1918-05-21-DE-001
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Quelle: DE/PA-AA/R14100
Zentraljournal: 1918-A-22244
Erste Internetveröffentlichung: 2000 März
Edition: Kaukasus Kampagne
Praesentatsdatum: 05/27/1918
Zustand: A
Letzte Änderung: 03/23/2012


Die Delegation des armenischen Nationalrats an das Auswärtige Amt

Schreiben



Berlin, den 21. Mai 1918

Für die geschätzten Mitteilungen der Deutschen Regierung, die uns am 8. ds.Mts. Seine Exzellenz der Herr stellvertretende Staatssekretär Freiherr von dem Bussche-Haddenhausen zu machen die Güte hatte, danken wir ergebenst.

Wir bitten überzeugt zu sein, dass wir den Wunsch der Deutschen Regierung, dass den Leiden der Armenier ein Ende gemacht wird, in seiner ganzen Bedeutung zu würdigen wissen. Wir haben mit Genugtuung zur Kenntnis genommen, dass auch die Türkische Regierung diesen Wunsch teilt und ernstlich entschlossen ist, die Verfolgung unserer Stammesgenossen einzustellen und sie für ihren verlorenen Besitz zu entschädigen. Auch die Mitteilung, dass die Türken ihren Vormarsch eingestellt haben und nicht beabsichtigen, die im Friedensvertrag von Brest gezogenen Grenzen zu überschreiten, gereicht uns zur Befriedigung, und wir hoffen zuversichtlich, dass Deutschland die Ueberschreitung dieser Grenze unter keinen Umständen dulden wird.

Die armenische Propaganda im Auslande war der natürliche Ausdruck bitteren Schmerzes über die grausame Behandlung, der die Armenier in den letzten Jahren unterworfen waren. Es ist auch unser dringender Wunsch, dass die Türkische Regierung durch eine gerechte Behandlung der Armenier den Grund zu den Klagen beseitigt und somit die Propaganda gegenstandslos macht.

Wir sind von der Ferne aus nicht in der Lage, die von der Türkischen Regierung behaupteten Untaten armenischer Banden weder zu bestätigen, noch in Abrede zu stellen. Nur bitten wir darauf hinweisen zu dürfen, dass die armenischen Streitkräfte aus regulären Truppen bestehen, die auf strengste Manneszucht halten. Es ist uns auch bekannt, dass der armenische Nationalrat strikten Befehl gegeben hat, jede Ausschreitung gegen Muhamedaner unnachsichtlich zu ahnden. Greueltaten und Metzeleien liegen nicht in der Natur der Armenier und sie verfügen überdies über hinreichende politische Reife, ermessen zu können, dass die Anwendung solcher Mittel ihrer Sache und ihren Interessen nur zu Schaden gereichen kann. Sollten vereinzelte Racheakte seitens der armenischen Bevölkerung vorgekommen sein, so bedauern wir es lebhaft; aber es ist zu bedenken, dass es sich um masslos verbitterte Leute handelt, deren Famielienangehörige man gemordet, geschändet, vertrieben hat, deren Hab und Gut geraubt, deren Existenz zugrunde gerichtet worden ist.

Im Begriffe, Deutschland zu verlassen, ist es uns eine angenehme Pflicht, der Hohen Deutschen Regierung unseren ergebensten Dank für den freudigen Empfang auszusprechen, wie auch für das Wohlwollen, mit dem Sie unsere Wünsche entgegenzunehmen die Güte hatte.

In einem Augenblicke schwerster Krise, die unsere Nation jetzt durchmacht und deren Ausgang entscheidend ist für ihr künftiges Geschick, für ihr Sein und Nichtsein, haben wir unsere Blicke vertrauensvoll auf das mächtige Deutschland gerichtet. Wir haben ihm durch unsere Denkschriften vom 28. April, 29. April und 4. Mai unsere Nöte und Sorgen unterbreitet und auf die Mittel hingewiesen, die allein vermögen ein Unheil abzuwenden, das den kaukasischen Teil unserer Nation - den letzten unversehrten Rest unseres Volkstums – in ihrem Bestande aufs schmerzlichste bedroht und darüber hinaus auch für den ganzen Kaukasus von verhängnisvollen Folgen sein muss.

Die Vertretung unserer Nation, der armenische Nationalrat, hat uns hierher geschickt von der Ueberzeugung durchdrungen, dass unsere Sorgen bei der Deutschen Regierung volles Verständnis finden werden. Wir kehren in die Heimat zurück in der Hoffnung bestärkt, dass das Deutsche Reich ein christlichen Kulturvolk in seiner grossen Not nicht seinem Schicksal überlassen wird.


Die Delegation des armenischen Nationalrates

L. Nasariantz; A Zjamalian; G. Melik-Karagendian

[Aufzeichnung Göppert 28.5.]

Ich habe Herrn Nasariantz beim Abschied folgende Mitteilung gemacht: Seit die Delegierten des Armenischen Nationalrates von dem stellvertretenden Herrn Staatssekretär empfangen worden sind, haben sich die Ereignisse im Kaukasus weiter entwickelt. Die Türken haben sich aus militärischen Gründen, die von unseren Militärs als berechtigt anerkannt wurden, veranlasst gesehen, die Grenzen von Ardahan, Kars und Batum zu überschreiten. Leider scheint es infolgedessen hie u. da zu Zusammenstössen mit Armeniern gekommen zu sein. Wir stehen wegen dieser Fragen in Telegrammwechsel mit der Türkischen Regierung. Auch wird bereits in nächster Zeit der Oberst Freiherr von Kress, ein guter Kenner der Türkei und der Türken, nach dem Kaukasus entsandt werden. Die armenischen Delegierten könnten sich nach ihrer Rückkehr in die Heimat mit ihren Wünschen an Oberst von Kress wie auch an General von Lossow wenden. Herrn von Kress ist die armenische Angelegenheit besonders ans Herz gelegt worden.



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