1913-01-02-DE-001     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
Wangenheim gibt seine Einschätzung für die Erfolgsaussichten von Ormanians Reformversuchen.
1913-01-04-DE-001     "Vossische Zeitung"
Die "Vossische Zeitung" erinnert an die ungelöste Armenier-Frage und empfiehlt eine Lösung wie im Libanon, wo die Maroniten unter europäischer Kontrolle eine Selbstregierung aufgebaut haben.
1913-01-04-DE-002     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
Der armenische Patriarch in Konstantinopel, Ormanian, stellt Garantieforderungen an die Tripleentente für die Ausführung der Reformen.
1913-01-06-DE-001     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Wangenheim gibt einen Rückblick auf die Haltung der Kurden und seine Einschätzung über die Entwicklung der armenischen Frage.
1913-01-10-DE-001     Auswärtiges Amt (Jagow) an Botschaft Konstantinopel (Wangenheim)
Zimmermann gibt den Botschaftern als Sprachregelung, Deutschland werde "Wert darauf legen, zu etwaigen Verhandlungen und Beschlüssen der Mächte über armenische Verhältnisse hinzugezogen zu werden."
1913-01-10-DE-003     Auswärtiges Amt (Zimmermann) an Botschaft London (Lichnowsky)
Deutschland dürfe Das Schicksal der Armenier nicht der Entente überlasen, so Zimmermann.
1913-01-23-DE-001     Botschaft St. Petersburg (Pourtalès) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Pourtalès berichtet über die mutmassliche Haltung Russlands zu Armenien.
1913-01-25-DE-001     Auswärtiges Amt (Jagow)
Informationen über die vermutliche Haltung Rußlands zu Armenien.
1913-01-26-DE-001     Botschaft London (Lichnowsky) an Auswärtiges Amt
Lichnowsky beurteilt die englische Interessenlage in Armenien.
1913-01-27-DE-001     Botschaft London (Lichnowsky) an Auswärtiges Amt
Sir Grey habe versichert, er wisse von keinen Abmachungen über Interessensphären und habe keine Nachricht über russischen Absichten in Armenien.
1913-01-27-DE-002     Reichkanzler (Bethmann Hollweg) an Botchaft London (Lichnowsky)
Deutschland habe höchstes Interesse, den Bestand der Türkei zu erhalten, so Kanzler Bethmann Hollweg. Bei einem Zerfall der Türkei wäre Deutschland an Teilen Anatoliens interessiert, die das "das Herz der Türkei" darstellen und deshalb zu erbittertem Widerstand der Bevölkerung führten würde. Deshalb sei Deutschland nicht an einer Aufrollung der asiatischen Frage interessiert.
1913-02-06-DE-001     Botschaft Paris (Schoen) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
England habe der französischen Regierung klargemacht, daß der Zypernvertrag England verpflichte, "etwaiger russischer Besitzergreifung türkischer Landesteile in Asien mit bewaffneter Hand entgegenzutreten".
1913-02-08-DE-001     Botschaft Paris (Schoen) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Boghos Nubar Pascha habe das Kaiserreich gedrängt, sich an den Reformbewegungen zu beteiligen. Deutschland müsse doch ein Interesse daran haben, "dass die Reformen auch in dem stark von armenischen Elementen durchsetzen Cilicien eingeführt würden, und zwar hier unter deutscher Kontrolle. Deutschland, das dort durch die Bagdadbahn und industrielle Unternehmungen schon bedeutende Interessen besitze, würde sich auf diese Weise in jenen zukunftsreichen Gegenden einen erheblichen wirtschaftlichen und moralischen Einfluss sichern". Er, Schoen, habe hingegen empfohlen, die Reformfrage nicht zu überstürzen. "Reformen im Einvernehmen mit der Pforte, hielt ich für nützlich, Reformen gegen den Willen der türkischen Regierung für schädlich". Das Auswärtige Amt, so Zimmermann, teile die Auffassung von Schoen zu den Übrlegungen von Boghos Nubar Pascha über die Reformfrage.
1913-02-13-DE-001     Botschaft St. Petersburg (Pourtalès) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Pourtalès erörtert die russischen Haltung zum Meerengenfrage und zur Interessenlage in Türkisch-Armenien.
1913-02-24-DE-001     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Wangenheim legt einen Plan vor, künftig die Armenier und ihre gemäßigten Forderungen zu unterstützen und sich dadurch der maßgeblichen Armenier zu versichern. Deutsche Konsuln sollten vielleicht sogar als Garanten wirklicher Reformen wirken und erreichen, "daß die Armenier die deutschen Behörden als unparteiische, im Notfall aber auch wirklich wirksame Beschützer kennen lernen". Zumindest aber solle Deutschland in Adana ein Schule aufbauen, deren Kosten sich allein durch die vermehrte Handelsgeschäfte tragen würden.
1913-03-05-DE-001     Auswärtiges Amt (Zimmermann)
Zimmermann verwirft die Pläne Wangenheims, Deutschland zum Protektor der Armenier zu machen. Lediglich einer größeren Präsenz von Konsuln und der Errichtung einer deutschen Schule in Adana stimmt er zu.
1913-03-08-DE-001     Generalkonsulat Batavia (Djakarta) (Lettinbaur) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Die Armenier Javas befürchten Unterdrückung und Ausrottung der Armenier in der Türkei, wenn die aus Europa vertrieben würden. Sie hätten deshalb die Großmächte aufgefordert zu intervenieren.
1913-03-13-DE-001     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
Die türkische Regierung bittet England um Reformer und Russland um den Bau von Eisenbahnlinien.
1913-03-13-DE-002     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Wangenheim berichtet über Gespräche mit dem Sabah-Redakteur Kelikian und dem abgeordneten Aknuni. Die Reformen würden die Armenier "nicht abhalten, in Russland ihre einzige Rettung zu erblicken", so Kelikian, der Deutschland drängte, die armenische Frage nicht zu einer russischen werden zu lassen. Aknuni habe erklärt, daß die große Mehrheit der Armenier für die Erhaltung des Osmanischen Reichs einträte, aber "irgend eine Macht oder eine Gruppe von Mächten müsse dafür eintreten, dass die dauernden Ausschreitungen gegen die Armenier aufhörten". Im Oktober 1912 habe Rußland mit dem armenischen Katholikos in Etschmiadsin die "Befreiung" Armeniens "in aller Form verabredet".
1913-03-18-DE-001     "Reichspost"
Ein Armenier berichtet über die Lage der Armenier in der Türkei.
1913-04-02-DE-001     Botschaft Paris (Schoen) an Auswärtiges Amt
Der französische Außenminister Pichon habe erklärt, "alle Anstrengungen auf Erhaltung des Friedens und Konsolidierung asiatischer Türkei zu richten und meinte, daß sich jetzt Gelegenheit biete, Hand in Hand dafür tätig zu sein".
1913-04-02-DE-002     Auswärtiges Amt (Jagow) an Botschaft Paris (Schoen)
Jagow bittet dem französischen Außenminister mitzuteilen, daß Deutschland keine Interessen in Armenien hätte, "eventuelles einseitiges Vorgehen Rußlands aber nicht dulden" würde.
1913-04-17-DE-001     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
England habe es einem französischen Diplomaten gegenüber abgelehnt, die armenische Frage aufzurollen.
1913-04-18-DE-001     Deutsche Orient-Mission (Johannes Lepsius) an Auswärtiges Amt (Zimmermann)
Lepsius bittet um ein Gespräch mit Jagow, um sich "über die Anschauungen des Auswärtigen Amtes in bezug auf die Durchführbarkeit der armenischen Reformen zu unterrichten".
1913-04-22-DE-001     Auswärtiges Amt (Jagow) an Botschaft Konstantinopel (Wangenheim)
Jagow lehnt den Vorschlag Wangenheims ab, die Armenier unter einen besonderen deutschen Schutz zu stellen.
1913-04-22-DE-002     Auswärtiges Amt (Zimmermann) an Deutschen Orient-Mission (Johannes Lepsius)
Ein Urteil über die Durchführbarkeit der armenischen Reformen könne er kaum wagen, so Zimmermann.
1913-04-22-DE-003     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
In Mersina sei alles ruhig.
1913-04-25-DE-001     Konsulat Aleppo (Rößler) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Rößler berichtet über eine Reise des armenischen Bischofs Danelian nach Zeitun, die dortige Weigerung der Armenier, sich rekrutieren zu lassen und über arabische Reformbestrebungen.
1913-05-07-DE-001     Generalkonsul Kairo (Richthofen) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Aknuni habe einer ägyptischen Zeitung ein Interview gegeben und gesagt, die Armenier würden Reformen anstreben, "als deren wichtigste die Zusammenfassung der 6 Vilajets unter einem nicht türkischen Generalgouverneur und die Zulassung der armenischen Sprache vor Gericht und im Schulwesen anzusehen seien."
1913-05-08-DE-001     "Kölnische Zeitung" 8.5.1913
Leitende armenische Kreise hätten mit Genugtuung vom Besuch Trummlers beim Katholikos von Sis gesprochen, während der Vali versucht haben soll, den Besuch in großer Uniform zu verhindern.
1913-05-08-DE-002     Botschaft London (Lichnowsky) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Lichnowsky referiert den Artikel des Guardien, wonach England vertraglich verpflichtet sei, "für die Sicherheit des Lebens und des Eigentums in Armenien Sorge zu tragen". "Deutschland würde angesichts seiner wirtschaft-lichen Interessen in Kleinasien voraussichtlich Bestreben Englands, den Artikel 61 des Berliner Vertrages zur Durchführung zu bringen, unterstützen."
1913-05-09-DE-001     "Deutsche Tageszeitung"
Die "Times" habe berichtet, daß der Kommandant der "Straßburg" dem Katholikos von Sis versichert habe, "daß im Falle eines Aufstandes deutsche Matrosen gelandet werden würden, um die Armenier zu schützen".
1913-05-10-DE-001     Deutsche Orient-Mission (Johannes Lepsius) an Auswärtiges Amt (Jagow)
Im Auftrag der armenischen Konferenz, die am 23. April 1913 in London stattgefunden habe, schreibt Lepsius, übergebe er den Bericht über die Verhandlungen.
1913-05-10-DE-002     Botschaft London (Lichnowsky) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Boghos Nubar Pascha legte Lichnowski seine Vorstellung von den Reformen vor.
1913-05-15-DE-001     "Vossische Zeitung"
Rußland, so der Autor, "war und ist ein Feind jedes Reformversuches in Armenien, jeder normalen Ordnung in Kleinasien überhaupt". "Hat Rußland die Tendenz, durch seine Wühlarbeit neue Massenmetzeleien hervorzurufen, um die Autorität des türkischen Reiches auch im asiatischen Teile zu untergraben, so weisen Deutschlands Interessen auf die entgegengesetzte Tendenz hin." "Wer, wenn nicht das befreundete Deutschland soll die Türkei endlich dazu bestimmen, durch schleunige Reformen ihre asiatischen Wunden gründlich zu heilen, wenn sie nicht früher oder später auch in Asien das tragische Schicksal erleben will, das sie in Europa getroffen hat?" "Will Deutschland Armenien für die Türkei festhalten, will es seine eigenen mannigfachen Interessen wahrnehmen, will es aus Armeniern ein dank- und dienstbares Volk für seine Interessen und Einflüsse machen, so muß es die erste unter allen Mächten sein, welche die friedliche und schleunige Lösung der armenischen Frage verlangt."
1913-05-15-DE-002     Konsulat Trapezunt (Bergfeld) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Umfangreicher Bericht über die Spannungen zwischen Armeniern und Kurden in Ostanatolien, ferner über die dortigen russischen Interessen.
1913-05-20-DE-001     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
Der Großwesir Mahmud Schefket habe die Entscheidung, Engländer und Deutsche als Reformer ins Land zu holen, verteidigt und mit dem Argument begründet, daß diese Mächte die einzigen seien, die den Fortbestand der Türkei geratierten. "Durch die gemeinsame Arbeit würden England und Deutschland zusammengeführt, was die Türkei vor allen späteren Gefahren schützen werde."
1913-05-20-DE-002     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
Im Osten würde zwei, im Westen eine Generalinspiéktion gebildet. Nach deutschem Einspruch müsse die Pforte es unterlassen, "in gewissen Zentren der armenischen Bewegung z. B. nach Adana Reformer zu schicken, worüber Armenier sich beklagen werden." Nichtenglische Zivilreformer könne die Regierung nicht einsetzen, "weil sonst sofort Rußland für Ost-Anatolien und Frankreich für Syrien eigene Instrukteure beantragen würden."
1913-05-20-DE-004     Ungekannt an Auswärtiges Amt
Eine ohne Anschreiben der Diplomatischen Agentur in Kairo zugeschickte Druckschrift, angeblich von einem "Comité Arménien de la Défense Nationale", beschreibt die Vorstellungen dieser armenischen Gruppe über eine quasi unabhängige kilikische armensche Provinz mit Namen "Arménocilicie". Sie soll den Konsuln Großbritanniens, Frankreichs und Rußlands zugestellt worden sein.
1913-05-22-DE-001     Konsulat Mossul (Holstein) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Holstein berichtet von der Stimmung hauptsächlich zwischen Aleppo und Midiat, von den dortigen Armeniern und besonders den Kurden.
1913-05-28-DE-001     Johannes Lepsius an Auswärtiges Amt (Zimmermann)
Lepsius überreicht mehrere Berichte, die ihm von armenischer Seite zugestellt worden sind.
1913-05-28-DE-002     Botschaft London (Kühlmann) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Die Armenier würden in keinem Vilajet die Mehrheit bilden. Die Entsendung von englischen Beamten hätte den Vorteil, daß "England für die Erhaltung der asiatischen Türkei eine große moralische Verantwortung übernimmt, die seinerzeit auch die Möglichkeit von Konflikten mit Rußland in sich birgt".
1913-05-30-DE-001     Botschaft London (Lichnowsky) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Die Einführung von Reformen in der asiatischen Türkei habe Grey als eine Frage bezeichnet, die alle dort interessierten europäischen Mächte angehe und deren Dringlichkeit allerseits anerkannt werde.
1913-05-31-DE-001     Botschaft London (Lichnowsky) an Auswärtiges Amt
E. Grey habe angeregt, die Botschafterrunde in London solle auf ein Programm einigen und danach vertagen.
1913-06-02-DE-001     Botschaft Wien (Tschirschky) an Auswärtiges Amt
Der russische Journalist Briandjaninow habe keinen guten Eindruck in Konstantinopel gewonnen. Die Türkei sei nach wie vor nicht imstande, Reformen durchzuführen. "Rußland müsse dort handeln und den Plan verfolgen, auf dem Wege über die Nordküste Kleinasiens sich Konstantinopels zu bemächtigen."
1913-06-02-DE-002     Botschaft London (Lichnowsky) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Lichnowsky besprach mit Sir Edward Grey die Türkeipolitik und speziell die Entsendung von Reformerpersonal.
1913-06-03-DE-001     Auswärtiges Amt (Jagow) an Botschaft London (Lichnowsky)
Jagow ordnet an, daß die armenischen Reformen auf die Tagesordnung der Botschafterkonferenz gesetzt werden.
1913-06-04-DE-001     Auswärtiges Amt (Jagow) an Botschaft Konstantinopel (Wangenheim)
Jagow teilt mit, er habe die armenische Reformfrage auf das Programm der Versammlung gesetzt wird. "Wir haben uns zu diesem Schritt entschlossen weil wir Grund zur Annahme haben daß sonst andere nicht türkenfreundliche Mächte armenische Frage in die Hand nehmen wollen und wir es im türkischen Interesse für notwendig halten das Praevenire zu spielen."
1913-06-04-DE-002     Botschaft Rom (Flotow) an Auswärtiges Amt
Marquis di San Guiliano sei "lebhaft überrascht durch Absicht Kaiserlicher Regierung, armenische Reformfrage auf Programm Botschafterreunion zu setzen" und bittet um nähere Auskunft über die Motive.
1913-06-04-DE-003     Auswärtiges Amt (Jagow) an Botschaft Rom
Deutschland sei sich "der Gefahr des Anschneidens armenischer Reformfrage wohl bewußt", schreibt Jagow, habe aber Grund zur Annahme, "daß sonst Rußland Frage allein bzw. mit Entente ohne Dreibund zu lösen sucht" und Deutschland es für besser halte, "unverzüglich Prävenire zu spielen".
1913-06-04-DE-004     Botschaft Wien (Tschirschky) an Auswärtiges Amt
Graf Berchtold werde den österreichisch-ungarischen Vertreter in London entsprechend instuieren.
1913-06-05-DE-001     Botschaft London (Lichnowsky) an Auswärtiges Amt
Grey bezeichnete Botschafter in Konstantinopel als geeignetes Forum für Verhandlungen ber Reformen.
1913-06-05-DE-002     Botschaft Rom (Flotow) an Auswärtiges Amt
Nach Ansicht des italienischen Außenministers sei die Aktion "gefährlich und zweischneidig". London müsse so vorgehen, "dass Empfindlichkeit der Türkei geschont und Dinge so dargestellt würden, als handle es sich um Schutz der Türkei."
1913-06-05-DE-003     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
Die Anschneidung der armenischen Frage, so der Großwesir, berge ein Risiko. "Enthält sie eine Kritik der Türkei und eine Anerkennung der masslos übertriebenen armenischen Ansprüche", so Mahmud Schefket, "so würde dies das Selbstgefühl der Armenier steigern und könnte leicht zu Provokationen führen, die, wie seinerseits in Adana, mit Massakres enden würden." Die Anregung, so Jagows Antwort, ginge nur von dem Wunsch aus, "eine unvermeidliche Frage möglichst schonend für Türkei zu gestalten". Er bat Wangenheim, den Großwesir "nach seinen Wünschen betr. Formfragen" zu hören, "da wir uns möglichst danach richten wollen."
1913-06-06-DE-002     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
Dem Großwesir, schreibt Wangenheim, "schiene es mehr im deutschen und türkischen Interesse zu liegen, wenn die Frage von türkenfeindlicher Seite angeschnitten würde." Zu einer deutschen Initiative müsse die Türkei schweigen. "Welche Wirkung unser Vorgehen auf die Armenier ausüben werde, brauche er mir nicht zu sagen."
1913-06-06-DE-003     Botschaft St. Petersburg (Pourtalès) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Die russischen Nationalisten seien, so Pourtalès, "offenbar bestrebt, das Interesse an Armenien hier wach zu erhalten, und die Zustände in Armenien als unhaltbare zu schildern, damit auf dem Wege von administrativen Reformen und Gewährung von Autonomie, die Lostrennung Armeniens vom Türkischen Reiche in die Wege geleitet wird."
1913-06-06-DE-005     Botschaft Rom (Flotow) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Auf die Frage eines Abgeordeneten habe das italienische Außenamt geantwortet, Italien sei ebenso wie alle anderen Mächte überzeugt, daß die türkische Regierung eine Reorganisation der Zivilverwaltung der asiatischen Provinzen anstrebe und damit zugleich für die Sache der Menschlichkeit eintrete. Kommentar Kaiser Wilhelms: "Quatsch!"
1913-06-07-DE-001     Auswärtiges Amt (Jagow) an Botschaften London, Konstantinopel, Wien, Rom
Aufgrund der Reaktion des türkischen Großwesirs bittet Jagow "von Anregung der Frage auf Konferenz absehen, da wir wegen unserer vielfachen Interessen in der Türkei auf deren Wohlwollen angewiesen sind". Sir Edward Grey solle vertraulich mitgeteilt werden, daß Botschafter Wangenheim "von solcher Anregung eine Ermutigung der Armenier zu erneuter Agitation und Verschlechterung der Zustände in Armenien" erwarte. Sollten aber Anregung der Reformfrage von anderer Seite nicht zu vermeiden sein, "so müßten wir selbstverständlich Teilnahme an Beratungen und Beschlüssen verlangen."
1913-06-07-DE-002     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
Wangenheim glaubt, den Großwesir überzeugt zu haben, "daß, wenn Armenier-Konferenz unvermeidlich ist, die Anregung am besten von dem befreundeten Deutschland ausgeht."
1913-06-08-DE-001     Botschaft Rom (Flotow) an Auswärtiges Amt
San Guiliano sie abwesend, meldet Flotow, der russische Botschafter habe mitgeteilt, "seine Regierung beantrage, die Botschafter in Konstantinopel mit Beratungen über armenische Frage zu beauftragen."
1913-06-08-DE-002     Auswärtiges Amt (Jagow) an Botschaften Konstantinopel, Wien, Rom, London, Paris, St. Petersburg
Russischer Botschafter habe ihm mitgeteilt, berichtet Jagow, daß Rußland die Großmächte aufgefordert habe, ihre Botschafter in Konstantinopel anzuweisen, in Beratungen über Reformen zu treten. "Da Reformwerk sonst zweifellos ohne uns nur seitens Tripleente in Angriff genommen würde, habe ich zugesagt".
1913-06-08-DE-003     "Frankfurter Zeitung"
Paul Rohrbach zeichnet die Lage in Armenien nach und beschreibt die Verlockung für Rußland, sich Armeniens als Machtbasis zu versichern.
1913-06-09-DE-001     Auswärtiges Amt (Jagow) an Kaiser und König (Wilhelm II)
Jagow teilt dem Kaiser mit, daß die russische Regierung die Großmächte auffordert, ihre Botschafter in Konstantinopel "mit der Eröffnung von Beratungen über die armenische Reformfrage zu beauftragen". Da Rußland und die Westmächte "die armenische Frage, wenn wir uns fernhalten, zweifellos ohne uns in Angriff nehmen würden", bäte er den Kaiser zuzustimmen. Anmerkung Wilhelms: "Kaum sind wir die verflixten mazedonischen Reformen los, kommen die armenischen drann! Wird genau dasselbe werden."
1913-06-09-DE-002     Botschaft London (Lichnowsky) an Auswärtiges Amt
Außenminister Grey habe sich mit russischer Anregung, die Botschafterkonferenz in Konstantinopel mit den armenischen Reformen zu beauftragen, vollkommen einverstanden erklärt..
1913-06-09-DE-003     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
Der Großwesir habe eingesehen, daß "die deutsche Initiative, deren gute Absicht er jetzt erst recht erkenne, vorteilhafter gewesen; der deutschen Stellung in der Türkei werde unsere Zurückhaltung nur nützlich sein."
1913-06-10-DE-001     Botschaft Rom (Flotow) an Auswärtiges Amt
In der armenischen Reformfrage werde Außenminister Giuliano dem italienischem Geschäftsträger in Konstantinopel gleiche Instruktionen geben.
1913-06-10-DE-002     Botschaft Wien (Tschirschky) an Auswärtiges Amt
Graf Berchtold werde Markgrafen Pallavicini entsprechend instruieren und meinte, vielleicht könne man sich Italiens Vorbehalt anschließen, nichts zu beschließen, was gegen Integrität der Türkei gerichtet sei.
1913-06-10-DE-003     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Die Lage für Reformen in den armenischen Provinzen sei günstig, schreibt Wangenheim. "Wären die Armenier vernünftig, so wäre eine Einigung zwischen den Mächten und der Türkei über eine Verbesserung ihres Loses bei den heutigen Verhältnissen leicht erzielbar." Doch die Armenier würden ihre Forderungen überziehen." Die Macht, welche die Ansprüche der Armenier in die Höhe schraubt, ist Russland." Rußland wolle sich mit Hilfe der armenischen Reformen den Weg nach Konstantinopel offenhalten. Er, Wangenheim, möchte sich bei den Verhandlungen "in Reservestellung hinter England halten", von dem er annimmt, daß es an der Erhaltung der Türkei interessiert sei. Diese Haltung würde er erst verlassen, wenn feststünde, daß England "sich in dem Fahrwasser extremer russischer Wünsche befindet. Will England den Untergang der Türkei, dann bleibt uns allerdings nicht übrig, als unsere Erbschaftsansprüche offiziell anzumelden."
1913-06-11-DE-001     Botschaft St. Petersburg (Pourtalès) an Auswärtiges Amt (Jagow)
Begleitbrief.
1913-06-12-DE-001     Botschaft St. Petersburg (Pourtalès) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Rußland äußere Bedenken gegen die Teilnahme der türkischen Regeirung an den Verhandlungen.
1913-06-13-DE-001     Botschaft Paris (Schoen) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Schoen berichtet von einem Besuch von Boghos Nubir Pascha, der Unterlagen abgeliefert und sich zur Überwachung der Reformen geäußert habe.
1913-06-14-DE-001     Diplomatische Agentur und Generalkonsulat für Ägypten (Richthofen) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Die Armenier Ägyptens wollten die türkische Regierung zur Annahme der Reformen zwingen, notfalls mit Gewalt.
1913-06-15-DE-001     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
Die radikalen Elemente würden aus der Krise nach der Ermordung Mahmuds Paschas gestärkt hervorgehen, aber die Politik Schefkets würde fortgesetzt.
1913-06-18-DE-001     Konsulat Trapezunt (Bergfeld) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Bergfeld berichtet über die jährlichen Auswanderungen von Armeniern zumeist nach den USA.
1913-06-19-DE-001     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
Der englische Botschafter Lowther habe noch keine Instruktionen bekommen.
1913-06-23-DE-001     Französische Botschaft Berlin (Hermite) an Auswärtiges Amt (Jagow)
Französische Regierung regt an, die Großmächte sollten vorübergehend einen Oberkommissar für Armenien ernennen, da die Ausarbeitung der Reformvorschläge lange dauern würde und der Ausbruch von Massakres bei der Demobilisierung der türkischen Armee zu befürchten sei.
1913-06-23-DE-002     Auswärtiges Amt (Jagow) an Botschaft London (Lichnowsky)
Die Russen wünschten keine Hinzuziehung der Türken, Deutschland müsse aber alles vermeiden, was die Autorität der türkischen Regierung mindere, weil es den Zusammenbruch der Türkei unter allen Umständen zu vermeiden wünsche.
1913-06-23-DE-003     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
Der russische Botschafter Giers habe dem österreichischen Botschafter gesagt, er habe durch Mandelstam "ein Projekt ausarbeiten lassen, nach welchem die sechs östlichen Vilajets nach Vorbild des Libanon einem Generalgouverneur unterstellt werden sollten". Pallavicini habe geantwortet, er würde sich als Doyen die Sache nicht aus der Hand nehmen lassen. Dann werde wohl aus der ganzen Sache nichts werden, sei Giers Antwort gewesen.
1913-06-23-DE-004     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Wangenheim gibt einen Überblick über die früheren Reformbewegungen. Zu den Massakern von 1895 schreibt er: "Zweifellos aber haben sie die Armenier durch ihr provokatorischen Auftreten zum großen Teil selbst verschuldet." "Bis dahin hatten sich die Armenier aus Furcht vor ihren türkischen Herren sehr zurückhaltend benommen. Jetzt konnte man vielfach beobachten, daß sie die Maske abwarfen, daß ihre geheimen politischen Organisationen in die Öffentlichkeit traten und allerhand radikale und unerfüllbare Forderungen aufstellten, da sie sich durch England gedeckt glaubten."
1913-06-24-DE-001     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
Ein russischer Agitator habe in Sivas die Armenier zur Revolte aufgestachelt.
1913-06-24-DE-002     Botschaft London (Lichnowsky) an Auswärtiges Amt
Grey hält die Hinzuziehung eines türkischen Vertreters erst dann für sinnvoll, wenn die Botschafter sich auf ein Reformprogramm geeinigt hätten.
1913-06-25-DE-001     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
Wangenheim gibt seine Einschätzung der Reformpolitikgrundsätze insbesonders der Engländer. Jagow verlangt Antwort auf den französischen Vorschlag, dem er geneigt sei zuzustimmen.
1913-06-26-DE-001     "Der Reichsbote"
Eine anonyme Zuschrift "von sehr geschätzter Seite" berichtet von der englischen Einflußnahme in Türkisch-Armenien.
1913-06-26-DE-002     Botschaft Paris (Schoen) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Der politische Direktor des Auswärtigen Amt, Paléologue, habe bestätigt, daß Frankreich den Vorschlag gemacht hat, daß zunächst die armenischen Vilayets unter einen Generalgouverneur gestellt werden. Frankreich habe aber nicht die Absicht, ein eingehendes Programm vorzulegen. Die Einsetzung eines Generalgouverneurs sei eine praktische Maßregel, um Ausflüchten der türkischen Regierung zu begegnen.
1913-06-26-DE-003     Botschaft St. Petersburg (Pourtalès) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Er könne die Ansicht Wangenheims nicht teilen, schreibt Pourtalès, daß Rußland oder zumindest Außenamtschef Sasanow im gegenwärtigen Zeitpunkt eine Krise in den armenischen Provinzen herbeiführen wolle.
1913-06-27-DE-001     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
Seine Bedenken zur Abtrennung und Privilegierung der 6 Vilajets, "welche Rußland schon 1896 in seine Verwaltung hatte übernehmen wollen, Differenzierung der in unserer Zone lebenden Armenier - "blieben bestehen. Da diese Bedenken aber diplomatisch nicht zu formulieren sind, da im übrigen ein plausibler Grund der Ablehnung nicht vorhanden ist und da wir das Odium einer solchen gegenüber den Mächten und den Armeniern zu tragen hätten, so dürfte es kaum möglich sein, Frankreich eine ausweichende Antwort zu geben."
1913-06-28-DE-001     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
Der österreich-ungarische Botschafter Pallavicini wolle das Projekt Mandelstams "a limine" ablehnen. Wangenheim plädiert dafür zu versuchen, eine gemäß den eigenen Instruktionen erhoffte Verständigung zu Gunsten der Armenier möglich zu machen.
1913-06-28-DE-002     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
Der Großwesir sei gegen einen türkischen Oberkommissar, meldet Wangenheim. Selbst der beste türkische Beamte werde gegen die Intrigen Rußlands machtlos sein.
1913-06-28-DE-003     Türkische Botschaft in Berlin an Deutsches Auswärtiges Amt
In einer Note der türkischen Botschaft in Berlin wird aufgeführt, welche Reformen die Regierung in den östlichen Provinzen bereits durchgeführt habe und wie sie sich die Reformen unter ausländischen Gouverneuren vorstelle.
1913-06-29-DE-001     Auswärtiges Amt (Jagow) an Botschaften Frankreichs und Österreich-Ungarns in Berlin
Wie von der französischen Regierung angeregt, hält es das Auswärtige Amt für wünschenswert, daß die osmanische Regierung "durch die Großmächte aufgefordert wird, schleunigst einen Oberkommissar für die armenischen Vilajets zu ernennen." Es vertrete den Standpunkt, daß für dieses Amt ein osmanischer Staatsangehöriger zu wählen sei.
1913-06-30-DE-001     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
Der russische Botschafter Giers habe ein Reformprojekt vorgeschlagen, das praktisch auf eine Aufteilung der Türkei hinausliefen. Wollte Deutschland nicht Kleinasien aufgeben, müßte es ein ähnliches Regime für seine Interessensphäre verlangen. Auch nehme das russische Projekt das "zu unserer Zone gehörige Vilajet Diarbekir für Armenien in Anspruch". Er, Wangenheim, werde auf Zeit spielen. Jagow alarmierte daraufhin die Botschaften in Rußland, Wien, Pairs und London.
1913-07-01-DE-001     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Wangenheim legt den Entwurf Mandelstams für die sechs armenischen Vilajets vor.
1913-07-02-DE-001     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
Österreich werde, falls Rußland auf seiner Vorzugsstellung in Armenien bestehen solle, sich ebenfalls als dirket interessiert anmelden, weil es auch armenische Untertanen habe.
1913-07-02-DE-002     Botschaft Paris (Schoen) an Auswärtiges Amt
Paris sei über den Vorschlag Rußlands noch nicht umfassend informiert, halte aber am Grundsatz der Integrität für die asiatische Türkei fest.
1913-07-02-DE-003     Botschaft London (Lichnowsky) an Auswärtiges Amt (Jagow)
Er werde demnächst mit Grey über die armenische Frage sprechen, schreibt Lichnowsky, und glaubt, daß Grey übertriebenen Hoffnungen der Russen entgegentreten werde, weil er nach wie vor alle Teilungsabsichten zurückweise.
1913-07-03-DE-001     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt (Zimmermann)
In der Sitzung der Botschafsdelegierten beantragten Österreicher, Italiener und Deutsche, die Diskussion mit der Prüfung der von der türkischen Regierung veröffentlichten Reformen zu beginnen. Weil Russen, Engländer und Franzosen vom russischen Projekt ausgehen wollte, wurde die Sitzung vertagt. Großwesir habe erklärt, er werde selbst eine europäische Kontrollkommission für Armenien in annehmbarer Form akzeptieren.
1913-07-03-DE-002     Botschaft St. Petersburg (Pourtalès) an Auswärtiges Amt
Sasonow habe ihm beteuert, schreibt Pourtalès, daß Rußland keinesfalls daran denke, armenische Unruhen zu Expansionszwecken zu nutzen. Sein Land habe das größte Interesse, daß an seinen Grenzen keine Revolution ausbreche und müsse deshalb auf Reformen drängen. Im Falle ernstlicher Unruhen würde Rußland allerdings einschreiten.
1913-07-03-DE-003     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Wangenheim gibt seine Einschätzung des vom russischen Dragoman André Mandelstam ausgearbeiteten Entwurfs für die Reform in den armenischen Provinzen. Er plädiert insbesondere dafür, eine Reform auf Grund der türkischen Vorschlage auszuarbeiten.
1913-07-03-DE-004     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Begleitbrief für das Protokoll zur 1. Sitzung.
1913-07-04-DE-001     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
Der englische Geschäftsträger, so Wangenheim, habe ihm zur Erklärung der englischen Haltung auf der Konferenz gesagt, daß seine Instruktionen ihn nur ermächtigten, über das russische Projekt zu verhandeln, nicht aber über die türkischen Reformpläne.
1913-07-04-DE-002     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
Giers habe gegenüber dem österreichischen Botschafter Pallavicini seine Enttäuschung über die Ergebnislosigkeit der ersten Beratung der Botschaftsdelegierten wissen lassen. Pallavicini habe geantwortet, Österreich aber auch Deutschland seien durchaus reformfreundlich. Einer gleichzeitigen Beratung der beiden Projekte stehe nichts im Wege.
1913-07-06-DE-001     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Wangenheim übersendet Verwaltungspläne des türkischen Außenministeriums für die asiatischen Provinzen.
1913-07-06-DE-002     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Begleitbrief.
1913-07-07-DE-001     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
Wangenheim berichtet über die Sitzung der Armenien-Kommission, auf der der deutsche Vertreter Schönberg die Ausdehnung der Reformen auf Kilikien angeregt hatte, was Zimmermann "nicht unbedenklich" fand.
1913-07-08-DE-001     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
Die türkische Regierung werde, so der Großwesir, auf keinen Fall die Vereinigung der sechs Vilajets zu einem selbstständigen Verwaltungskörper zulassen.
1913-07-08-DE-002     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
Für die Armenien-Verhandlungen sei zwischen den Dreibundvertretern die Taktik verabredet worden, England zu einer eigener Stellungnahme zu veranlassen. Die Opposition solle durch Österreich geführt werden, während er, Wangenheim, unter der Hand zu vermitteln suche.
1913-07-08-DE-003     Botschaft London (Lichnowsky) an Auswärtiges Amt
Sir E. Grey habe nach Petersburg die Anregung übermittelt, die Vorschläge von 1895 als Grundlage für die Neugestaltung Armenien zu nehmen.
1913-07-08-DE-004     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
Schönbergs Antrag habe nur taktische Bedeutung gehabt. An seine Annahme sei nicht zu denken, da die Tripelentente das russische Projekt als ganzes behandle. Außerdem würde sich die türkische Regierung "einer administrativen Verteilung des Landes an die Interessenten auf das äußerste widersetzen".
1913-07-09-DE-001     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
In der Sitzung der Armenierkommission hätten die Russen die Ernennung eines Generalgouverneurs auf fünf Jahre vorgeschlagen. Die Österreicher seien für die Beibehaltung der Vali, die Ernennung der fremden Generalinspektoren ohne Zustimmung der Mächte sowie Kontrolle durch die Mächte in stärkerer Form als 1895 eingetreten. Schönberg habe sich dem angeschlossen. Man dürfe nicht Einrichtung des Libanon auf ein 80mal größeres Gebiet übertragen.
1913-07-09-DE-002     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
Die Pforte habe sich wegen Überlassung von Zivilreformern nicht nur an England, sondern auch an andere Mächte, zum Beispiel Belgien, gewandt. Deutschland sei bislang übergangen worden. Nun habe er aber, so Wangenheim gegenüber dem Großwesir, argumentiert, "gerade die deutsche Arbeit die Türkei mit wichtigen Wirtschaftsadern durchzogen. Das deutsche Volk werde es nicht verstehen, wenn unsere Tätigkeit ausschließlich unter nichtdeutsche fremde Kontrolle gestellt werde. Namentlich gelte dies für Cilicien, wo der Brennpunkt unserer Tätigkeit liege". Said Halim habe erwiderte, er werde "die Verteilung der fremden Reformer nur im Einverständnis mit mir vornehmen."
1913-07-09-DE-003     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
Er habe dem französische Geschäftsträger gesagt, das Projekt Mandelstam sei bei der Türkei nur durch eine gemeinsame Zwangsaktion aller Mächte durchzusetzen. Es sei doch viel einfacher, auf dem weiterzubauen, was die Türkei freiwillig geben wolle. Das russische Projekt könne als épouvantail im Hintergrund bleiben.
1913-07-10-DE-001     Botschaft Paris (Schoen) an Auswärtiges Amt
Die englische Regierung, habe sein britischer Kollege verlauten lassen, so Wangenheim, sei unter keinen Umständen für russisches Reformprojekt Armeniens zu haben.
1913-07-10-DE-002     Botschaft St. Petersburg (Pourtalès) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Rußland, habe Sasonow gesagt, strebe nur geordnete Verhältnisse in den armenischen Provinzenan. Um die jedoch zu erreichen, seien radikale Reformen notwendig, welche die Türkei allein nicht durchzuführen imstande sei. Der Minister habe nchts gegen Reformen auch in anderen Regionen, doch seien die in Armenien am dringendsten.
1913-07-12-DE-001     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
In der Sitzung der Armenierkommission habe der österreichische Vertreter erklärt, damit einverstanden zu sein, daß dem Generalgouverneur das Recht der Ernennung und Absetzung der Beamten gegeben werde. Der deutsche Vertreter Schönberg habe dem widersprochen, weil damit die Souveränität des Sultans geschmälert würde. Die Haltung des österreichischen Vertreters habe auf Instruktion Pallavicinis beruht, "der russischen Entwurf nach Ablehnung des Hauptpunktes als gefallen ansieht und in Nebenfragen Entgegenkommen zeigen möchte." Wangenheim hielt diese Taktik für bedenklich und schreibt: "Ich werde daher bei österreichischem und italienischem Kollegen eingehende Verständigung unserer drei Delegierten vor jeder Sitzung anregen." Jagows Kommentar: "Mit Schlußsatz sehr einverstanden."
1913-07-14-DE-001     Auswärtiges Amt (Jagow) an Botschaft St. Petersburg (Pourtalès)
Jagow bittet seine Bedenken, die weitgehend den Bedenken Wangenheims entsprechen, dem russischen Außenminister mitzuteilen.
1913-07-14-DE-003     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Begleitbrief für die Protokolle der Sitzungen der Armenien-Kommission Nr. 1.
1913-07-14-DE-004     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Wangenheim untersucht ausführlich die administrativen Bestimmungen.
1913-07-15-DE-001     Botschaft Paris (Schoen) an Auswärtiges Amt
Er habe zwanglos mit dem französischen Präsidenten über die Reformen gesprochen und Verständnis dafür gefunden, daß zu weit gehende Forderungen lähmen würden.
1913-07-15-DE-002     Botschaft Wien (Tschirschky) an Auswärtiges Amt
Graf Berchtold teile den Standpunkt, dass Meinungsverschiedenheiten zwischen Erklärungen der Dreibundvertreter unbedingt vermieden werden müssen.
1913-07-15-DE-003     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt (Jagow)
Nicht der russische Außenminister bestimme in Konstantinopel die Politik, so Wangenheim, sondern die Fanatiker in der russischen Botschaft, auf deren Meinung noch fast jeder Botschafter umgeschwenkt sei, so auch Giers. England habe nicht die Rolle gespielt, die Deutschland versucht hatte es spielen zu lassen - sich gegen die russischen Reformpläne zu stemmen -, vielleicht wäre es besser gewesen, die Dreibundmächte allein das Projekt ausarbeiten zu lassen, wie bereist 1895. Dann hätte England diese Rolle spielen müssen.
1913-07-16-DE-001     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
In der Armenierkommission hätten Dreibundvertreter in der Hauptsache dem russischem Vorschlag über Zuständigkeit der Provinzialversammlung zugestimmt. Bei der Zusammensetzung der Verwaltungsräte sei Einigkeit erzielt worden.
1913-07-16-DE-003     Botschaft Rom (Flotow) an Auswärtiges Amt
Die italienische Regierung werde ihren Vertreter in Armenierkommission anweisen, sich vor jeder Sitzung mit den Dreibundkollegen über eine gemeinsame Haltung zu verständigen.
1913-07-18-DE-002     Britische Botschaft Berlin (Granville) an Deutsches Auswärtiges Amt
Außenminister Edward Grey habe gegenüber dem russischen Außenminister Sasonow betont, daß Einigkeit zwischen den Großmächten und Annehmbarkeit durch die osmanische Regierung für den Erfolg der Reformen von zentraler Bedeutung seien.
1913-07-18-DE-003     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
Bericht über Einigung und Desakkord in der letzten Sitzung der Armenierkommission.
1913-07-18-DE-005     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Die Bevorzugung der sechs Vilajets im russischen Projekt könne leicht in anderen Gebietsteile separatistische Tendenzen auslösen, um eine Einmischung fremder Mächte zu begründen. Das könne auch die Absicht Frankreichs sein, wie die Äußerung des Außenministeres Pichon zeige, daß das Reformprojekt eine auch für die übrige Türkei maßgebende Grundlage bieten müsse.
1913-07-19-DE-002     Hakob Zavriev an Deutschen Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Der armenische Arzt Zavrieff bittet den deutschen Reichskanzler, sich für Armeniern einzusetzen. Zimmermann weist den Botschafter in St. Petersburg an, Zavrieff anzuhören und über seine eventuellen Darlegungen an das Auswärtige Amt zu berichten.
1913-07-21-DE-001     Botschaft Rom (Flotow) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Der italienische Außenminister habe an seinen Vertreter in Konstantinopel Weisung gegeben, sich mit den Dreibund-Kollegen vor den Sitzungen abzusprechen, bäte aber darum, auf russische Empfindlichkeiten Rücksicht zu nehmen.
1913-07-21-DE-002     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Begleitbrief.
1913-07-22-DE-001     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt (Jagow)
Zwischen dem russischen Botschafter Giers gäbe es seit dem Balkankrieg einen Graben, schreibt Wangenheim, "der durch die Armenierfrage noch verbreitert worden ist". Giers schreibe sich ein Verdienst an dem Zusammenbruch der europäischen Türkei zu. "Jetzt benützt er die Armenierfrage, um den Untergang auch der kleinasiatischen Türkei vorzubereiten." Häufig habe Giers Armenier zu ihm geschickt, so Wangenheim, um ihn dafür zu gewinnen, dem Mandelstamschen Projekt zuzustimmen. Wenn das russische Projekt falle, dann müsse von Seiten Deutschlands etwas geschehen, "damit keine Massakers stattfinden, und damit wir nicht die Verantwort für das Scheitern der Reformen den Armeniern gegenüber zu tragen haben."
1913-07-23-DE-002     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
Die Dreibunddelegierten erklärten, daß es ratsamer sei, den armenischen Reformen die türkischen Reformgesetze zugrunde zu legen.
1913-07-24-DE-001     Auswärtiges Amt (Jagow) an Botschaft Konstantinopel (Wangenheim)
Grey haben Petersburg mitteilen lassen, "daß Projekt der Mächte betreffend armenische Reformen von türkischer Regierung ohne Zwangsmaßregeln angenommen werden sollte, und daß wünschenswert sei, russisches und türkisches Projekt zu prüfen." Die Reformen für Armenien seien am dringendsten. Wien und Rom wünschten ebenfalls, russische Empfindlichkeit möglichst zu schonen.
1913-07-24-DE-002     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
Die Delegierten der Tripelentente erklärten, sie hätten an ihren während der Besprechung des russischen Projekts gegebenen Darlegungen nichts zu ändern.
1913-07-24-DE-003     Botschaft St. Petersburg (Pourtalès) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Sazonow hätte mit ihm die Frage der armenischen Reformen erörtert, schreibt Pourtalès, und erzählte, daß wieder einflußsreiche Armenier bei ihm gewesen seien, "um ihm die Unhaltbarkeit der Zustände in den armenischen Vilajets zu schildern und ihm mitzuteilen, dass man dort nur auf einen Wink der Russischen Regierung warte, um den Aufstand ausbrechen zu lassen. Der Minister will sehr ernst geantwortet haben, die Russische Regierung denke gar nicht daran, einen solchen Wink zu erteilen, er würde es vielmehr für ein Verbrechen halten, die Armenier von hier aus zu hetzen."
1913-07-24-DE-004     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Eine Erklärung der Dreubundbotschaften.
1913-07-25-DE-001     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
Giers habe sich dem österreichischen Kollegen gegenüber sehr dankbar für das in den letzten Sitzungen der Armenier-Konferenz von seiten des Dreibunds bewiesenen Entgegenkommens ausgesprochen.
1913-07-25-DE-002     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Sitzungen 4 und 5.
1913-07-26-DE-002     Botschaft London (Lichnowsky) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Begleitbrief
1913-07-27-DE-001     Auswärtiges Amt (Jagow) an Botschaft Konstantinopel (Wangenheim)
Jagow gibt zu bedenken, daß bei der von Rußland anvisierten Stellung des Generalgouverneurs bei einer Ausdehnung des Reformwerks auf ganz Kleinasien "nicht auch in unserer Arbeitszone der deutsche Einfluß in einer mit starken Machtbefugnissen ausgestatteten Zentralstelle wirksamer zum Ausdruck kommen würde als in einer größeren Zahl von untergeordneten Stellungen." Das Prinzip einer Proportionalität hält Jagow für zu gefährlich, weil die Fluktuation groß sei. Das baldige Zustandekommen eines Reformprojekts sei wünschenswert," um Rußland jeden Vorwand zum Eingreifen in Armenien zu nehmen."
1913-07-27-DE-002     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
Die türkische Regierung habe Schweden um drei Inspektoren für Syrien gebeten.
1913-07-28-DE-001     Botschaft London (Lichnowsky) an Auswärtiges Amt
Sir E Grey habe den britischen Vertreter in Konstantinopel beauftragt, "identischen Schritt auszuführen sowie alle Kollegen entsprechende Weisung erhalten,"
1913-07-28-DE-003     Großes Hauptquartier (Treutler) an Auswärtiges Amt (Jagow)
Wilhelm II sei keineswegs der Meinung, daß ein Einrücken Rußlands in Armenien inopportune sei.
1913-07-29-DE-001     "Vorwärts"
Der "Vorwärts" setzt sich mit der aggressiven Rolle Rußlands auseinander und meint zur Reformfrage: "Ein Moment der steten Beunruhigung bleibt die armenische Frage immerhin. Um so dringender ist es deshalb, daß die Mächte durch eine energische Einmischung in die armenische Reformfrage dem russischen Imperialismus in Kleinasien den Boden unter den Füßen entziehen."
1913-07-30-DE-001     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
Mutmaßungen über die französische Haltung zum Mandelstam-Projekt.
1913-07-31-DE-001     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt (Jagow)
Jagows Neigung, einen mit weitgehenden Machtbefugnissen ausgestatteten Oberkommissar für Armenien unter der Voraussetzung zuzulassen, daß für das Deutschland interessierende Gebiet ein Oberkommissar mit analogen Befugnissen ernannt würde, hält Wangenheim für höchst gefährlich. Dazu wäre es erforderlich, "daß das auf fünf Zonen verteilte deutsche Arbeitsgebiet zu einer Provinz vereinigt würde", was die türkische Regierung sicherlich nicht akzeptieren würde. Die von Jagow vorgeschlagene Politik "würde einen entscheidenden Wendepunkt in unserer türkischen Politik bedeuten." Deutsche Politik sei es gewesen, die asiatische Türkei zu erhalten und zu konsolidieren. "Lediglich auf diesem Zusammengehen mit der Türkei beruhte der deutsche Einfluß in Konstantinopel", so Wangenheim.
1913-07-31-DE-002     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Protokolle der 6. 7. und 8. Sitzung
1913-07-31-DE-003     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Wangenheim setzt sich ausführlich mit dem Problem der Repräsentation der beiden Hauptreligionen - Islam und Christentum - bei den geplanten Reformen auseinander.
1913-08-01-DE-001     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Die Erklärungen des russischen Außenministers Sasonows, daß Rußland kein Expansionsziel in der Türkei verfolge, dürften, so Wangenheim, nicht darüber hinwegtäuschen, daß Rußland sein Ziel, den Bosporus zu erobern, je aufgegeben hätte.
1913-08-02-DE-001     "Weser-Zeitung"
Rohrbach zitiert ausführlich den russischen Journalisten Olgenin, der eine Reise durch die Türkei gemacht hat und die Erkenntnis mitbrachte, nur die Russen könnten den Armeniern helfen: "Wenn Rußland nicht interveniert, so sind die Armenier verloren." Nicht von den Kurden drohe den Armeniern die größte Gefahr, sondern von der türkischen Regierung. "Wenn den halbwilden Albaniern die Österreicher die Autonomie verschaffen", so sein Plädoyer, "warum können wir nicht das gleiche für das benachbarte Armenien tun?"
1913-08-04-DE-001     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
Die Türken in Thrazien müßten erschlagen werden, habe ein Agitator in Adrianopel gesagt und Deutsche nach Konstantinopel gemeldet, damit Europa erkenne, welche Gefühle die Armenier gegen die Türken zum Ausdruck brächten, sobald sie sich nicht mehr unter türkischer Knechtschaft befänden.
1913-08-04-DE-002     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Wangenheim unterbreitet einen Kompromißvorschlag für die Reformen, der vom türkischen Projekt ausgeht, aber viele der im russischen Entwurf enthaltenen Bestimmungen übernimmt.
1913-08-05-DE-001     Auswärtiges Amt (Zimmermann) an Botschaft Konstantinopel (Wangenheim)
Der englische Botschafter in St. Petersburg habe gesagt, er rechne ernstlich mit einem Einmarsch der Russen in Armenien.
1913-08-05-DE-002     Botschaft St. Petersburg (Pourtalès) an Auswärtiges Amt
Rußlands Außenminister Sasonow macht den Vorschlag, aus den sechs Provinzen zwei einem nicht-türkischen Generalgouverneur zu unterstellen.
1913-08-08-DE-001     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt (Jagow)
In den Besprechungen über die Reformen, so Wangenheim, sei in so vielen Punkten Einigung erzielt worden, daß "sich daraus wohl ein Vermittlungsprogramm konstruieren liesse". Allerding bezweifele er, daß die Russen wirklich eine Reform und damit eine Stärkung der Türkei wünschten.
1913-08-09-DE-001     Östereichisch-Ungarische Botschaft in Berlin an Deutsche Auswärtiges Amt
Italiens Außenminister Antonino Marchese di San Giuliano habe dem Wiener Kabinett eine reduzierte vorläufige Liste von Reform-Maßnahmen vorgeschlagen.
1913-08-10-DE-001     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
Lepsius habe mit dem armenischen Aktionskomitee verhandelt und erreicht, daß das Mandelstam-Projekt grundsätzlich zurückgezogen wird.
1913-08-13-DE-001     Botschaft London (Lichnowsky) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Sir Edward Grey betonte im Parlament, daß die Mächte bei bei den Reformen, so Lichnowsky, "das Ziel verfolgten, der Türkei ihre Mitwirkung und Unterstützung zur Schaffung einer einwandfreien Verwaltung und dadurch zur Wahrung ihres asiatischen Besitzstandes zu sichern, und dass sie nicht beabsichtigten, abgesonderte Interessengebiete im Türkischen Reiche zu schaffen."
1913-08-18-DE-001     Hans Steiger an Auswärtiges Amt
Um dem armenischen Volk beiszustehen, solle Deutschland jetzt "Rußland den Einmarsch in Armenien gestatten resp. sie dazu anzuregen".
1913-08-21-DE-001     Botschaft Paris (Radowitz) an Auswärtiges Amt
Die Russen würden wohl akzeptieren, daß die Türkei Adrianopel behalte, so der Politischer Direktor im Pariser Auswärtigen Amt, Maurice Paléolologue, zu Radowitz, "vom Vorgehen in Armenien würde Frankreich es abzuhalten suchen, da es hiervon Aufrollung asiatischer Frage befürchte, die es absolut vermeiden wollte."
1913-08-22-DE-001     Botschaft St. Petersburg (Pourtalès) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Pourtalès besteht darauf, daß Sasonow anders als viele Russen nicht auf Expansionskurs aus sei. Bei allen maßgebenden Kriesen bestehe auf jeden Fall "sowohl aus militärischen wie aus innerpolitischen Gründen eine ausgesprochene Abneigung gegen die Annexion von Gebieten mit armenischer Bevölkerung".
1913-08-27-DE-001     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Er sehe so Wangenheim, keinen Sinn in einer italienische Initiative des Marquis di San Giuliano, die Gleichberechtigung der drei Hauptsprachen oder und die Lösungder Agrarfrage fallenzulassen. da die türkische Regierung dagegen keinen Widerstand leiste.
1913-08-29-DE-001     Russische Botschaft Berlin (Bronewsky) an Deutsches Auswärtiges Amt (Wilhelm von Stumm)
In einem Memorandum setzt sich die russische Botschaft in Berlin nochmals für die Schaffung einer einheitlichen armenischen Provinz ein sowie für die Ernennung der beiden Generalgouverneure im Einverständnis mit den Großmächten. Jagow bittet Pourtalès um Stellungnahme.
1913-08-29-DE-002    
Der italienische Außenminister würde es begrüßen, wenn Pforte ohne Druck zur Annahme des Programms gebracht würde.
1913-08-29-DE-003     "Berliner Tageblatt"
Der Katholikos, meldet das Berliner Tageblatt aus Petersburg, habe die russische Regierung um Hilfe gebeten und ein großes Blutbad vorausgesagt. Sasonow habe gesagt, daß die Frage in nächster Zeit nicht aufgerollt werden würde, zugleich gäbe es Behauptungen, daß Deutschland in dieser Frage demnächst die Initiative ergreifen werde.
1913-08-30-DE-002     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
In einem Gespräch habe Mandelstam "als einzige eventuelle Konzession einen Verzicht Rußlands auf ein einheitliches Armenien angeboten, besteht aber auf Beseitigung der Vilajets, auf Generalinspekteure, die mit Zustimmung der Mächte ernannt werden sollen, und auf Beamtenernennungsrecht der Generalinspekteure". Wangenheim habe daraufhin mit dem Großwesir gesprochen. Nach dessen Mmeinung sei die Einrichtung der Reformen "ausschließlich Sache derTürkei; das Recht der Mächte, die Ausführung der Reformen zu kontrollieren, erkenne er an und werde darüber mit sich reden lassen."
1913-08-31-DE-002     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
Lepsius sei über die Schweiz, wo er Nubar treffen wollte, nach Berlin abgereist. Seine Verhandlungen mit Armeniern hätten mit Wissen des Großwesirs stattgefunden.
1913-09-05-DE-001     Botschaft St. Petersburg (Lucius von Stoedten) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Das russische Außenministerium habe mit Freude davon Kenntnis genommen, "dass Baron Wangenheim beauftragt worden sei, die dortigen Verhältnisse im Hinblick einer deutsch-russischen Verständigung zu studieren." Die Lage in Armenien sei besorgniserregend und Rußland erscheine "eine Verständigung mit uns sehr erwünscht".
1913-09-06-DE-001     Auswärtiges Amt (Jagow) an Botschaft Konstantinopel (Wangenheim)
Wangenheim solle seine Äußerung zur armenischen Frage beschleunigen.
1913-09-06-DE-003     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
Auf die russische Anregung sei zu antworten, dass wir uns viele Punkte des russischen Programms zu eigen gemacht hätten. Über die Punkte, auf welche Russland den Hauptwert lege, ließe sich wohl eine Einigkeit unter den Mächten erzielen lassen. Auch würden gerade diese Punkte von der Pforte abgelehnt werden. Jagow verlangte präzisere Antworten.
1913-09-08-DE-001     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
Rußland seien von Deutschland während der bisherigen Beratungen die weitgehendsten Konzessionen gemacht worden. Er, Wangenheim, sei dabei "im Interesse unserer Beziehungen zu Rußland so weit gegangen, als ich es mit den mir anvertrauten Interessen nur irgend vereinbaren konnte." Rußland habe aber an seinem Programm nichts Wesentliches geändert. "Meine Bemühungen, die Armenier und die Türken zusammenzuführen, werden dadurch erschwert, daß Herr von Giers den Armeniern ihr im Jahre 1908 mit Rußland geschlossenes Abkommen, welches die Regelung der armenischen Frage in die Hände Rußlands legt, ins Gedächtnis gerufen hat und ihnen gedroht hat, Rußland werde sich für einen Abfall an den russischen Armeniern rächen." Aus alledem habe er "den bestimmten Eindruck gewonnen, daß Rußland entweder die armenische Frage in spezifisch russischem Sinne lösen oder die Reformen zum Scheitern bringen will."
1913-09-08-DE-002     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Wangenheim berichtet über den Versuch, durch direkte Gespräche einen Kompromiß zwischen den russischen und deutschen Vorstellungen über die armenischen Reformen zu kommen. Dabei stellten sich in wesentlichen Fragen unüberbückbare Gegensätze heraus. Wangenheim empfiehl, über die russische Regierung Instruktionen zu bekommen, die ein Grundlage für einen gemeinsamen Schritt sein könne.
1913-09-10-DE-001     Auswärtiges Amt (Jagow) an Russische Botschaft Berlin
Jagow gibt den deutschen Standpunkt wieder, wonach es angebracht sei, vom türkischen Reformvorschlag auszugehen und Details des russischen Konzepts darin einzubauen.
1913-09-10-DE-002     Auswärtiges Amt (Rosenberg)
Rosenberg (von Jagow als Erlaß nach Konstantinopel vom 13.9.1913 Nr. 557 übernommen) plädiert dafür, "einer vielleicht radikaleren, aber für den Augenblick bei der Pforte nicht durchzusetzenden Lösung zuliebe, die schon jetzt erreichbaren Vorteile zu gefährden" und regt an, in Konstantinopel nunmehr zu Verhandlungen auf Botschafterebene überzugehen.
1913-09-12-DE-001     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
Eine Unterredung mit dem armenischen Abgeordneten von Konstantinopel, Zohrab, habe ergeben, daß die Armenier mit der Beibehaltung der türkischen Vilajets-Einteilung einverstanen sind. Die Armenier würden das Hauptgewicht darauf legen, daß die Generalinspektoren unabhängig sind, indem die Mächte bei ihrer Ernennung ein Zustimmungsrecht hätten.
1913-09-13-DE-001     Auswärtiges Amt (Jagow) an Botschaft Konstantinopel (Wangenheim)
Das russische Promemoria zur armenischen Frage sei beantwortet worden. Mündlich habe Jagow zur Frage der Einteilung Armeniens die deutsche Auffassung geltend gemacht. Zur Frage der Ernennung und Befugnisse der Generalinspektoren habe er sich eine endgültige Stellungnahme vorbehalten.
1913-09-15-DE-001     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
Graf Pourtalès habe Herrn Anders in Tiflis getroffen und erklärt, Sazonow zeige neuerdings in Frage Reformen Ost-Anatoliens entgegenkommendere Haltung.
1913-09-15-DE-002     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
Wangenheim und sein russischer Kollege Giers erzielten Einverständnis über wichtige Punkte des Reformprojekt.
1913-09-16-DE-001     Botschaft St. Petersburg (Pourtalès) an Auswärtiges Amt
Das russischen Außenamt sei besorgt über neue Unruhen in der Region um Van und die Wahl des nationalistisch gesinnten armenischen Patriarchen in Konstantinopel. Unter diesen Umständen sei es sehr wünschenswert, daß eine Einigung über die Reform nicht zu spät käme.
1913-09-20-DE-001     Aufwärtiges Amt (Jagow) an Botschaftern Wien und Rom
Wangenheim habe mit Giers wegen der beunruhigenden Nachrichten aus Armenien auf einen Kompromiß geeinigt. Die Form gehe aus dem anliegenden Bericht des Botschafter vom 15. des Monats (Dok. 1913 09-15-DE-002) hervor.
1913-09-21-DE-001     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Wangenheim kommentiert die fünf vom armenischen Abgeordneten Zohrab als essentials vorgetragenen Punkte zu den Reformen.
1913-09-22-DE-001     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
Wangenheim und Giers haben sich auf ein gemeinsames Programm geeinigt, wollen es aber noch nicht der türkischen Regierung mitteilen. "Wir beabsichtigen daher, den Großwesir zu veranlassen, die Mächte mittels Note um Empfehlung zweier Generalinspekteure zu bitten. In der Antwortnote könnten dann der Pforte die übrigen Punkte des Programms als Wunsch der Mächte mitgeteilt werden". Jagow bittet die Regierungen in Wien und Rom um Stellungsnahmen.
1913-09-22-DE-002     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
Nach der Unterredung über die armenische Frage habe der russische Botschaft Giers die Hoffnung ausgedrückt, "dass unser Zusammenarbeiten der Ausgang nicht nur einer deutsch-russischen Kooperation zum Zweck der Erhaltung der Türkei werden möge." Ziel der deutsch-russischen Politik müsse die "Verhinderung der Teilung und Reform zur Verhütung von inneren Revolutionen" sein. Zur Konsolidierung der türkischen Herrschaft sei es auch erwünscht, "dass die Kleinasien vorgelagerten Inseln türkisch" blieben. "Die Wiedereroberung der Inseln", so Giers, " sei das durchaus berechtigte Ziel der heutigen türkischen Politik, von dem keine türkische Regierung ablassen kann."
1913-09-23-DE-001     Deutsche Orient-Mission (Johannes Lepsius) an Auswärtiges Amt (Zimmermann)
Lepsius bestreitet, Mandelstamm Zugeständnisse gemacht zu haben, warnt aber davor, die Armenier in die Arme der Russen zu treiben, indem man sie zwingt, in der Reformfrage mit den Türken zu verhandeln.
1913-09-23-DE-002     Botschaft St. Petersburg (Pourtalès) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Das russische Außenministerium bittet noch um zwei Nachbesserungen für die Reformen.
1913-09-24-DE-002     Botschaft Wien (Stolberg) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Im Außenamt sei ihm beschieden worden, meldet Stolberg, daß Österreich-Ungarn eine Einigung zwischen Deutschland und Russland über diesen Punkt begrüssen und deshalb mit allem, was die Kabinette von Berlin und St. Petersburg hierüber vereinbaren, einverstanden sein würde.
1913-09-26-DE-001     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
Botschafter Wangenheim legt zwei Berichte von Reisen des Konsuls in Erzerum, Edgar Anders, nach Etschmiadzin vor, wo er auch mit dem Katholikos einen Gedankenaustausch gepflegt habe.
1913-09-27-DE-003     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
Die veränderte russische Taktik in der Armenierfrage, so Wangenheim, deute "im Zusammenhang mit der plötzlichen türkenfreundlichen Sprache des russischen Botschafters" darauf hin, daß Rußland "nach dem Scheitern seiner Verödungspolitik jetzt Pénétrations-Politik nach deutschem und französischem Muster treiben will."
1913-09-28-DE-001     Botschaft Wien (Stolberg) an Auswärtiges Amt
Die Wiener Regierung sei bereit, das Wangenheim-Projekt zu unterstützen. Allerdings lege sie Wert darauf, daß "im Falle der Berufung ausländischer Reformorgane für die beiden anatolischen Sektoren" auch ein Angehöriger der Monarchie in Betracht gezogen werde. Angehörige der Großmächte würden als Generalinspektoren für die beiden anatolischen Sektoren voraussichtlich nicht in Frage kommen, so Jagows Antwort. Weil sich die Großmächte gegenseitig blockieren, dürfte die Wahl der Generalgouverneure schließlich auf Angehörige kleinerer neutraler Staaten fallen.
1913-09-28-DE-002     Österreich-Ungarische Botschaft in Berlin an Auswärtiges Amt (Jagow)
Graf Berchtold habe keine Einwände gegen das deutsch-russischen Reformprojekt, schreibt der österreichische Botschafter in Berlin. Jedoch lege Berchtold Gewicht darauf, "daß im Falle der Berufung ausländischer Reformorgane für die beiden anatolischen Sektoren auch die Heranziehung eines Angehörigen der öst.ung. Monarchie in Betracht gezogen werde."
1913-09-29-DE-001     "Droschak" an Deutsches Auswärtiges Amt
Trotz aller Reformprojekten und Versprechungen Europas seit dem Berliner Kongreß sei die Lage Armeniens immer dieselbe geblieben: eine langsame methodische Ausrottung der armenischen Rasse. Die einzige Lösung seien Reformen unter europäischer Kontrolle. "Wenn auch diesmal Europa seine langjährigen Engagements nicht hält und das Reformwerk Türken überläßt, so werden Friede und Integrität der asiatischen Türkei bloße Worte, denn armenische Bevölkerung wird in ihrer supremen Hoffnungslosigkeit sicherlich äußerste Mittel gebrauchen, um ihren Höllenzuständen um jeden Preis ein Ende zu machen."
1913-09-29-DE-002     Botschaft Rom (Hindenburg) an Auswärtiges Amt
Der Minister habe sich mit dem Plan, Rußland durch Überredung der Pforte den Vorwand zu selbständigem Vorgehen in Armenien zu nehmen, einverstanden erklärt.Er würde es begrüßen, wenn die Pforte ohne Druck zur Annahme Programms gebracht würde.
1913-09-29-DE-003     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
Der Großwesir habe namentlich Punkt 1 als diskutabel bezeichnet und hoffte, "eine alle Beteiligten befriedigende Formel zu finden." Djavid hingegen glaube nicht, daß seine Partei eine dauernde Mitwirkung der Mächte bei der Einsetzung der Generalinspekteure akzeptieren würde.
1913-09-29-DE-004     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
Der französische Botchafter Bompard habe beim Großvezier wegen der armenischen Frage in derselben Weise sondiert wie der russische Botschafter Giers und er selbst.
1913-10-01-DE-001     Deutsche Orient-Mission (Johannes Lepsius) an Auswärtiges Amt (Zimmermann)
In einem Protokoll seiner Gespräche mit armenischen Führern in Konstantinopel berichtet Lepsius über die Interessenlage Rußlands in der Frage der armenischen Reformen und mögliche Kompromisse. Das russiche Projekt sei vom armenischen Patriarchat ausgearbeitet und von dem russischen Dragoman Mandelstam voll übernommen worden. Damit hätten die Russen sich der Armenier versichern wollen.
1913-10-01-DE-002     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
Das Verhalten des russischen Botschafters von Giers sei vollkommen loyal.
1913-10-06-DE-001     Botschaft Rom (Hindenburg) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Der italienische Außenminister habe mit Vergnügen vernommen, daß Herr v. Giers loyal an der Lösung der armenischen Reformfrage mitarbeitet. Der Marquis würde es begrüßen, wenn Deutschland und Rußland in dieser für den allgemeinen Frieden so wichtigen Frage einen Ausgleich herbeiführen würden.
1913-10-14-DE-001     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
Die Pforte habe ihre Meinung erheblich geändert und erhebe nunmehr gravierende Einspürche gegen das Reformprojekt.
1913-10-16-DE-001     Botschaft London (Kühlmann) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Niemand in Russland, so bestimmte, aber verantwortliche Kreise in London, wünsche die Angliederung türkischen Gebietes an das Zarenreich, weil "das nichts anderes bedeuten könne als Vermehrung des armenischen Elements in Russland. Die Armenier hätten sich in noch weit höherem Grade als die Juden als Elemente der Zersetzung erwiesen und überall der Revolution die gefährlichsten Kämpfer gestellt."
1913-10-20-DE-001     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt (Zimmermann)
In der Armenierfrage müsse sich Deutschland auf sehr hartnäckigen Widerstand der Pforte gefaßt machen. Für erreichbar hält Wangenheim vorläufig "nur die Einsetzung von türkischen Generalinspekteuren und Ausstattung derselben mit den Gerechtsamen, die im Programm Mandelstamm vorgesehen waren." Der russische Botschafter Giers und er bestünden darauf, "daß der Großvezier zunächst einen schriftlichen Gegenvorschlag formuliert". Die Kooperation mit Giers funktioniere vortrefflich. Wangenheim: "Ich muß unbedingt vermeiden, daß Rußland gegen uns mißtrauisch wird und den türkischen Widerstand auf eine geheime deutsche Einwirkung zurückführt. Dieser Punkt ist wichtiger als das ganze armenische Programm."
1913-10-22-DE-001     Auswärtiges Amt (Zimmermann) an Botschaft Konstantinopel (Wangenheim)
Rußlands Außenminister Sasonow gegrüße das Zusammengehen mit Giers und werde Wangenheim den Vortritt lassen, "der Pforte die vereinbarten Vorschläge schmackhaft zu machen".
1913-10-22-DE-002     Auswärtiges Amt (Zimmermann) an Botschaften Wien, Rom
Die Aufrechterhaltung der Integrität der asiatischen Türkei in ihrem gegenwärtigen Besitzstande sei, so Sazonow, eines der Ziele der russischen Politik.
1913-10-23-DE-001     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
Die Pforte sei zu keinen Konzessionen mehr bereit und selbst Rußland schwenke auf die harte türkische Linie ein.
1913-10-24-DE-001     Auswärtiges Amt (Zimmermann) an Botschaft Konstantinopel (Wangenheim)
Es läge "nach hiesigen Eindrücken" keinesfalls "in Russlands Absicht, uns in der armenischen Frage vorzuschieben, um das Odium eines etwaigen Scheiterns der Reformen auf uns abzuwälzen", schreibt Zimmermann. Rußlands Außenminister Sasonow habe "auf das bestimmteste und in durchaus überzeugender Weise in Abrede" gestellt, daß "Russland auf Türkisch-Armenien Absichten hätte".
1913-10-24-DE-002     Botschaft St. Petersburg (Lucius von Stoedten) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Deutschland, so die Zeitung "Retsch", interessiere sich hauptsächlich für die Provinz Adana und weniger für die sechs armenischen Vilajets. Der deutsche Widerstand gegen die Reformen in Armenien sei darauf gerichtet gewesen, das russische Projekt zum Scheitern zu bringen, "um alsdann das verwendbare deutsche Projekt einzuführen".
1913-10-27-DE-001     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an den Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Keinerlei Unruhen im Vilajet Erzerum.
1913-10-28-DE-001     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
Die Türkei bestünde darauf, daß die zu ernennenden Generalinspekteure Türken sein müßten, hätten aber nicht dagegen, "daß eigentliche Leitung der Reformen dem jedem Generalinspekteur beizugebenden europäischen Gehilfen und dessen technischen Unterorganen (gleichfalls Europäer) zufallen müsse".
1913-10-28-DE-002     Botschaft St. Petersburg (Lucius von Stoedten) an Auswärtiges Amt
Die österreichische "Politik der Überraschungen", so Sasonow, mache ihm ernste Sorgen. "Solange Österreich uns frage, bevor es einen schwerwiegenden Entschluß fasse, sei er vollkommen beruhigt. Hierfür sei aber leider keinerlei Sicherheit vorhanden, wie erst der letzte Vorgang gezeigt habe. Österreich stelle seine Allierten stets vor ein fait accompli."
1913-10-29-DE-001     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
Aus einer Unterredung mit Großwesir habe Giers den Eindruck gewonnen, daß Said Halim "unter dem chauvinistischen Druck des Komitees steht und unser Programm deshalb nicht annehmen könne und werde."
1913-10-30-DE-001     Auswärtiges Amt (Zimmermann) an Botschaft Konstantinopel (Wangenheim)
Wangenheim soll Giers gegenüber angeregt haben, die Zustimmung zu einer vierprozentigen Zollerhöhung von der Annahme des armenischen Reformprojekts abhängig zu machen. Zimmermann gibt zu bedenken, ob dem nicht bereits in Zollerhöhungsfragen der Pforte erteilte Zusicherungen entgegenstehen.
1913-10-30-DE-002     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Wangenheim referiert zwei türkische Zeitungen zum Thema Großmächte und Reformen.
1913-10-31-DE-001     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
Giers habe eine gemeinsame russisch-deutsch Drohung angeregt, einer Zollerhöhung die Zustimmung zu versagen. Wangenheim sei inzwischen der Überzeugung, "daß auch die Verweigerung der Zollerhöhung die Regierung zu keiner Konzession bezüglich Anatoliens bewegen würde".
1913-11-01-DE-001     Armenische Delegation in Paris (Boghos Nubar Pascha) an Deutsches Auswärtiges Amt (Zimmermann)
Dankesbrief an Zimmermann für das Voranbringen der armenischen Reformen.
1913-11-03-DE-001     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
Der Großvezier habe ihm gesagt, aus einer Unterhaltung mit Giers den Eindruck gewonnen zu haben, daß Rußland die Einsetzung von Generalinspekteuren unter Garantie der Mächte fallen lasse. Said Halim glaube, "dass wir uns der Lösung der Frage nähern".
1913-11-05-DE-001     Britische Botschaft in Berlin an Deutsches Auswärtiges Amt (Zimmermann)
Edward Grey würde permanent von der osmanischen Regierung aufgefordert, britische Offizielle für neue Posten in den armenischen Provinzen zu ernennen.
1913-11-05-DE-002     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Anders berichtet aus Erzerum über die Durchreise des armenischen Patriarchen Zaven und seinen Empfang durch die Armenier der Stadt sowie die türkischen Offiziellen.
1913-11-07-DE-001     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
Wangenheim präsentiert einen gemeinsamen russisch-deutschen Vermittlungsvorschlag.
1913-11-08-DE-001     Botschaft St. Petersburg (Lucius von Stoedten) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Das russische Außenamt schien geneigt, den türkischen Vorschlag anzunehmen, wollte aber noch die Stellungsnahme von von Giers abwarten.
1913-11-09-DE-001     Deutsche Orient-Mission (Johannes Lepsius) an Auswärtiges Amt (Zimmermann)
Lepsius bittet um Unterredung und teilt mit, daß er sich zu einer Veranstaltung nach Paris begeben werde und zu befürchten ist, daß die Pforte sich dem Reformprogramm entziehen will. Er gibt zur Erwägung, für die verlangte Zollerhöhung die Annahme des Reformprogramms zur Bedingung zu machen.
1913-11-15-DE-002     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Die in dem beigefügten Bericht ausgesprochenen Ansichten, die Kurden "zur Aufrollung der armenischen Frage" zu benutzen, komme den Anschauungen der russischen Zivil- und Militärbehörden in diesen Grenzbezirken "zum mindesten sehr nahe".
1913-11-19-DE-001     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Der Großvesir habe entscheidenden Zugeständnisse gemacht, indem er die Großmächte um Berater bittet. Der Generalinspekteur würde keine administrativen Maßnahmen ergreifen, ohne den Berater zuvor zu fragen, dessen Standpunkt schließlich gültig sei.
1913-11-20-DE-001     Botschaft St. Petersburg (Lucius von Stoedten) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Die Türkei habe, nach einem Zeitungsbericht, auch die letzten deutsch-russischen Vorschläge abgelehnt, und zeige sich, so Sasonow, in letzter Zeit immer weniger "traitable".
1913-11-21-DE-002     "Frankfurter Zeitung"
Beurteilung der Lage in den von Armeniern bewohnten Gebieten.
1913-11-21-DE-003     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an den Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Nach einem Essen habe mit Djemal Bey gesprochen und festgestellt, so Wangenheim, daß dessen Haltung viel intransigenter als früher sei. Djemal meine, daß seine Partei "die europäische Intervention, auch wenn sie nur in versteckter Form wie bei der Bestellung von Beratern der Generalinspekteure durch die Mächte zum Ausdruck komme, entschieden ablehne". Die Lage habe sich erheblich verändert, habe Djemal ausgeführt. "Die Erwartungen, welche die Bevölkerung an die Leistungen des Komitees knüpfe, seien nach den diplomatischen Erfolgen der Türkei bei den letzten Friedensschlüssen bedeutend gestiegen."
1913-11-22-DE-001     Armenische Delegtion Paris (Boghos Nubar Pascha) an Auswärtiges Amt (Zimmermann)
Boghos Nubar Pascha lehnt das Reformprojekt der Pforte ab, weil es keine wirksame Kontrolle möglich mache. Das vorgeschlagene System der westlichen Berater funktioniere zwar in Ägypten, aber nur, weil als einzige Macht Großbritannien dahinter stünde. Durch finanziellen Druck könnten die Großmächte die Hohe Pforte gefügig machen.
1913-11-22-DE-002     Botschaft St. Petersburg (Lucius von Stoedten) an Auswärtiges Amt
Es werde darauf ankommen, so Außenminister Sasonow, in der Frage der armenischen Reformen "d’imposer notre volonté à la Turquie". "Wenn die armenischen Massacres im Frühjahr wieder anfingen, so würde Rußland an seiner kaukasischen Grenze dies nicht mehr ruhig mit ansehen. Die Armenier selbst wünschten den fremden Schutz und hätten keinerlei Zutrauen zu den türkischen Behörden."
1913-11-23-DE-001     Auswärtiges Amt (Rosenberg)
Reschid Safvet Bey habe die Unterlagen für Zimmermann übergeben.
1913-11-23-DE-002     Botschaft St. Petersburg (Lucius von Stoedten) an Auswärtiges Amt
Sasonow habe seine Befriedigung über die Rede des Grafen Berchtold ausgedrückt.
1913-11-23-DE-003     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
In der türkischen Presse verschärfe sich der Ton gegen euopäischen Kontrollen bei den geplanten Reformen.
1913-11-24-DK-001     Gesandtskab St. Petersborg (Harald Scavenius) an Udenrigsministeriet København (Erik Scavenius)
Bericht des dänischen Gesandtem in Rußland, Harald Scavenius, über die Verhandlungen zwischen den Großmächten und dem Osmanischen Reich über die Durchführung der Reformen in den armenischem Vilayets im östlichem Anatolien.
1913-11-26-DE-001     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Wangenheim versuchte dem Großvesir klarzumahcne, daß durch den gemeinsamen deutsch-russischen Vorstoß erstmals die armenische Frage zu einer aller Großmächte und nicht mehr Rußlands gemacht worden sei. Daß die Pforte sich mit der Gesamtheit der Mächte eher abzufinden weiß als mit einzelnen Mächten, habe der türkische Erfolg in der Adrianopler Frage bewiesen.
1913-11-27-DE-001     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Wangenheim referiert türkische Zeitungen, die zunehmend gegen die armenischen Forderungen Front machen.
1913-11-28-DE-001     Botschaft St. Petersburg (Lucius von Stoedten) an Auswärtiges Amt
Außenmiister Sasonow habe nochmals darum gebeten, den General nicht in Konstantinopel residieren zu lassen. Seinerzeit habe England der Türkei für Armenien die Entsendung von Gendarmen versprochen. Als Rußland gebeten habe, dies zu unterlassen, habe England dem russischen Wunsche entsprochen, ohne daß sein Prestige im geringsten gelitten habe.
1913-11-28-DE-002     "Retsch"
Die 6 armenische Vilajets würden lauf "Retsch" in die russische Interessensphäre fallen.
1913-12-01-DE-001     "Le Journal des Débats"
Auf das Reformprojekt des Großmächte, so die Zeitung, habe die türkische Regierung mit einem eigenen Reformprojekt geantwortet. Das sei die übliche Methode, wirksame Projekte überflüssig zu machen. Ein internationaler Kongreß in Paris habe zur Durchführung des Projekts der Großmächte aufgefordert und Druck auf die Türkei verlangt.
1913-12-01-DE-002     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Wangenheim referiert türkische Zeitungen, die die Stellung der deutschen Offiziere in der Türkei mit der der Reformer in Ostanatolien vergleichen und Rückschlüsse auf die Absichten der Großmächte ziehen.
1913-12-02-DE-001     Botschaft Paris (Schoen) an Auswärtiges Amt
Lepsius habe einem Redakteur des "Echo de Paris" erklärt, daß Deutschland Rußland mitgeteilt habe, im Falle russischer Intervention in Armenien seine Armee zu mobilisieren. Jagow verlangt Dementi von Lepsius.
1913-12-03-DE-001     Deutsche Orient-Mission (Johannes Lepsius) an Auswärtiges Amt (Zimmermann)
Lepsius überreicht die Resolution einer Pariser Konferenz zu den armenischen Reformen.
1913-12-03-DE-002     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Der Großvesier habe ihn "als seinem persönlichen Freunde" um Rat gebeten, wie er aus dem Dilemma mit seiner Partei herauskommen könne. Er habe daraufhin den Rat erteilt, die Großmächte aufzufordern, "die Mächte möchten ihre gegebene Zusage nunmehr erfüllen und der Pforte für jeden der armenischen Sektoren je eine oder mehrere Persönlichkeiten bezeichnen, welche nach Ansicht der Regierungen geeignet seien, den türkischen Generalinspekteuren als Berater zur Seite zu stehen. In dem Schreiben an die Kabinette möge die Pforte dann im einzelnen die Rechte aufführen, welche den Generalinspektoren und den Beratern zustehen sollten".
1913-12-04-DE-001     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Armenier in Erzerum behaupteten, Konsul Anders habe gemeldet, daß Deutschland insgeheim den Türken den Rücken stärke, das Reformprojekt abzulehnen.
1913-12-04-DE-004     "Haratsch"
Der Vali bestrafe zwar Banditen in der Region Van, so die armenische Zeitung, ändere aber nicht die armenierfeindliche Politik der Regierung.
1913-12-05-DE-001     "Tanin"
Die Türkei, so der "Tanin", sei nicht bereit, die Reformer als Repräsentanten einer europäischen Kontrolle zu akzeptieren. Die Europäer würden nur ihre Balkankampagne fortsetzen und die Türkei daran hindern, ihre Kräfte neu zu ordnen. Solange "Union und Fortschritt" das Schicksal des Landes bestimmen, wird es eine solche Einmischung nicht geben.
1913-12-09-DE-001     Botschaft London (Kühlmann) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Außenminister Grey habe ihm gesagt, "es sei sein dringender Wunsch, die armenischen Reformen angenommen zu sehen, da er überzeugt sei, dass dies in hohem Masse zur Konsolidierung der asiatischen Türkei beitragen werde." Er befürworte, "den Türken in allen formalen Fragen möglichst entgegenzukommen", wenn nur das Prinzip einer wirksamen europäischen Kontrolle gewahrt bleibe.
1913-12-12-DE-001     "Neue Preußische Zeitung"
Umfangreicher Artikel über die Hintergründe der armenischen Reformen.
1913-12-13-DE-001     Botschaft St. Petersburg (Pourtalès) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Sosonow habe ihm mitgeteilt, berichtet Pourtalès, "die Hauptsache für ihn sei, dass die Verwaltung der Armenischen Vilajets in irgend einer wirksamen Form, über die sich die Botschafter in Constantinopel einigen sollten, unter europäische Kontrolle gestellt werde. Davon, dass von jungtürkischer Seite anscheinend den vom Grossvesir bereits gemachten Konzessionen Widerstand entgegengesetzt wird, schien der Minister nichts zu wissen."
1913-12-16-DE-001     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
Der Großvesir habe dem russischen Botschafter gesagt, "aus der Tatsache, dass Russland die Entsendung englischer Generalinspekteure nach Armenien verhindert habe und jetzt auch der deutschen Militärmission Schwierigkeiten bereite, müsse das türkische Volk den Schluss ziehen, dass Russland überhaupt keine Reformen in der Türkei wolle."
1913-12-20-DE-001     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
Für die entscheidenden Beratungen des Ministerrats über die Antwort auf die deutsch-russschen Vorschläge zur Armenierfrage habe er die Verantwortlichen "nachdrücklich auf den Zusammenhang zwischen Armenierfrage und der Frage der deutschen Mission aufmerksam gemacht. Ein deutsch-russisch-türkischer Akkord betreffs Armeniens werde vermutlich auch dem Zwist wegen der Mission seine Schärfe nehmen."
1913-12-23-DE-001     Botschaft Paris (Schoen) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Ihrer deutschen Erziehung getreu, so Schoen gegeüber dem Leiter der potischen Abteilung am Quai d'Orsay Maurice Paléologue, würden sich die deutschen Offiziere in der Türkei nicht um Politik, sondern lediglich um militärische Ausbildung kümmern. Wenn Frankreich den russischen Versuch, eine Änderung der Stellung der deutschen Offiziere herbeizuführen, unterstütze, so Paléologue, dann "geschehe es wesentlich deshalb, um den Verbündeten von der Forderung von Kompensationen, etwa der Zulassung russischer Offiziere in Armenien, abzuhalten."
1913-12-25-DE-001     Botschaft Konstantinopel (Wangenheim) an Auswärtiges Amt
Bei einem Gespräch zwischen Giers, ihm und dem Großwesir sei ein prinzipielles Einverständnis "auf der früher dargelegten Basis" erzielt worden. "Grosswesir wird sich mündlich oder schriftlich an sämtliche Botschafter mit der Bitte wenden, für jeden der armenischen Sektoren je 2 europäische Generalinspekteure oder Berater zu bezeichnen."
1913-12-28-DE-001     Botschaft Konstantinopel (Mutius) an Reichskanzler (Bethmann Hollweg)
Gendarmerie-Verschiebungen in Ostanatolien.
1913-12-29-DE-001     Botschaft Konstantinopel (Mutius) an Auswärtiges Amt
Der Großwesir habe Herrn von Giers und ihm mitgeteilt, schreibt Mutius, "dass der Ministerrat ihn ermächtigt habe, in der im Telegramm Nr. 704 skizzierten Weise vorzugehen." Er würde sich danach "mündlich und offiziös an die hiesigen Botschafter mit der Bitte wenden, für jeden der armenischen Sektoren europäische Inspekteure vorzuschlagen. Gleichzeitig wird er in offiziöser Form die den Inspekteuren von der Pforte zu gewährenden Befugnisse mitteilen. Wenn die Mächte dann ihre Vorschläge gemacht haben werden, wird die Pforte schriftlich mitteilen, wen sie zum Generalinspekteur mit den erwähnten Befugnissen ernannt habe."
1913-12-29-DE-003     Konsulat Trapezunt (Bergfeld) an Botschaft Konstantinopel
Bergfeldt untersucht die verschiedenen Richtungen unter den Armeniern in der Reformfrage. Ausländische Reisende seien meist durch Armenier beeinflußt, schon weil nur sie die notwendigen Sprachkenntnisse besäßen. Die Mehrheit der Armenier habe nur ihre eigenen Interessen im Sinn, nicht das der Allgemeinheit. Nur wenige Armenier hätten Interesse an einem Anschluß an Rußland.