1916-11-24-DE-001
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Quelle: /PA-AA/R 20108
Zentraljournal: 1916-A-31783
Erste Internetveröffentlichung: 2017 Juni
Edition: Die deutsche Orient-Politik 1915.06-1916.12
Telegramm-Abgang: 11/24/1916 10:00 AM
Telegramm-Ankunft: 11/24/1916 11:16 AM
Praesentatsdatum: 11/24/1916 p.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: Nr. 978
Zustand: A
Letzte Änderung: 11/19/2017


Der AA-Vertreter im Großen Hauptquartier (Gruenau) an das Auswärtige Amt

Telegraphischer Bericht


Pleß, den 24. November 1916

Abschrift.

Auf Telegramm Nr. 1432 {A 31629}.

Daß die Bulgaren versuchen, uns die Schuld für den Fall Monastirs in die Schuhe zu schieben, war vorauszusehen. Die dortige Katastrophe ist jedoch einzig und allein auf die Demoralisierung der bulgarischen Infanterie zurückzuführen. Seit vielen Monaten war die Armee Bojadiefff vollkommen untätig geblieben. Gräben und Unterstände wurden nicht gebaut, die Ausbildung der Truppe wurde vernachlässigt. Den deutschen Ratschlägen wurde kein Gehör geschenkt, im Gegenteil den Besserwissern wurden alle möglichen Schwierigkeiten in den Weg gelegt. Als nach dem ersten Rückschlag bei Florina, wo bulgarische Infanterie garnicht den feindlichen Infanterieangriff abwartete, sondern schon bei der Artillerievorbereitung sich zurückzog, General v. Winckler die Armee bei Monastir übernahm, fand er die unglaublichsten Zustände. Das bulgarische A.O.K. befaßte sich hauptsächlich damit, griechische Untertanen der Spionage zu beschuldigen und abzuführen, anstatt seine Truppen anzuleiten. Dabei wußte das A.O.K. nicht einmal den genauen Standort seiner Truppen. Die Meldungen der Abschnittkommandeure waren und sind noch häufig falsch, da sie verloren gegangene Punkte noch als in ihrem Besitz meldeten. Die rückwärtigen Verbindungen, für deren Verbesserung fast nichts geschehen war, waren nach einem Regentage völlig unterbunden. Die große Straße Gradsko-Monastir bezw. Veles-Monastir ist etwa 160 km lang. Die Feldbahn höchstens etwa 50 km weit vorgetrieben. Anstatt alle verfügbaren Arbeitkräfte, Einwohner, Gefangene anzustellen, tat man nichts. Der Erfolg war, daß deutsche schwere Geschütze aus Gradsko nicht abzutransportieren waren.

Die deutsche O.H.L. hat starke Artillerie, sehr viel Maschinengewehre für diesen Kriegsschauplatz zur Verfügung gestellt. Ein großer Teil der bulgarischen Artillerie dort ist neuester deutscher Konstruktion. An Truppen stehen über 2 deutsche Divisionen dort, darunter die besten deutschen Regimenter das Garde-Schützen- und Garde-Jägerbataillon. Die deutschen Truppen haben selbst denn auch ohne Schwierigkeiten alle feindlichen Angriffe abgewiesen, trotzdem gerade bei ihnen besonders stark angegriffen wurde. Da aber die Bulgaren bis auf geringe Ausnahmen das feindliche Vorbereitungsfeuer nicht aushielten, mußten unsere Leute nach siegreichem Abschlagen des Feindes ihre Stellungen verlassen, um nicht umzingelt zu werden. Auch ist fast eine ganze bulgarisch-mazedonische Brigade beim Angriff einfach zum Feinde übergelaufen.

Ich darf Euerer Exzellenz gehorsamst anheimstellen, dem Kaiserlichen Gesandten in Sofia diese feststehenden Tatsachen mitzuteilen, damit er sie gelegentlich bei Herrn Radoslawow verwertet. Die Bulgaren haben übrigens selbst ein so schlechtes Gewissen, daß sie bei der O.H.L. bisher nur Entschuldigungsgründe für ihr Verhalten bei Monastir vorgebracht haben.


[Grünau]



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