1918-08-06-DE-001
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Quelle: DE/PA-AA/R14103
Zentraljournal: 1918-A-33263
Erste Internetveröffentlichung: 2000 März
Edition: Kaukasus Kampagne
Telegramm-Abgang: 08/06/1918 06:30 PM
Telegramm-Ankunft: 08/07/1918 06:25 AM
Praesentatsdatum: 08/07/1918 a.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: Nr. 1265
Zustand: A
Letzte Änderung: 04/15/2012


Der Botschafter in Konstantinopel (Bernstorff) an das Auswärtige Amt

Telegraphischer Bericht



Nr. 1265
Konstantinopel, den 6. August 1918

Antwort auf Telegramm Nr. 1246.1

Türkische Regierung ist einverstanden und hat keine Schwierigkeiten erhoben, wie sie überhaupt zur Ansicht bekehrt ist, daß jede Rücksicht auf Rußland genommen werden muß. Großwesir und Nessimi betonten, wie Euere Exzellenz, daß zunächst Einigung unter den 4 Bundesregierungen herbeigeführt werden müsse. Hierdurch wird aber die ganze Konferenz in Frage gestellt. Über alle Punkte können wir uns verständigen, nur nicht über die Räumung von Batum. Diese Frage ist m.E. überhaupt nicht zu lösen, da die Türken nicht nachgeben werden und wir kein Mittel haben, sie zu zwingen, hinter die Grenzen von Brest-Litowsk zurückzugehen. Mit allen unseren Pressionsmitteln geht es so, wie mit der Frage des Eisenbahn-Transports auf den kaukasischen Bahnen. Unsere Oberste Heeresleitung ordnet an, daß die türkischen Truppen mit tunlichster Beschleunigung nach Mesopotamien abrücken sollen. General von Kreß verweigert die Benutzung der Bahn, um die Türken zur Nachgiebigkeit zu zwingen. Ergebnis ist: Türken geben nicht nach, aber die befohlenen militärischen Operationen unterbleiben, d.h. die gemeinsame Kriegführung wird behindert. Den Vorteil haben also nur unsere Feinde.

Unter diesen Umständen komme ich nochmals auf den Gedanken zurück, ob nicht die Konferenz "sine die" aufgeschoben werden sollte. Inzwischen müßte eine rein militärische Einigung erfolgen behufs Abgrenzung der Aktionssphäre der deutschen, türkischen, georgischen und armenischen Truppen. Aserbeidschan kann füglich als türkisch betrachtet werden. Enver Pascha, mit dem ich eine längere Unterredung hatte, schien diese Lösung zu bevorzugen. Im übrigen klagte er sehr über unsere Parteinahme für Georgien und Armenien. Jetzt sei General von Kreß - was mir unbekannt - mit 25 armenischen und einer Anzahl deutscher Offiziere nach Eriwan gegangen, um armenische Regierung einzurichten. Die Gefahr liege nahe, daß die Armenier darin Ermutigung zu neuen Kämpfen fänden, wobei womöglich wieder deutsche Offiziere gegen die Türken stehen würden. Wir müßten doch bedenken, daß Enver Pascha nicht unumschränkte Macht hätte, er könnte nicht uns zuliebe einen Armeeführer nach dem anderen absägen. Wegen der Transportfrage auf den kaukasischen Eisenbahnen würde Stimmung in der türkischen Armee gegen uns immer schlechter. Von dem einzig möglichen Mittel, alle Schwierigkeiten zu beseitigen - Anerkennung des Friedens von Brest - wollten alle drei genannten Minister nichts wissen. Sie betrachten diese Forderung immer als Unterwerfung der Türkei unter den Willen der Georgier und Armenier, die sich vollkommen mit dem Batumer Frieden beruhigt haben würden, wenn wir ihnen nicht den Rücken gesteift hätten.

Übrigens ist einmal ein kleiner Fortschritt zu melden.

Der Ministerrat hat endlich die Amnestie für die türkischen Armenier beschlossen, Djambolat soll sie ausführen.


Bernstorff

1 A 31654



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