1916-08-30-DE-006
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Quelle: DE/PA-AA/R 20095
Zentraljournal: 1916-A-23357
Erste Internetveröffentlichung: 2017 Juni
Edition: Die deutsche Orient-Politik 1915.06-1916.12
Telegramm-Abgang: 08/30/1916 03:40 PM
Telegramm-Ankunft: 08/31/1916 07:01 AM
Praesentatsdatum: 08/31/1916 a.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: Nr. 372
Zustand: A
Letzte Änderung: 11/19/2017


Der Gesandte in Sofia (Oberndorff) an das Auswärtige Amt

Telegraphischer Bericht


Sofia, den 30. August 1916

Fand Herrn Radoslawow in guter, zuversichtlicher Stimmung. Auf meine Bemerkung, die Frage des Krieges sei also entschieden, meinte er lächelnd: „Was sollen wir denn sonst machen, wir sind ja verpflichtet. Wir Bulgaren halten unser Wort. Haben Sie etwa gedacht, wir wären Rumänen?“ Ich erwiderte Herrn Radoslawow, daß wir selbstverständlich nie an ihm gezweifelt hätten, und daß ich auch überzeugt sei, daß er den geeigneten Augenblick für die Kriegserklärung am besten beurteilen könne. Nicht um ihn zu drängen, nur um meine Regierung zu informieren, wäre ich für die Angabe des Zeitpunkts dankbar. Radoslawow erwiderte mir, der Augenblick werde von General Jekow nach militärischen Erwägungen bestimmt; er könne unmittelbar bevorstehen, vielleicht auch erst in einigen Tagen eintreten.

Oberstleutnant von Massow, der heute zur Berichterstattung nach Pleß abfuhr, hat aus Unterredungen mit dem Kronprinzen und Jekow die Überzeugung gewonnen, daß an der Zuverlässigkeit der Bulgaren nicht zu zweifeln. Kurze Frist vor der Kriegserklärung solle zur Vervollständigungen der Rüstung benutzt werden. Außerdem bestehe offenbar der Wunsch, Rumänien zuvor bei den zu erwartenden Grenzzwischenfällen u.s.w. möglichst ins Unrecht zu setzen, um in der bulgarischen Bevölkerung die Stimmung für den Krieg zu heben, und wohl auch im Hinblick auf Griechenland, von dem man befürchte, daß es zur Hilfe verpflichtet sein könnte, falls Rumänien der angegriffene Teil sei.

Radoslawow erzählte mir noch, Derussi habe ihn zweimal um eine Unterredung gebeten, die er abgelehnt habe. D. habe darauf den Kabinettschef des Königs aufgesucht und die Bulgaren gewarnt, den Zentralmächten zu folgen. Die Rumänen seien schlau und wüßten, daß es mit den Zentralmächten zu Ende sei, daher sei es für die Rumänen die höchste Zeit gewesen, loszuschlagen.


[Oberndorff]



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