Euerer Exzellenz beehre ich mich unter Bezugnahme auf den Erlaß Nr. 222 vom 9. d.M.1 anliegend einen Antwortbrief des Dr. Johannes Lepsius gehorsamst zu überreichen.
Anlage 1
Die Mitteilung besagt weiter, “das Auswärtige Amt stelle anheim, das Konzept eines solchen Schreibens, worin um Hilfeleistung für Armenien gebeten wird, zu entwerfen und einzureichen; nach erfolgter Genehmigung werden dann das Ministerium des Inneren vom Auswärtigen Amt davon unterrichtet werden, dass keine Bedenken beständen.”
Indem ich für die Gewährung meiner Bitte meinen ergebensten Dank ausspreche, reiche ich hiermit den Entwurf eines Schreibens an die Geberkreise meines Hilfsfonds ein und bitte, mir mitzuteilen, ob demselben die Genehmigung des Auswärtigen Amtes zuteil wurde und das Ministerium des Inneren entsprechend unterrichtet worden ist.
Sodann möchte ich noch die Bitte aussprechen, dass von der Bedingung einer Versendung im geschlossenen Kuvert für die im Entwurf beiliegende Aufforderung abgesehen werden möchte, da deren Inhalt kaum Bedenken, auch bei einer Versendung im offenen Kuvert, entgegen stehen werden und durch die Portoerhöhung der Hilfsfond in unerwünschter Weise belastet werden würde.
Ergebenst
Anlage 2
Ich habe die Freunde unseres Waisenwerkes und die Geber meines Hilfsfonds seit vier Monaten ohne Nachricht lassen müssen.
Durch die Bekanntmachung über Wohlfahrtspflege während des Krieges vom 15. Februar 1917, die im März dieses Jahres veröffentlicht wurde, ist die Berechtigung zu Sammlungen für mildtätige Zwecke von behördlicher Erlaubnis abhängig gemacht worden. Ich musste daher zunächst jede weitere Sammeltätigkeit in Deutschland einstellen und abwarten, bis die erforderliche Erlaubnis gegeben wurde. Nachdem ich zunächst eine abschlägige Antwort erhalten hatte, ist mir auf einer Eingabe an den Herrn Reichskanzler die Erlaubnis für die Fortführung der Sammlung erteilt worden, wofür die Freunde unsres Werkes mit mir der Reichsregierung dankbar sein werden.
Die Unterbrechung der Sammeltätigkeit während einer Zeit von vier Monaten hat naturgemäß die Folge gehabt, dass die Mittel für das begonnene Waisenwerk jetzt völlig erschöpft sind. Ich brauche nicht zu sagen, wie sehr uns dies angesichts der Massen von Waisenkindern, die für ihren Lebensunterhalt auf uns angewiesen sind, geschmerzt hat und wie sehr uns die Fortführung des Werkes am Herzen liegt. Während die Gaben zurückgingen, nahm die Zahl der Kinder, die von uns Hilfe heischten, beständig zu. Gegenwärtig sind allein in unserem Hauptarbeitsfeld 2700 Kinder angesammelt, die ihre kleinen Mäulchen nach Brot aufsperren und ohne Fütterung verhungern würden.
Die Freunde unseres Waisenwerkes bedürfen über Ursachen der Not an den Rändern der mesopotamischen Wüste keiner Aufklärung. Sie sind darüber unterrichtet.
Bei unserem Hilfswerk handelt es sich nur darum, eine möglichst grosse Zahl von Notleidenden, besonders von Kindern, am Leben zu erhalten. Nachdem ich die Genehmigung zur Weiterführung der Sammlung erhalten habe, bitte ich aufs neue und bitte angesichts der Erschöpfung unserer Mittel um so dringender, dass unsere Freunde ihre Bemühungen wieder aufnehmen und mit verdoppeltem Eifer fortsetzen möchten. Falls dies geschieht, sind wir der guten Zuversicht, dass wir unser angefangenes Werk bis zum Ende des Krieges und darüber hinaus werden weiterführen können, und dass uns an Mitteln dazu nicht mangeln wird.
Potsdam, Grosse Weinmeisterstrasse 45.
[Bussche-Haddenhausen am 29.8.1917 (A 28306) an den Staatskommissar für Kriegswohlfahrtspflege im Ministerium des Innern, Jarotzki]
Wie Ew.pp. bekannt, hatte der Direktor der Deutschen Orient-Mission Dr. Johannes Lepsius in Potsdam das Ministerium des Innern mit Gesuch vom 28. März d.J. um Genehmigung zur Fortsetzung der von ihm seit Juli 1916 zu Gunsten der armenischen Waisenkinder betriebenen Sammlungen gebeten und hierauf einen abschlägigen Bescheid erhalten. Herr Lepsius hat sich darauf in einer Eingabe vom 18. Mai d.J. an den Herrn Reichskanzler gewandt und unter Hinweis auf den Eindruck, den das Verbot seines Hilfswerkes im neutralen und feindlichen Auslande machen würde, um Befürwortung seines Antrages gebeten. Zweifellos ist im neutralen Auslande, selbst in Kreisen, die sonst eine uns wohlwollende Haltung einnehmen, vielfach die Auffassung verbreitet, dass die deutsche Regierung für die während des Krieges in der Türkei gegen die christlichen Armenier verübten Greuel mindestens moralisch verantwortlich sei, da sie die türkische Regierung nicht an der Ausführung ihrer gegen das armenische Element gerichteten Ausrottungspolitik gehindert habe. Es besteht die Gefahr, dass diese Auffassung, die sogar in einzelnen christlichen Kreisen Deutschlands vertreten ist, neue Nahrung erhält und der neutralen und feindlichen Presse zu abermaligen Angriffen Anlass gibt, wenn bekannt wird, dass in Deutschland Sammlungen zu Gunsten der Opfer der Armenier-Greuel verboten sind. Vom politischen Standpunkt wäre es daher dringend erwünscht, das Odium eines Verbotes dieser Sammlungen zu vermeiden und Dr. Lepsius die Fortführung seines Hilfswerkes zu ermöglichen. Da eine Werbetätigkeit in der Oeffentlichkeit mittels öffentlicher Aufrufe in Zeitungen u.s.w. mit Rücksicht auf die Empfindlichkeit unserer türkischen Bundesgenossen nicht in Frage kommt, hat Dr. Lepsius auf meine Veranlassung den abschriftlich anliegenden Entwurf eines Werbeschreibens an die Geberkreise vorgelegt, dessen Inhalt politisch unbedenklich ist. Ew.pp. darf ich ergebenst bitten, Dr. Lepsius die nachgesuchte Genehmigung zur Fortführung seiner Sammlung mit der Einschränkung zu erteilen, dass sich die Werbetätigkeit ausschliesslich auf die Versendung dieses Werbeschreibens in offenem Umschlage beschränkt.
Für baldgefälligen Bescheid wäre ich Ew. pp. zu Dank verpflichtet.
Die Sammlung darf nur mittels Werbeschreiben in dem durch das Auswärtige Amt vorgelegten Wortlaut erfolgen, die Werbeschreiben sind in offenem Umschlage zu versenden.
In den zu versendenden Werbeschreiben ist anzugeben, daß und an welchem Tage die Erlaubnis von mir erteilt worden ist.
Auf Erfordern sind die Abrechnung und die Unterlagen hierzu jederzeit vorzulegen.
Abschrift übersende ich ergebenst zur gefälligen Kenntnisnahme auf das Schreiben vom 20. August 1917 - A. 25334/J.Nr. 1962.
Der Kaiserliche Gesandte im Haag hat Weisung erhalten, Herrn Dr. Lepsius entsprechend zu verständigen.
Abschrift des durch diesseitige Vermittelung dem Herrn Staatskommissar vorgelegten Werbeschreibens ist hier zu Ew. pp. gfl. Kenntnisnahme erg. beigefügt.