1915-11-17-DE-004
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Quelle: DE/PA-AA/BoKon 98/Bl. 21-23
Botschaftsjournal: 10-12/1915/10518
Erste Internetveröffentlichung: 2010 April
Edition: Deportationsbestimmungen
Zustand: A
Letzte Änderung: 10/20/2017


Der Konsul in Aleppo (Rößler) an den Botschafter in außerordentlicher Mission in Konstantinopel (Wolff-Metternich)

Bericht



No. 2576

Aleppo, den 17. November 1915

Euer Exzellenz ueberreiche ich gehorsamst in der Anlage Abschrift eines Briefes des Diakons Kuenzler aus Urfa vom 7. ds. Mts. ueber die Wegfuehrung des einheimischen Personals der Deutschen Orientmission. Eine Liste ist beigefuegt. Sie enthaelt jedoch noch nicht die Namen des Personals von Herrn Eckart und der Teppichfabrik. Bei diesen letzteren erfolgte die Verschickung erst am achten.

Rößler
Anlage

Abschrift

Urfa, den 7. November 1915.

Hochgeehrter Herr Konsul:

Heute erlaube ich mir Ihnen noch eine Liste zuzusenden ueber die Leute, welche aus unseren Haeusern genommen und dann etliche Tage spaeter, laut meinem letzten Telegramm verschickt worden sind. Uns liegt besonders an der Wiederkehr der beiden lange im Dienste stehenden Majrams. Fuer das Spital bedarf ich dringend mehr Schwestern, da wir zwei Mal so viel Patienten haben als gewoehnlich. Besonders laege es mir an Rebekka und Lucia, zwei intelligenten Maedchen. Ferner ist es furchtbar traurig, dass die Familie unseres alten Dieners Abraham weg musste, waehrend er bleiben durfte. (Nach einem spaeteren Telgramm ist anzunehmen, dass der Diener auch fort geschickt worden ist). Ferner die alte Mutter unserer Oberschwestern, deren zwei Soehne Soldaten sind, mit ihrer Sohnsfrau Majram. Es wurde ganz willkürlich verfahren, scheinbar. Frauelein Jeppe haette gerne ihre Pflegetochter, saemmtliche Waisen mit Lehrerin zurueck. Als uns allen, auch Eckarts, die Leute an einem Tag weggenommen wurden, musste ich zu Eckarts gehen und die Kuehe melken, da sonst niemand mehr da war. Es ist bedauerlich, dass man so mit uns verfahren hat. Von vorne sah die Sache ja nicht schlimm aus, denn wir boten nur schwachen Schutz. Es duerfte wenige anstaendige Moselmfamilien hier geben, welche nicht Kindern und Frauen und Maedchen von Muhadjirs Schutz und Aufnahme gewaehrten und sie durften sie behalten. Aber Deutsche und deren Schutzgenossen duerfen dies nicht. Und erst die Wegnahme der Waisen! Unerhoert nicht?

Wir hoffen doch, dass Ihre Bemuehungen gelingen werden, wenigstens die Noetigsten umzukehren und uns zurueck zu geben. Herzlichen Dank.


Jacob Kuenzler.

Liste der Leute, welche aus Kuenzlers Haus verschickt wurden:
Name
Eintritt
Arbeit
Bemerkung
alte Majram vor 16 JahrenKinderfrau
deren Tochter Majramvor 6 JahrenKoechin
deren Tochter Wärterim Juli 1915mit 4 Kindern, zwischen 2 und 12 Jahren, gebar ein fuenftes Kind 3 Stunden nach Urfa
deren Tochter Sarahim Juli 1915mit 3 Kindern zwischen 2 und 13 Jahren
deren Tochter Sermanim Juli 1915mit 3 Kindern zwischen 4 und 9 Jahren
Naruschim Juni 1915Putzfraumit 2 Maedchen 8 und 12 Jahre alt, arbeitet schon seit 8 Jahren fuer uns
Garabed 48 Jahre im Juni 1915Knechtdiese beiden wurden als Soldaten abgefuert, waren aber bis jetzt noch nicht verlangt worden
Hagop 17 Jahre altim Mai 1915Junge aus dem Waisenhaus
Kutziim August 1915Waescherindiese Frau suchte mit 6 Kindern in unserem Hause Zuflucht nach dem Massakre vom 19. August als in ihrem Hause kein Mann mehr uebrig blieb und dasselbe gepluendert worden war. Sie wohnte neben uns.
Yesterim August 1915mit 2 Kindern 4 und 7 Jahre alt.
5 junge Maedchen alt mit folgenden Namenim Juli 1915Lehrmaedchen in Kueche und Haus2 hiervon Muhadjirs aus Charpout, von Konsul Ehmann oft nachgefragt.
Ropsomeaus Urfa
Noemsar Garabedaus Urfa
Maryaus Adiaman, war todkrank, hatten sie heraus gepflegt und wollten sie als Pflegtochter behalten.
Toilazun Fabrikatoriannach diesen fragte heute Herr Konsul Ehmann aus Mesereh wieder telegraphisch an.
Araje Fabrikatorian
Liste der Leute, welche aus dem Hause von Fraeulein Jeppe verschickt wurden.
Name
Eintritt
Arbeit
Bemerkungen
Frl. Jeppes Pflegetochter Lucia 1903Stuetze von Frl. Jeppe
Anna 1914Koechin
[?]hossen, 5 Jahre alt *1911Waisenkind
[?]aspar 10 Jahre alt1910Waisenkind
[?]hannes 10 Jahre alt1909Waisenkind
(?)ichael 10 Jahre alt1912Waisenkind
[?[hann 6 Jahr alt1912Waisenkind
(?)agrit 14 Jahre alt1909Waisenkind
[?]horem 12 Jahre alt1907Waisenkind
[?]lexandre 14 Jahre alt1907Waisenkind
[?]agop 18 Jahre alt1906Waisenjungewaren Frl. Jeppes Arbeiter wurden Soldat
[?]arutjin 18 Jahre alt 1906Waisenjunge
[?]apsome Frau 1897Frau vonFrl. Jeppes Feldarbeiter, frueher unsere Waise
Lehrerin Majram1897war frueher unsere Waise wurde durch uns in Aintab zur Lehrerin herangebildet
Familien ohne Maenner mit Kindern, welche seit August als Schutzsuchende aufgenommen wurden.
* die Kopie der Liste ist am linken Rand abgeschnitten, so daß die Anfangsbuchstaben nicht zu lesen sind.

Liste der Leute, welche aus unserem Spital verschickt wurden.
Name
Eintritt
Arbeit
Bemerkung.
Karung KadjasJuli 1915Krankenpflegerwar 8 Jahre in Deutschland kam nach Urfa um seine alte Mutter zu holen, da brach der Krieg aus. Ist jetzt Soldat geworden
Lucia, Lukaper beide 18 Jahre altJuli 1915Krankenpflegerkamen als kranke Muhadjirs ins Spital, als sie gesund wurden und die Arbeit wuchs, stellte ich sie als Pflegerinnen an.
Rebekka 17 J.Mai 1915
Kutzi 15 J.Mai 1915
Familie der OberschwesterMai 1915Mutter 60 Jahre alt, beide Soehne Soldaten Sohnsfrau mit 3 Monate altem Saeugling
Familie des Apothekers AbrahamMai 1915Frau mit einer verheirateten Tochter, einer ledigen erwachsenen Tochter und 3 unerwachsenen Kindern
Familie des Dieners, der 18 Jahre schon in uns. DienstMai 1915Frau mit drei Kindern
MajramAugust 1915Witwe seit dem 1. Masakre 19. Aug. unsere Nachbarin mit 6 Kindern.
Schliesslich noch eine Anzahl Frauen und Kinder, welche als kranke Muhadjirs ins Spital kamen im Juli und August. Dann kamen die boesen Augusttage und dann die andauernde Spannung in der Stadt, sodass deren Wegzug in die Stadt schwer war. Ich beschaeftigte die meisten im Spital. Es gibt auch 6 Waisen darunter, deren Mütter bei uns gestorben sind.



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