1917-07-11-DE-001
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Quelle: DE/PA-AA/R14097
Zentraljournal: 1917-A-23267
Erste Internetveröffentlichung: 2003 April
Edition: Genozid 1915/16
Praesentatsdatum: 07/15/1917 p.m.
Zustand: A
Letzte Änderung: 03/23/2012


Der Gesandte in Kristiania (Hintze) an den Reichskanzler (Bethmann Hollweg)

Bericht



Kristiania, den 11. Juli 1917.
1 Anlage

Die hiesige Zeitung „Morgenbladet“ befaßt sich in ihrer Nummer vom 7. d.M. mit der von der Türkischen Regierung herausgegebenen Denkschrift über die armenischen Greuel, die sie irreführend nennt. Sie führt zum Beweise eine Reihe von Stimmen deutscher Gewährsmänner an.

Übersetzung des Artikels ist gehorsamst beigefügt.


Hintze

Anlage


Uebersetzung.

„Morgenbladet“ (Kristiania) – Nr. 334 – vom 7. Juli 1917.


Die Greuel in Armenien.

Die tuerkischen Gesandtschaften in Europa gaben eine Broschuere heraus, die von den Greueltaten in Armenien handelt, - d.h.: Ueber das Martyrium der Tuerken.

Sie schildert die Schandtaten, die die Armenier mit den Russen zusammen – zum Schluss ueberwiegend Russen – in mehreren Bezirken begangen haben sollen. Selbstverstaendlich koennen so bedauerliche Exzesse stattgefunden haben. Kosaken sind Tuerken gegenueber kaum weichherzig, und die Armenier, die sich in Van den Russen angeschlossen haben, wurden unter namenlosen Qualen darüber belehrt, wie man wehrlose Gegner behandelt.

Dies ist aber nicht der Kern der Sache. Dieser ist in der Behandlung der Unterdrueckten seitens des herrschenden Volkes zu finden. Hierueber haben wir auch von den Alliierten der Tuerken Beweise. Wir nennen Dr. Johannes Lepsius, der bekannte Vorsteher der Orient-Mission, Dr. med. Vischer, der 8 Jahre lang Oberarzt bei dem deutschen Spital in Udfo [Urfa] war, Dr. Martin Nipage, Oberlehrer an der deutschen Realschule in Aleppo. Nachfolgend bringen wir einen Auszug eines langen Artikels, den Dr. Fischer geschrieben hat:

„Selbst wenn die Armenier durch Aufstaende Verfolgungen hervorgerufen haben, so wuerden diese ganz unverhaeltnismaessig grausam sein. Es liegt aber kein Beweis dafuer vor, dass ein Aufstand irgend welcher Bedeutung das Vorgehen der Tuerken erklaeren koennte. Wir wissen, dass in der Gegend um Van die ueberfallenen Armenier zur Gegenwehr geschritten sind, dadurch dass es ihnen geglueckt ist, die Stadt zu halten, bis die Russen kamen. Aber in allen anderen Staedten, von denen einige so weit vom Kriegsschauplatz entfernt waren wie Basel von Marseille, haben die gleichen Grausamkeiten stattgefunden.

Nein, die Sache ist die, dass durch den Weltkrieg, der die Haende der Grossmaechte bindet, die tuerkische Regierung freie Haende erhalten hat, in ihrem Lande zu tun, was sie will. Das erste war, dass das Reformprogramm verschwand. Nun geht man weiter – will die armenische Frage ein fuer allemal durch Ausrottung des ganzen Volkes loesen. Von Seiten der Tuerken kann es fuerchterlich logisch genannt werden, und von einem mohammedanischen Gesichtspunkt aus koennen sie dies fuer sich selbst rechtfertigen.“

Und von Dr. Nipages ergreifendem „Wort an die berufenen Vertreter des deutschen Volkes“, worin er darlegt, was er selbst gesehen hat, fuehren wir die Schlussworte an:

„Uns Deutschen obliegt ganz besonders die Verpflichtung, die Ausrottung der noch ueberlebenden halben Million Armenier zum Aufhoeren zu bringen. Die Luege des feindlichen Auslandes, dass deutsche Konsuln die Massakres organisiert haben, koennen wir zurueckweisen. Bleibt aber nur die eine Beschuldigung gegen uns zurueck, dass unsere Furcht und Schwaeche unserem Alliierten gegenueber uns hindert, eine halbe Million Frauen und Kinder vor dem Hinschlachten oder dem Hungertot zu retten, so wuerde das Bild des deutschen Krieges im Spiegel der Weltgeschichte fuer alle Zeiten von einem haesslichen Zuge verunziert sein. Und man irrt sich, wenn man glaubt, dass die tuerkische Regierung von allein von den Massakren der uebrig gebliebenen Frauen und Kinder ablassen wird.“



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