1915-09-17-DE-001
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Quelle: DE/PA-AA/BoKon-97/Bl. 18-22
Botschaftsjournal: 10-12/1915/7734
Erste Internetveröffentlichung: 2010 April
Edition: Deportationsbestimmungen
Zustand: B
Letzte Änderung: 03/23/2012


Der Gesandte in Sofia (Michahelles) an den Botschafter in außerordentlicher Mission in Konstantinopel (Hohenlohe Langenburg)

Schreiben



Sofia, den 17. September 1915.
No. 2082

Frau Dr. Tchilinguirian, aus Konstantinopel hat sich hier gemeldet und gebeten, es möchten Schritte getan werden, damit ihr Gatte, der von den türkischen Behörden nach Eskicheir deportiert wäre, die Möglichkeit erhalte, die Türkei zu verlassen. In der anliegend beigefügten Eingabe [Nicht bei den Akten. Inhaltlich wird es sich um die in Dok. 1915-10-11-DE-001 wiedergegebene Schilderung handeln.] vom heutigen Tage hat sie die Einzelheiten mitgeteilt, die ihr über den Aufenthalt ihres Mannes bekannt geworden sind. Sie gibt an auf der Kaiserlichen Botschaft bekannt zu sein.

Euerer Durchlaucht beehre ich mich anheimzustellen das Weitere veranlassen zu wollen.


Michahelles

[Botschaft Konstantinopel an Frau Helene Marianne Tschilinguirian, Wien 23.9.]

Auf das Schreiben vom 17.d. Mts.

Ich habe den Inhalt der Ihnen in Sofia über das Schicksal Ihres Mannes gemachten Mitteilungen zur Kenntnis des Ministeriums des Innern gebracht. Die Akten des Ministeriums enthalten Nichts, was jene Mitteilungen bestätigen könnte, und es ist daher leider mit Sicherheit anzunehmen, daß Ihr Mann auf der Reise von Tschangri nach Angora den Tod gefunden hat.

Wie Ihnen bereits mündlich hier mitgeteilt wurde, hatte Ihr Mann am 25. August die Reise von Tschangri nach Angora angetreten und ist bei Kapali-Dere in der Nähe des Dorfes Nunik von einer Räuberbande aus dem Dorfe Böirek (bei Kaledjik) überfallen und getötet worden; das Telegramm des Mutessarrifs von Tschangri, das diese Meldung enthielt, ist vom 30 August datiert; der Tag, an dem der Überfall stattgefunden hat, ist darin nicht näher bezeichnet.


N[eurath]

[Notiz Mordtmann]


Schreiben zu befördern an die Kanzlei der Kais. Botschaft Wien mit der Bitte, die Anlage der Adressatin zu übermitteln, welche die Kais. Botschaft als Adresse angegeben hat, falls sie aber sich nicht melden sollte, nach Lausanne Signal Villa Dumont Tendre nachzusenden.
[Aufzeichnung Mordtmann 20.9.]

betr.: Angel. Frau Tchilinghirian (vom 2.9.).

Dr. Tschiliguirian telegraphiert 12./25. 8. daß er mit Varuschan nach Ajasch geht; von Frau Tsch. am 26.8. beantwortet (tel.) Tel. nicht zurückgekommen 27.8. Freitag! Schritte der Botschaft 28.8. auf dem Ministerium das tel. Befehl giebt Tsch. in Kiankri zu belassen.

2/9 eine am 21/8 von hier nach Kiankri geschickte dort am 26/8 abgestempelte Karte kommt als unbestellbar zurück (partie sans laisser d’adresse).

Bedri bej hält es für gut, daß Frau Tsch. abreist (Mitt. Dr. Weber);

Frau Apell erhält Vessika auch für Frau Tsch. nach Deutschland (!); will nicht eher abreisen, als sie Gewißheit über das Schicksal des Dr. Tsch. hat.

Haig E. meldet, daß keine Antwort auf der Dahilié eingetroffen.

Am 11.9. liest mir Aziz bej ein längeres Tel. aus Tschangri vor, wonach Dr. Tschilinghirian mit seinen Reisegefährten im Ganzen fünf Personen am 13/26 August bei Kaledjik (zwischen Tschangri und Angora) von Wegelagerern überfallen und umgebracht worden sei, am 12.9. bitte ich A. bej um Abschrift des betr. Telegrammes (schriftlich; Stg.; durch Haigh E.); A. bej verspricht Abschrift [nicht entziffert];

13/9 Haigh E. meldet, daß er uns einige Worte habe abschreiben können;

14.9. derselbe meldet, daß er Aziz bej nicht habe sprechen können, u. daß man Schwierigkeiten mache. Haigh wird beauftragt, unter allen Umständen Todestag und –ort zu verifizieren, behufs vorläufiger Mitteilung an Frau Apell.

16.9. Haigh bringt die anliegende Notiz, deren Inhalt ich [nicht entziffert] an Frau Tschilinguirian mündlich mitteile.

[Folgt ein Schriftstück in osmanischer Schrift mit folgender Anmerkung:] Anl. zu Aufzeichnung vom 2. u. 16/9 zu 7734 [das Schreiben von Michahelles]


[Aufzeichnung Mordtmann 21.9.]

1) Frau Apell ist mit ihrer Tochter Frau Tschilinghirian und deren Kindern Donnerstag, den 16. September, nach Deutschland abgereist, und da bisher über das Gegenteil nichts verlautet ist, anscheinend ungefährdet über die Grenze gelangt.

2) Am 15. habe ich der Frau Dr. Tsch. das Resultat unserer Erkundigungen auf dem Ministerium des Innern betr. das Schicksal ihres Mannes mitgeteilt;

3) Sie bat bei dieser Gelegenheit Schritte zu tun, um die folgenden Gegenstände, die sich im Besitzte ihres Mannes befanden, wieder zu erlangen:

1. Ehering, auf der inneren Seite des Reifens I.A. 16. Juli 1910 eingraviert;
2. goldener Siegelring mit Stein; auf dem Stein R. T.;
3. ein Paar Manschettenknöpfe Mattgold mit Smaragden;
4. Baargeld, mindestens 10 Pfund;
5. ein grauer, moderner Koffer, mit der Marke einer Erfurter Fabrik;


das Kais. Gkonsulat hat die Papiere u. Skripturen die Frau Apell und ihre Tochter hier zurückgelassen haben, in Verwahrung genommen; ich habe am 20. ein Tintenfaß (Attrappe in Form eines Revolvers), das mir s. Z. Frau Apell übergeben hatte, an H. Dr. Schmörbel geschickt, um es dem Asservat hinzuzufügen. Als Adr. hinterlies Frau Apell: Lausanne. Signal. Villa Dumont-Tendre.



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