1919-09-04-DE-002
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Quelle: DE/PA-AA/R14106
Zentraljournal: 1919-A-24070
Erste Internetveröffentlichung: 2003 April
Edition: Genozid 1915/16
Praesentatsdatum: 09/07/1919 a.m.
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: A 2700
Zustand: A
Letzte Änderung: 03/23/2012


Der Gesandte in Den Haag (Rosen) an das Auswärtige Amt

Bericht



A 2700
Haag, den 4. September 1919.

Das “Algemeen Handelsblad” wies im Abendblatt vom 29.8. auf die Art und Weise hin, in welcher die “Times” propagandistischen Gebrauch von dem kürzlich in Deutschland veröffentlichten Buche des Dr. Johannes Lepsius über Deutschland und Armenien gemacht hat. Das Northcliffe-Blatt hat in seiner Nummer vom 27.8. in Anwendung seiner typischen Methoden das Lepsius’sche Buch zur Grundlage einer neuen Hetze gegen “deutsche Kultur” und Barbarei benutzt und nebst einem längeren Auszug aus dem Buche dem Thema einen Leitartikel gewidmet. Darin wird an die kürzlich von der deutschen Regierung amtlich gegebenen Erklärungen über die Ereignisse in Oberschlesien angeknüpft und das Buch von Lepsius als Kronzeuge dafür aufgerufen, wie wenig Glauben man solchen deutschen Rechtfertigungsversuchen in Sachen von Greuelbeschuldigungen schenken könne. Auf Grund der Lepsius zur Verfügung stehenden Archive des Auswärtigen Amtes betrachtet die “Times” das in Frage stehende Buch als eine halboffizielle Quelle. Das Bezeichnende an den Lepsius’schen Enthüllungen sei die Tatsache, daß die Berliner Regierung durch eine Fülle amtlicher Berichte aus der Türkei von Seiten der deutschen Diplomaten und Generäle, wie Metternich, Kühlmann, Bernstorff, von der Goltz und Liman von Sanders, fortlaufend von dem wahren Charakter der türkischen Massakers unterrichtet gewesen sei und trotzdem kein Wort der Verurteilung für den blutrünstigen Bundesgenossen gefunden habe. Die “Norddeutsche Allgemeine Zeitung” hätte sogar das offizielle türkische Dementi veröffentlicht, trotzdem Bethmann Hollweg genau informiert sein mußte und noch dazu ihm von Metternich und Prinz Hohenlohe geraten worden war, daß die Deutsche Regierung wenigstens in der Presse von den türkischen Scheußlichkeiten abrücken sollte. Zugegeben müsse werden, daß Hindenburg aus christlichem Gefühl heraus für Schonung der kaukasischen Armenier eingetreten sei, Enver aber hätte diese Fürsprache unbeachtet gelassen. Das vernichtendste Urteil, das sich über Deutschlands Haltung in der armenischen Frage fällen ließe, sei aus dem Munde eines Deutschen selbst gekommen, als der deutsche Oberkommissar in Tiflis, Kress von Kressenstein, in einem Bericht an die Deutsche Regierung schrieb, daß die Verantwortlichkeit für die gänzliche Vernichtung des alten Christenvolkes der Armenier für immer und ewig über Deutschlands und Österreichs Haupt kommen würde. Dieses Urteil findet die “Times” durchaus gerecht.

Der Originalartikel wird in der Anlage gehorsamst beigefügt.


Rosen



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