1915-07-03-DK-001
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Quelle: DK/RA-UM/Gruppeordnede sager 1909-1945. 139. D. 1, ”Tyrkiet - Indre Forhold”. Pakke 1, til 31 Dec. 1916
Erste Internetveröffentlichung: 2010 August
Edition: Dänische diplomatische Quellen
Telegramm-Abgang: 07/03/1915
Telegramm-Ankunft: 07/19/1915
Laufende Botschafts/Konsulats-Nummer: No. 70
Übersetzung: Michael Willadsen
Zustand: A
Letzte Änderung: 04/01/2012


Der Gesandte in Konstantinopel (Carl Ellis Wandel) an den Außenminister (Erik Scavenius)

Bericht



Nr. 70

Konstantinopel, 3. Juli 1915.

Vertraulich

Herr Außenminister,

In meinen früheren Berichten habe ich schon mehrfach die Gelegenheit gehabt, den Hass zu erwähnen, den die jungtürkische Regierung seit dem Ausbruch des Krieges und der Abschaffung der Kapitulationen immer deutlicher gegenüber den Fremden in der Türkei zeigt, insbesondere den Christen.

Trotz der vom Großwesir wiederholt gegebenen Versprechungen gegenüber dem apostolischen Delegaten [Angelo Maria Dolci] und den Missionschefs, sind viele der von den Behörden beschlagnahmten Klöster und andere religiöse Institutionen noch nicht wiedereröffnet worden, und man behandelt sie weiterhin, häufig unter dem Vorwand der militärischen Rücksichtnahme, mit größter Willkür.

Die katholische Kirche in Bebek am Bosporus ist sogar neulich von den Behörden den dort wohnenden Muslimen zur Verfügung gestellt worden, die sie in eine Moschee umgewandelt haben, und man hat sich eines Gebäudes in Kadikeui bei Konstantinopel bemächtigt, das dem heiligen Stuhl gehört, um dort eine muslimische Schule einzurichten.

Alle diese Übergriffe sind aber nichts im Vergleich zu dem lebensbedrohlichen Schritt, von dem ich heute erfahre, nämlich dass die Regierung die Katholiken des Schutzes beraubt hat, den sie seit alten Zeiten in der Türkei genießen konnten.

Die Regierung hat einen nicht-geistlichen Rat gebildet, der sich aus 12 katholischen osmanischen Untertanen zusammensetzt - natürlich gewählt unter Anhängern der Regierung - und der aus seiner Mitte einen Vorsitzenden wählt.

Dieser Rat soll die katholische Kirche in der Türkei verwalten (d.h. die lateinische, nicht die griechische, armenische usw.), und er wird dementsprechend zu einer Art neuem Patriarchat.

Auf diese Weise beraubt man den Repräsentanten der Länder, die katholische Interessen in der Türkei haben, und den päpstlichen Delegaten der Möglichkeiten, dieselben wahrzunehmen, da alle Klöster und Kirchen und alles, was die katholische Kirche in diesem Land besitzt, unter die Verwaltung des neuen Rates gestellt und in das Kalifat einbezogen wird.

Der päpstliche Delegat hat sich auch geweigert, die neu ernannten 12 Herren persönlich zu empfangen.

In hiesigen katholischen Kreisen hat man gehofft, dass der deutsche Botschafter, der so viele Millionen Katholiken repräsentiert, und der Repräsentant des „apostolischen Königs“ [d.h. der österrreichisch-ungarische Botschafter Johann Pallavicini] unter diesen Umständen einen mäßigenden Einfluss auf die jungtürkische Regierung haben würden, aber dies scheint nicht der Fall zu sein.

Der deutsche Botschafter sagt, es sei ein Fehler zu glauben, dass Deutschland oder eine andere Macht hier Einfluss habe, zumal die türkische Regierung seine täglichen Anstrengungen, ihre Aufmerksamkeit auf die vielen unklugen Handlungen, durch die sie immer mehr Hass auf sich zieht, zu lenken, missachtet und der österreichisch-ungarische Botschafter äußert sich ähnlich, indem er sich u.a. beklagt über die Arroganz, mit der die Türken versuchen den Anschein zu erwecken, dass das Vorrücken der österreichischen Streitkräfte den Niederlagen zu verdanken ist, die das türkische Heer den Alliierten auf den Dardanellen und andernorts zugefügt hat.

Mit vorzüglicher Hochachtung verbleibe ich, Herr Minister, Ihr ergebenster


Wandel



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