1919-09-18-DE-001
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Quelle: DE/PA-AA/R14106
Zentraljournal: 1919-A-25331
Erste Internetveröffentlichung: 2003 April
Edition: Genozid 1915/16
Praesentatsdatum: 09/23/1919 a.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: A 1009
Zustand: A
Letzte Änderung: 03/23/2012


Der Gesandte in Bern (Adolf Müller) an das Auswärtige Amt

Bericht



A 1009
Bern, den 18. September 1919.

Der armenische Vertrauensmann des Generalkonsuls in Genf meldet:

1.) “Die in Paris erscheinende armenische Zeitung ‚Artzakank Parisi’ fährt fort, Auszüge aus dem Buche Lepsius “Deutschland und Armenien” zu veröffentlichen, die in armenischen Kreisen einen grossen Eindruck hervorrufen. Die Anfertigung einer französischen Uebersetzung des Buches dürfte im Interesse der Verbreitung desselben auch in neutralen Ländern als wünschens-wert bezeichnet werden.

2.) Herr Mihran Karaghösian, angesehener armenischer Kaufmann und Vorsitzender der New Yorker Abteilung der “Société de bienfaisance universelle arménienne” ist kürzlich aus New York zum Besuche seiner Mutter und seines Bruders Arschak Karaghösian in Genf eingetroffen. Er sagte mir, dass unter den in Amerika lebenden Armeniern sich ein grosser Meinungsumschwung vollzogen habe; sie sähen jetzt ein, dass sie von Frankreich und England betrogen worden seien. Gegen Frankreich seien sie besonders aufgebracht, weil dasselbe den Anschluss der Provinz Cilicien (Adana) an Syrien anstrebe. Die Armenier seien Deutschland zu besonderem Danke verpflichtet, weil letzteres seinerzeit die neugegründete Republik von Eriwan anerkannt und somit dem armenischen Volke wenigstens einen Teil seines Heimatlandes gesichert hätte. Die Alliierten hätten sonst niemals in die Gründung einer armenischen Republik auf russischem Boden eingewilligt. Herr Mihran Karaghösian bemerkte noch, dass zur Zeit etwa 300000 Armenier in Amerika ansässig seien, die sich zum überwiegenden Teile eines grossen Wohlstandes erfreuten. In Amerika beständen mehr als zwanzig armenische Zeitungen, die [unleserlich]lich den Anschluß Ciliciens an Syrien bekämpften und [eine] grosse Propaganda zwecks Annahme des Mandats über Armenien durch Amerika führten.

Herr Arschak Karaghösian sagte mir ferner, daß die Anerkennung des Herrn Avétikian als Konsul der Republik Eriwan in Berlin seitens der deutschen Regierung in [unleserlich]schen Kreisen den besten Eindruck hervorgerufen habe.

3.) Aus Konstantinopel über Italien in der Schweiz eingetroffene Armenier, darunter ein angesehener Kaufmann namens [unleserlich], erzählen, dass die Unsicherheit in der türkischen Hauptstadt eine grosse sei. Namentlich die christliche Bevölkerung leide unter den verbrecherischen Ausschreitungen der dorthin von der französischen Regierung entsandten senegalesischen Truppen; dieselben drängen in Häuser ein, [unleserlich]ten und vergewaltigten oft Mädchen und Frauen aus den [unleserlich]ten Familien. Die genannten Armenier warnen deshalb ihre nach der Schweiz geflüchteten Glaubensgenossen davor, sich jetzt nach Konstantinopel zu begeben.“

Die Mitteilung des Vertrauensmannes, die das Buch "Deutschland und Armenien" betrifft, bitte ich, auch Herrn Dr. Lepsius1 zugänglich zu machen.


Adolf Müller
[Notiz 6.10.1919]

Die Meldung zu 1) habe ich Hn. Dr. Lepsius, der gestern aus Holland zurückgekehrt ist, mitgeteilt.


1 Noch in Haag, kommt Anf. Okt. zurück.



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