1916-03-08-DE-001
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Quelle: DE/PA-AA/R14090
Zentraljournal: 1916-A-06654
Erste Internetveröffentlichung: 2000 März
Edition: Genozid 1915/16
Praesentatsdatum: 03/12/1916 p.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: Nr. 394
Zustand: A
Letzte Änderung: 03/23/2012


Der Gesandte in Bern (Romberg) an den Reichskanzler (Bethmann Hollweg)

Bericht



Nr. 394
Bern, den 8. März 1916

3 Anlagen.

Euerer Exzellenz beehre ich mich in der Anlage Abschrift eines Schreibens des Schweizerischen Hilfswerkes 1915 für Armenien vorzulegen, in dem dieses mit dem Ausdrucke seines wärmsten Dankes für die Geneigtheit der Kaiserlichen Regierung, seine Bestrebungen, den notleidenden Armeniern unter Ausschluss aller politischer Nebenzwecke Hilfe zu leisten, zu unterstützen, die Bitte ausspricht, seinem Präsidenten, Herrn Dr. med. Vischer als schweizerischen Delegierten die Erlaubnis zur Reise nach Aleppo zu gewähren, um dort mit den Persönlichkeiten, die Unterstützung an Ort und Stelle austeilen, in Verbindung zu treten.

Gleichzeitig hat die Vereinigung gebeten, den anliegenden an den Kaiserlichen Konsul Rössler in Aleppo gerichteten Brief seiner Bestimmung zuführen lassen zu wollen und den Wunsch ausgesprochen, dass die Kaiserlichen Amtsstellen forthin ihre Korrespondenz mit Herrn Rössler und gegebenenfalls mit anderen Vertrauensleuten vermitteln, da diese sich sonst entweder gar nicht oder nur mit "unglaublicher" Verzögerung bewerkstelligen lasse.

Ein Fragebogen für solche Stellen, die sich ausser Herrn Rössler unter Umständen mit der Unterstützung von Armeniern befassen könnten, ist gleichfalls beigefügt.


Anlage 1


Abschrift.

Basel, den 6. März 1915

An Seine Excellenz Freiherrn v. Romberg, Kaiserlich Deutschen Gesandten in Bern

Eure Excellenz hatten die Güte, am 4. März eine Delegation des Schweizerischen Hilfswerks 1915 für Armenien, bestehend aus Herrn Dr. Andreas Vischer und dem Unterzeichneten zu empfangen und ihr mitzuteilen, dass unsere Bitte um Unterstützung des Bestrebens, den notleidenden Armeniern unter Ausschluss aller politischen Nebenzwecke Hilfe zu leisten, an den zuständigen deutschen Amtsstellen wohlwollend aufgenommen worden ist. Wir bitten Eure Excellenz nochmals, den Ausdruck unseres wärmsten Dankes dafür entgegen zu nehmen und auch weiterleiten zu wollen. Die Wünsche, die wir auf Grund der Unterredung glauben formulieren zu dürfen, sind folgende:

Da es sich auf Grund Eurer Exzellenz Mitteilungen nicht wird darum handeln können, eine schweizerische Hilfsexpedition in die Türkei zu schicken, so möchten wir die gütig angebotene Vermittlung gerne in Anspruch nehmen, um notleidenden Armeniern Hilfe zukommen zu lassen, vor allem aber auch, um mit den Persönlichkeiten, die Unterstützungen an Ort und Stelle austeilen, in Verbindung zu treten. Wir denken, dass ausser dem Kaiserlich Deutschen Konsul Herrn Rössler in Aleppo, vor allem der Reichsdeutsche Herr F. Eckart, Mitglied der deutschen Orient Mission in Urfa, und die Schweizer, Herr Jakob Künzler, ebenfalls Mitglied der deutschen Orient Mission in Urfa, und der Kaufmann Herr E. Zollinger in Aleppo bereit wären, sich an dem schweizerischen Hilfswerk für die Armenier zu beteiligen. Wie weit diese Herren persönlich für das Werk werden arbeiten können, oder wen sie sonst vorzuschlagen haben, wird sich aus der Correspondenz ergeben. Ebenso wird es sich zeigen, ob die Verhältnisse so sind, dass es sich hauptsächlich um Rettung Deportierter vor dem Hungertode handelt, oder ob unsere Mittel für Bedürfnisse anderer Art, Kleidung, ärztliche Hilfeleistung usw. Verwendung finden können.

So dankbar wir für die Vermittlung der Kaiserlich Deutschen Regierung in diesem Sinne sind, so erlauben wir uns doch noch beizufügen; dass uns ein grosser Wunsch erfüllt würde, wenn wenigstens für einen schweizerischen Delegierten die Erlaubnis zur Reise nach Aleppo erreicht werden könnte. In diesem Falle würde Herr Dr. Andreas Vischer dorthin reisen, sich in Verbindung mit Herrn Konsul Rössler, namentlich auch in seiner Eigenschaft als Arzt, am Hilfswerk beteiligen, und dessen Umfang und Bedürfnisse kennen lernen. Dr. Vischer, in der Konsulatsmatrikel von Aleppo als Deutscher Schutzgenosse eingetragen, ist mit Herrn Konsul Rössler befreundet. Die türkische Sprache und die örtlichen Verhältnisse kennt er gut, da er nach Erwerbung des türkischen Arztdiploms von 1905 - 1914 als leitender Arzt des Krankenhauses der deutschen Orient Mission in Urfa gewirkt hat. Er befand sich im Sommer 1914 bei Kriegsausbruch gerade in der Schweiz auf Urlaub. Seither war er zeitweise als Militärarzt in der schweizerischen Armee, zeitweise an der chirurgischen Klinik in Basel tätig, glaubt jedoch den nötigen militärischen Urlaub für diesen besonderen Zweck ohne Schwierigkeiten erhalten zu können.

Wir sprechen die Hoffnung aus, dass die Stellung einer in so hohem Grade geeigneten Persönlichkeit die Erfüllung unseres Wunsches nach Zulassung eines Delegierten erleichtern würde.

Indem wir uns noch gestatten, nach Eurer Excellenz Vorschlag einen Brief für Herrn Konsul Rössler und einen Fragebogen für andere Stellen, die sich unter Umständen mit Unterstützung von Armeniern beschäftigen könnten, beizulegen, danken wir zum voraus für alle weiteren freundlichen Bemühungen und zeichnen

mit vollkommener Hochachtung


Schweiz. Hilfswerk 1915 für Armenier.
[Dr. A. Oeri, Sekr.]
[Gerbergasse 40]

Anlage 2

Basel, den 7. März 1916.

Abschrift.

Hochwohlgeboren Herrn W. Rössler, Kaiserlich Deutscher Konsul Aleppo

Sehr geehrter Herr!

Durch gütige Vermittlelung der kaiserlich deutschen Gesandtschaft in Bern kann ich Ihnen dieses Schreiben zukommen lassen.

Vorerst danke ich Ihnen für Ihre Telegramme, die uns mitteilten, daß Sie in Aleppo an die deportieren Armenier Unterstützung verteilen können. Für Aufbringung weiterer Mittel in der Schweiz wäre es außerordentlich wichtig, wenn dem Publikum genauere Mitteilungen gemacht werden könnten über das Hilfswerk in Aleppo. Insbesondere wären wir dankbar zu erfahren, wie, an wen, und mit wessen Hilfe Sie Mittel verabreichen konnten, ob Waiserhäuser errichtet werden, ob Krankenpflege möglich ist usw. auch für Angaben über die Verhältnisse der Deportieren und ob Sie sich nur mit solchen in Aleppo beschäftigen oder noch solche in entlegeneren Gegenden erreichen können, würde man sich interessieren.

Ich selber würde sehr gerne nach Aleppo kommen, um Ihnen in dieser Notstandsarbeit auch in meiner Eigenschaft als Arzt zu helfen, und auch die Schweizer Armenierfreunde würden es sehr gerne sehen, wenn ich möglichst bald hinausreisen könnte, um Einblick in die Bedürfnisse zu gewinnen. Wir glauben dadurch leichter grössere Mittel aufzubringen. Eine andere Frage ist auch, ob die Herren Eckart und Künzler in Urfa sich nicht an dem Hilfswerk für die Armenier in irgend einer Weise beteiligen könnten, ohne daß die Station in Urfa Schaden leidet.

In der Hoffnung, daß Sie sich zu diesen Fragen äußern können.

Mit vorzüglicher Hochachtung und herzlichen Grüßen Ihr sehr ergebener


[A. Vischer]

Anlage 3

Fragen des Schweizerischen Hilfswerks 1915 für Armenien


an Stellen, die von den Verhältnissen der deportierten Armenier Kenntnis haben.

1.) Welche Zahl von deportierten Armeniern befindet sich ungefähr in Ihrem Wirkungskreise?

2.) Können Sie uns Mitteilung über ihren Zustand und ihre Bedürfnisse machen?

3.) Könnten Sie den Deportierten Unterstützungen zukommen lassen? In welcher Weise? Mit wessen Hilfe?

4.) In welchem Umfange wären Mittel erforderlich?

5.) Haben Sie zu diesem Hilfswerk Hilfskräfte nötig?



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