1915-04-20-DE-013-V

DuA Dok. 027 (re. gk.)

Der Konsul in Aleppo (Rößler) an die Botschaft in Konstantinopel
Aleppo, den 20. April 1915.
An Deutsche Botschaft, Konstantinopel.

Wie aus neuen zuverlässigen Berichten des Vorstehers des amerikanischen Kollegs in Aintab, Dr. Merril, hervorgeht, wird in Marasch und Zeitun und allen Dörfern bis herunter nach Hassanbeili die armenische Bevölkerung, soweit sie Geld oder Bildung oder Einfluß hat, von der Regierung deportiert. Mit der Ausführung ist begonnen. 35 Familien aus Zeitun sind fort, eine zweite und dritte Abteilung sind unterwegs. Die Männer werden von den Frauen getrennt. Letztere werden in besonderen Trupps von Soldaten geleitet.

Alle christlichen Soldaten vom 32. bis zum 45. Lebensjahre haben ihre Einberufung erhalten, sicher zum Zweck der Deportierung. Die muselmanischen sind nicht einberufen. Offenbar beruhen diese Maßregeln der Zentralregierung auf falschen Berichten aus Marasch. Sie sind ein Unglück für die Provinz und das Land und auf den systematischen Ruin eines wichtigen Bevölkerungsteiles berechnet. Sie gehen von einer falschen Grundauffassung aus, welche die ganze armenische Bevölkerung als verdächtig oder gar feindlich ansieht. Ich stelle gehorsamst anheim, [diesem Verfahren] entgegenzuwirken.

Mein amerikanischer Kollege bittet, die amerikanische Botschaft, und Dr. Merril bittet im Auftrage der Armenier, das armenische Patriarchat zu benachrichtigen. Der hiesige stellvertretende armenische Bischof ist zum Katholikos nach Sis abgereist.

Meinen Bericht über Maraschreise überbringt Graf Gochberg, abgereist hier am 15.


Rößler.

Notiz


Inhalt ist am 24. April der amerikanischen Botschaft und dem armenischen Patriarchat ohne Einzelheiten als Nachrichten, die uns indirekt über Aintab zugekommen seien mitgeteilt.

Mordtmann 25.4.

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