1916-11-25-DE-004
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Quelle: /PA-AA/R 20108
Zentraljournal: 1916-A-32107
Erste Internetveröffentlichung: 2017 Juni
Edition: Die deutsche Orient-Politik 1915.06-1916.12
Praesentatsdatum: 11/27/1916 a.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: M.J.Nr. 15794. P.
Zustand: A
Letzte Änderung: 11/19/2017


Der Erste Generalquartiermeister der Obersten Heeresleitung (Ludendorff) an das Auswärtige Amt

Schreiben


Gr. H.Q., den 25. November 1916

Auf Nr. 1262.

Wenn ich auch annehme, dass der griechische Gesandte seine Ansichten, die er gegenüber Herrn v. Rosenberg am 14. Oktober äusserte, inzwischen geändert hat, scheint es mir doch von Wert, ihm das Ergebnis der in Ostmazedonien unter Hinzuziehung griechischer Beamter angestellten Ermittelungen bekannt zu geben.

Danach haben nachgewiesenermassen Truppen der 5. griechischen Division unter Beteiligung der Zivilbevölkerung schon zu einer Zeit in Kavalla geplündert, als noch kein bulgarischer Soldat die Stadt betreten hatte.

Da diese Plünderungen sich ausser auf Magazine in erster Linie auf die Häuser deutschfreundlicher Leute erstreckten, ist anzunehmen, dass Machenschaften der Entente mit dabei im Spiele sind.

Es ist natürlich jetzt nicht mehr festzustellen, ob sich später nicht auch einzelne bulgarische Truppenabteilungen an den Ausschreitungen beteiligt haben. Die Hauptschuld trifft aber zweifellos die Griechen. Es ist zutreffend, dass die Bulgaren die noch gefüllten griechischen Militärdepots entleert, sowie das zurückgebliebene Kriegsmaterial abbefördert haben und zwar, um das Gerät in Sicherheit zu bringen und die Vorräte zur Verpflegung der Griechen zu benutzen.

Von einer völligen Ausplünderung der Stadt kann jedoch keine Rede sein. Der deutsche Vertreter hat sich selbst von den Zuständen in Kavalla überzeugt und schildert sie als durchaus normal. Lebhafter Verkehr in den Hauptstrassen und auf den Marktplätzen, wo überall Waren aller Art zum Verkauf liegen. Natürlich ist eine Anzahl von Geschäften geschlossen. Viele angesehene und wohlhabende Einwohner hatten die Stadt schon früher verlassen, weil der englische Konsul wiederholt eine Beschiessung durch die englische Flotte angekündigt hatte.

Auch der Bericht des Korpskommandanten des IV. griechischen Armeekorps gibt ein anderes Bild, als es der griechische Gesandte dargestellt hat. Naturgemäss ging die Abbeförderung der Truppen ohne gewisse Härten nicht ab. Die Ereignisse drängten zur Eile. Die Lage für die Bulgaren mit den unsicheren griechischen Truppen im Rücken war keine angenehme.

Der Korpskommandeur führt Klage, dass er Kavalla verlassen musste, ohne vorher die Befehle seines Königs einholen zu können. Die Entente hatte die Funkenverbindung unterbrochen, auf Einholung der Nachricht durch einen Boten konnte nicht gewartet werden. Ferner seien - so berichtet der Korpskommandeur - nicht sämtliche Geschütze abbefördert worden. Nach allen mir im September übersandten Meldungen sind alle aus Kavalla mitgenommenen Geschütze auch zum Abtransport gelangt. Dass dem Korpskommandeur die Zahl der Eisenbahnwaggons für das Heeresgerät nicht genügte, bedauere ich. Bei der geringen Zahl Wagen, die auf der so wenig leistungsfähigen Bahn zur Verfügung standen, war eine Beschränkung auf das Notwendigste erforderlich. Auch eine Verbindung mit Kavalla nach dem Abmarsch konnte nach Lage der Dinge nicht mehr zugestanden werden.

Die Fürsorge für die Truppe während der Reise und in Görlitz erkennt der Korpskommandeur ganz besonders an.

Ich glaube nicht, dass der König aus den Meldungen seines Korpskommandeurs den ungünstigen Eindruck gewinnen kann, den der Gesandte annimmt, zumal wenn er das Verhalten der Entente damit vergleicht, die ohne Grund die ganze griechische Flotte und Armee zu vergewaltigen sucht.

Wegen der Bezahlung der Vorräte und des Materials habe ich von den Bulgaren noch keine abschliessende Meldung erhalten.


I.A. Ludendorff



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