Ich bemerkte, der katholisch-armenische Expatriarch und sein Stellvertreter hätten mir heute den üblichen Antrittsbesuch gemacht und mir versichert, daß sie und ihre Gemeinden loyale ottomanische Unterthanen seien und sich an keinen revolutionären Bewegungen beteiligten. Trotzdem seien die meisten vertrieben worden. Diese Geistlichen hofften, daß die Vertriebenen in ihre Gemeinden und verlassenen Heimstätten in und bei Aleppo zurückkehren dürften. Ich fragte den Minister, ob ihnen dies ebenso wie den protestantischen Armeniern, die sich auch als nicht revolutionär erwiesen hätten, gestattet werden könne. Er entgegnete, daß die katholischen und protestantischen Armenier sich im großen und ganzen nicht revolutionär betätigt hätten und, soweit dies möglich sei, sie in ihre Heimat zurückkehren würden.
Ich sprach dem Minister sodann von dem in Anatolien weit verbreiteten Gerücht, wonach die deutsche Regierung die Verfolgung der Armenier begünstigt habe. Er erwiderte, infolge meines Gesprächs mit dem Großwesir über diese Angelegenheit habe er sämtliche in Frage kommenden Behörden angewiesen, dem Gerüchte entgegenzutreten und zu erklären, daß die deutsche Regierung nichts mit der Angelegenheit zu tun habe, und daß die türkische Regierung allein für die Maßnahmen gegen die Armenier die Verantwortung trage.
Im Laufe der Unterhaltung ergab sich die merkwürdige Auffassung bei Talaat Bey, die ich auch schon bei seinen Kollegen gefunden habe, daß wir im ähnlichen Falle ebenso gehandelt hätten und eine revolutionäre Bewegung in Deutschland mit Gewalt ausrotten würden. Ich fand immer wieder die Verständnislosigkeit für den Gesichtspunkt, dass, um Schuldige zu treffen, nicht Unschuldige leiden und dass nur bewiesene Vergehen bestraft werden dürften. Ich habe dem Minister auseinandergesetzt, dass wir niemals ähnlich handeln würden und nur den einer Schuld Überführten bestraften.
Von verschiedenen Seiten wird mir mitgeteilt, dass meine ernsten Ermahnungen auf die türkischen Machthaber doch Eindruck gemacht zu haben scheinen. Ich werde nun, bis ich neue Klagen über Armenierverfolgungen hören sollte, die Angelegenheit einige Zeit ruhen lassen. Allzu häufige Vorstellungen verfehlen den Zweck, indem ihre Wirkung abstumpft. Sobald es notwendig ist, werde ich aber wieder eingreifen.