörden mittags, trotzdem noch viele nach Plätzen in Zügen suchten, Eisenbahnorganisation zusammenbrach daher, wie zu erwarten, vollständig. Züge gebrauchten zur Fahrt dreifache Zeit. Erstkommende bereits alle Lebensmittel auf Stationen verzehrt, später Angekommene nichts mehr erhielten. Panik ergriff auch weiter Inland wohnhafte. Es ist m.E. notwendig Regierung Bevölkerung Lage aufklärt, da selbst heute noch unkontrollierbarste Gerüchte umhergehen.

Konsulat vorübergehend nach hier übergesiedelt.

Bitte Behörden hier verständigen und Erlaubnis Ausübung Tätigkeit vorübergehend hier zu erwirken. Halte es für notwendig, daß Konsulat Siebenbürgen nicht verläßt. Weiterer schriftlicher Bericht folgt.


[Lerchen]



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