1916-09-18-DE-003
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Quelle: /PA-AA/R 20100
Zentraljournal: 1916-A-26123
Erste Internetveröffentlichung: 2017 Juni
Edition: Die deutsche Orient-Politik 1915.06-1916.12
Zustand: A
Letzte Änderung: 11/19/2017


Bulgariens Verteidigungsminister (Tontschew) an den Korrespondenten der Kölnischev Zeitung in Sofia (von Masch)




Sofia, 18. September 1916

Uebersetzung aus einem Brief des Ministers Tontschew an mich [für „mich“ vom Auswärtigen Amt eingefügt: den bisherigen Korrespondenten der Kön. Ztg. in Sofia, Herrn von Masch]:

…. Bitte erklären Sie noch einmal dem Auswärtigen Amt: 1. Bulgarien ist nicht in der Lage, sich ohne Hilfe in der Dobrudscha der Rumänen, Russen und Serben erfolgreich zu erwehren.

2. Bulgarien kann ohne Hilfe den Druck der Truppen des Generals Sarrail, die aus Franzosen, Engländern, Russen, Italienern, Serben und Farbigen bestehen, nicht aushalten.

Wir haben eine bestimmte Anzahl von Truppen; alle befinden sich an den beiden Fronten; Reserven haben wir nicht. Wenn unser Heer an einer von beiden Fronten oder an beiden geschlagen wird, so ist unsre gemeinsame Sache verloren. Geben Sie in Deutschland zu verstehen, dass man die Widerstandskraft, die Zähigkeit und die Stärke des bulgarischen Heeres nicht überschätzen möge. Hilfe muss für beide Fronten kommen, und sie muss schnell kommen. Wenn die Hilfe spät kommt, wird sie zwecklos sein.

Radoslawow hat dem Kanzler geschrieben, dass solche Hilfe unbedingt nötig sei. Die Deutschen denken, dass türkische Truppen uns helfen werden. Wir setzen kein Vertrauen in sie, und ausserdem wird es schwierig sein, Türken und Bulgaren zusammen gegen Russen zu führen.

Jetzt wird es klar, dass die Ostfront im allgemeinen und die Balkanfront im besondern den Krieg entscheiden werden. Die ganze Verbandpresse schreit gegen Bulgarien; Bulgarien müsse zertreten werden; dort versteht man gut Bulgariens Wichtigkeit für den Ausgang des Krieges. Der Bulgare ist gewöhnt, schnell und fest zuzupacken; ein Zögern wirkt drückend auf ihn. So ist die schnelle Einnahme von Dobritsch, Tutrakan und Silistria zu erklären; so ist es zu erklären, dass am 15. Tage des Krieges die Linie Kubadin erreicht ist, wo in diesem Augenblick erbitterte Kämpfe gegen Rumänen, Russen und Serben stattfinden.

Mit Rumänien muss noch schneller ein Ende gemacht werden, als mit Serbien; nur so werden wir das Ansehen des Verbandes moralisch untergraben und uns vielleicht dem Frieden nähern. Dadruch würden wir abschreckend auf die anderen neutral gebliebenen Länder wirken, die der Verband gewaltsam auf seine Seite bringen will. Sobald sie sehen, dass auch Rumänien das Schicksal von Belgien und Serbien ereilt, werden sie dem Verbande genügend Widerstand leisten können, und sie werden dazu eine Berechtigung haben.

…………. Ich weiss aus Depeschen von Radew, dass er bis zum 26. August Bussche und Czernin die Kriegserklärung Rumäniens an Österreich als bevorstehend angekündigt hat; diese beiden haben aber bis zur letzten Minute nicht daran geglaubt. Das gehört der Vergangenheit an. Wenn sie überreich an Fehlern gewesen ist, von denen wir uns jetzt loskaufen müssen, so möge man darauf achten, dass sie in Zukunft vermieden werden, denn in der jetzigen Lage ist ein Irrtum schlimmer als ein Verbrechen.


RvMach



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